Eine Kriminaloberkommissarin sitzt vor einem Auswertungscomputer bei Ermittlungen gegen Kinderpornografie. (Archivbild) (dpa)

Mit über 400.000 Mitgliedern galt die Darknet-Plattform "Boystown" als eines der weltweit größten Foren für den Austausch kinderpornografischer Inhalte. Vier Männer stehen nun vor dem Frankfurter Landgericht. Sie sollen teils selbst Kinder sexuell missbraucht haben.

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Prozessauftakt gegen "Boystown"-Betreiber

DVD mit Aufschrift Kndrprngrf, Symbolfoto kinderpornografische Fotos im Internet
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Die Spur führte die Ermittler tief in den Dschungel von Paraguay. Im Frühjahr 2021 wurde Christian Manfred K., einer der vier nun vor dem Frankfurter Landgericht angeklagten Männer, im Norden des südamerikanischen Landes festgenommen. Von dort aus soll der heute 60-Jährige als einer der Hauptbeschuldigten die Kinderporno-Plattform "Boystown" seit Juli 2019 betrieben haben, wie Recherchen von ZDF und Correctiv ergaben.

Bei der Stürmung der unscheinbaren Holzhütte durch paraguayische und deutsche Ermittler wurde K. demnach erwischt, als er gerade als Administrator bei "Boystown" eingeloggt war. Nur dadurch erhielten die Beamten Zugriff auf die Darknet-Seite, die überwiegend den sexuellen Missbrauch von Jungen dokumentierte. K. wurde im Oktober 2021 nach Deutschland ausgeliefert und sitzt seither gemeinsam mit drei weiteren Männern in Frankfurt in Untersuchungshaft.

400.000 User, über eine Million Beiträge

Am Mittwoch begann nun der Prozess gegen die vier Beschuldigten vor dem Landgericht. Neben dem aus Norddeutschland stammenden K. handelt es sich um einen 66-Jährigen aus Hamburg, einen 41-Jährigen aus dem Kreis Paderborn und einem Mann aus dem oberbayerischen Kreis Mühldorf am Inn (49). Zwei von ihnen, die Angeklagten aus Paderborn und Oberbayern, sollen in mehr als 40 Fällen auch selbst Kinder sexuell missbraucht haben. Sie seien zudem als Betreiber der Seite aufgetreten, so die Anklage. Der Mann aus Hamburg soll mit über 3.600 Beiträgen einer der aktivsten Nutzer auf der Plattform gewesen sein.

Gleich zu Beginn des Prozesses beschloss das Gericht einen Ausschluss der Öffentlichkeit für Teile der Verlesung der rund 400-seitigen Anklage. Die international ausgerichtete Plattform hatte laut Anklage Chatbereiche in verschiedenen Sprachen und diente dem weltweiten Austausch von Bildern und Videos. Über 400.000 User hatten sich auf der Seite als Mitglieder registriert. Bis zur Abschaltung durch das Bundeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt im April 2021 gab es mehr als eine Million Forenbeiträge.

Auch Alltagsfotos von Social-Media-Profilen

Die Betreiber hatten die Seite nach ARD-Recherchen akribisch nach Kategorien sortiert. Neben Aufnahmen schwerster sexueller Handlungen habe es etwa auch einen "Non Nude"-Bereich gegeben, in dem hunderttausende harmlose Alltagsfotos von Kindern getauscht wurden, die die Täter von den Social-Media-Profilen der Kinder und Eltern stehlen. Auch deutsche Kinder fanden sich demnach in diesen Kategorien auf "Boystown".

Die Angeklagten gaben sich den Ermittlungen zufolge Spitznamen wie "Putzi", "Phantom" oder "Don Dildo". Im Prozess geht es nun um den Verdacht der bandenmäßigen Verbreitung kinder- und jugendpornografischer Inhalte, des Herstellens von Kinderpornografie sowie zum Teil des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern. Bei der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft ist die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität angesiedelt, die bundesweit für diese Fälle zuständig ist.

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