Eine Gebetskerze steckt am Ostersonntag in einem Brot auf einem provisorischen Tisch, an dem Lastwagenfahrer Zurab aus Georgien in einem Lkw auf der Raststätte Gräfenhausen sitzt.

Sie bleiben standhaft: Auch nach einem verhinderten Übergriff durch die private Miliz eines berüchtigten polnischen "Detektivs" streiken Lkw-Fahrer an der A5 für würdige Arbeitsbedingungen. Die Solidarität mit ihnen wächst.

Ein Streik osteuropäischer Lastwagenfahrer, die von ihrem polnischen Auftraggeber ausstehenden Lohn fordern, hat auch Ostersonntag auf einer Autobahnraststätte in Südhessen angedauert. Dort sind rund 50 Lastwagenfahrer seit Tagen im Ausstand. Unterstützt werden sie vom Beratungsnetzwerk Faire Mobilität und deutschen Gewerkschaftern.

Doch auch vorbeifahrende Autofahrer zeigen den vor allem aus Georgien und Usbekistan stammenden Fahrern ihre Solidarität. So beobachtete ein dpa-Reporter, wie eine Familie den Fahrern auf der Raststätte Gräfenhausen an der A5 bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) mehrere Kilo Nudeln und eine Palette Tomatensoße überreichte, frohe Ostern wünschte und winkend weiterfuhr.

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Zusammenfassung des Lkw-Streiks bei Gräfenhausen

Mit einem panzerähnlichen Fahrzeug ist die Abordnung aus Polen auf den Rastplatz gefahren.
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Weniger friedlich war es am Freitag gewesen, als offenkundig im Auftrag des polnischen Speditionsinhabers eine Art Privatmiliz mit einem Kamerateam anreiste und versuchte, die Lastwagen wieder in Besitz zu nehmen. Hinter der Aktion stand ein berüchtigter, selbsternannter Privatdetektiv aus Polen.

20 Festnahmen am Karfreitag

Ein Großeinsatz der Polizei verhinderte eine gewalttätige Auseinandersetzung mit den martialisch gekleideten Sicherheitsleuten. Es gab fast 20 Festnahmen.

Mittlerweile sind der Spediteur und die Sicherheitsleute wieder auf freiem Fuß. Ihnen wird in unterschiedlicher Beteiligung schwerer Landfriedensbruch, Nötigung, Bedrohung, versuchte gefährliche Körperverletzung und Störung einer Versammlung vorgeworfen.

Privatdetektiv macht deutscher Polizei Vorwürfe

Krzysztof Rutkowski, der Chef der schwarz gekleideten Security-Truppe, gab sich in einem Interview des polnischen Online-Portals "Wirtualna Polska" harmlos und machte der deutschen Polizei Vorwürfe: "Das ist ein internationaler Skandal", klagte er und behauptete, die Aktion am Karfreitag sei bei der Polizei angemeldet gewesen.

Der Speditionsinhaber habe seine Männer angeheuert, um mit den Streikenden "Verhandlungen" zu führen: Ihm drohten enorme Strafen von den Auftraggebern, die auf ihre Waren warteten. Die Fahrer hätten seine Leute angegriffen, behauptete Rutkowski, der in seiner Heimat eine schillernde Figur ist.

Nahrung und Treibstoff für die Lkw-Fahrer

Weitere Zwischenfälle soll es nicht geben: "Die Polizei ist permanent vor Ort und fährt Streife", sagte ein Vertreter der Gewerkschaft Verdi der dpa. Er sei mit einem Schlauch und Treibstoff gekommen, da sich mittlerweile bei mehreren Fahrern die Diesel-Vorräte dem Ende zuneigten und sie nachts keine Standheizung mehr laufen lassen könnten. "Die frieren in ihren Kabinen."

Hessens SPD-Fraktionschef Günther Rudolph teilte am Ostersonntag mit, man stehe an der Seite der Lkw-Fahrer, "die von Ausbeutung und miserablen Arbeitsbedingungen betroffen sind und einzig und allein für Gerechtigkeit und faire Arbeitsbedingungen streiken. Das, was am Freitag geschehen ist, darf sich ein Rechtsstaat nicht gefallen lassen."

Auch die Grünen im Landtag solidarisierten sich mit den Fahrern und sprachen in einer Mitteilung vom Montag von einem "unfassbaren Vorfall". Es sei der schnellen Reaktion der Polizei zu verdanken, "dass die Situation nicht eskalierte".

Fahrer: "Wir sind sehr froh über so viel Unterstützung"

"Solche paramilitärischen Aktionen darf es nicht geben", sagte auch der rheinland-pfälzische Arbeits- und Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD), der die Streikenden am Sonntag besuchte, als am späten Sonntagnachmittag Gewerkschafter ein Grillfest für die streikenden Fahrer organisierten. "Die Stimmung ist gut. Wir sind sehr froh über so viel Unterstützung", sagte einer der Fahrer.

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hr-Doku zeigt harten Job der Lkw-Fahrer

Lkw-Fahrer sorgen jeden Tag dafür, dass die Regale im Supermarkt voll sind. Doch wie hart ist der Job eines Fahrers wirklich? Ausladen, umladen, ankoppeln - das gehört dazu. Die hr-Doku "7 Tage... im Lkw - Traumjob Trucker?" begleitet Lkw-Fahrer eine Woche lang, um ihnen zuzuhören. Hier geht's zur Doku in der ARD-Mediathek.

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Faire Bezahlung, menschenwürdige Arbeitsbedingungen

Dass die Spedition die Fahrer offenbar seit Wochen nicht bezahlt, ist nur einer der Gründe für den anhaltenden Protest. Die Männer, die zumeist aus Usbekistan, Georgien und anderen osteuropäischen Ländern stammen, wollen ihre Forderung nach fairer Bezahlung und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen durchsetzen. Auch in Südtirol, Italien und den Niederlanden gibt es Streiks.

Unterdessen hatte die Petition der Fahrer an die Auftraggeber der polnischen Spedition erste Erfolge, wie Edwin Atema von der Europäischen Transportarbeitergewerkschaft, der von den Streikenden zum Mediator ernannt wurde, sagte. "Erste Unternehmen haben gesagt, dass sie die Zusammenarbeit eingestellt haben, als sie von den Arbeitsbedingungen erfuhren." Das sei zwar ein erster Erfolg, er hoffe aber, dass die Unternehmen nun ihren Einfluss geltend machten, um die Bezahlung der Fahrer durchzusetzen, sagte Atema.

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