Nahaufnahme Profil Peter Feldmann, der die Stirn runzelnd und sich mit der Hand an die Nasenwurzel bzw. Stirn fasst.

Dass der Frankfurter Oberbürgermeister vor dem Landgericht Details aus seiner gescheiterten Ehe auspackt, ist angesichts der Anklage legitim. Dass Peter Feldmann dabei sein eigenes Kind in die Sache mit reinzieht, nicht.

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OB Feldmann bestreitet Einflussnahme

hesseenschau am 27.10.2022
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Dreckige Wäsche waschen kann eine ganz schön unappetitliche Angelegenheit sein. Doch niemand kann bestreiten, dass es ab und an notwendig ist. Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) hatte am Donnerstag jedenfalls zumindest guten Grund, Details aus seinem Privatleben, genauer gesagt seiner letzten Ehe, öffentlich zu machen. Schließlich ist die Beziehung zu seiner inzwischen getrennt von ihm lebenden Frau Zübeyde neben seiner Verbandelung mit der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Dreh- und Angelpunkt der Korruptionsanklage gegen ihn.

So weit, so legitim. Doch wer dreckige Wäsche waschen will, sollte das richtige Waschmittel verwenden. Feldmann und seine Verteidiger haben am Donnerstag ziemlich daneben gegriffen.

Details einer Beziehung

Feldmann und seine Verteidiger wollen Gericht und Öffentlichkeit davon überzeugen, dass die lukrative Anstellung seiner späteren Ehefrau als Leiterin einer AWO-Kita in Frankfurt zu einem Zeitpunkt erfolgte, als noch gar nicht klar war, dass aus einer "Liebschaft" eine ernsthafte Beziehung erwachsen würde. Soll heißen: Warum auch immer Zübeyde T., die spätere Frau Feldmann, von der AWO angestellt und üppig honoriert wurde - er selbst hatte davon nichts.

Wie glaubwürdig diese Argumentation ist, werden erst weitere Zeugenaussagen zeigen. Stringent aber ist sie allemal. Und es ist legitim, dass Feldmann in diesem Zusammenhang Details aus seiner Beziehung auspackt. Der Moment, der jedoch auch bei gestandenen Prozessbeobachtern Kopfschütteln und Ungläubigkeit hervorrief, war der, als in der Erklärung das Wort auf die Schwangerschaft Zübeyde Feldmanns und die gemeinsame Tochter zu sprechen kam. Ganz lapidar wurde darin erklärt, dass der Oberbürgermeister sich damals einen Schwangerschaftsabbruch wünschte und seine spätere Ehefrau davon überzeugen wollte.

Dem eigenen Kind eine Hypothek aufgeladen

Der Wunsch selbst ist nicht verwerflich, auch nicht, dass Feldmann ihn gegenüber der Mutter formulierte. Und wäre sein Kind alt genug, um seine Zustimmung zu geben, wäre es auch vollkommen in Ordnung, wenn der Oberbürgermeister über seine Zweifel und den Wunsch nach einem Schwangerschaftsabbruch öffentlich reden würde. Doch dem ist nicht so. So kann nun ein gerade einmal sechsjähriges Mädchen öffentlich nachlesen, dass sein Vater es nicht gewollt hat - und wird es auch noch in vielen Jahren tun können. Genau wie ihre künftigen Schulfreunde, Weggefährten und Arbeitskollegen.

Das Absurde daran: Es gab keinen nachvollziehbaren Grund für diese Aussage. Der Rest der Erklärung enthielt ausreichend Details, um wie von der Verteidigung gewünscht, das Bild einer "fragilen" Beziehung zwischen dem Angeklagten und seiner mutmaßlich von der AWO begünstigten Lebensgefährtin zu vermitteln. Warum also muss das Kind in die ganze Angelegenheit miteinbezogen werden?

Vielleicht wollten Feldmann und seine Verteidiger sichergehen, dass sie das Thema ansprechen, bevor es jemand anderes tut. Es fällt jedenfalls schwer, sich einen Grund vorzustellen, der rechtfertigt, dem eigenen Kind eine solche Hypothek mitzugeben.

Bredouille für Berichterstatter

Nebenbei bringt Feldmanns merkwürdige Einlassung auch uns Berichterstatter in die Bredouille. Denn einerseits tragen wir als Verbreiter der Aussage dazu bei, dass die Hypothek des Kindes noch größer wird. Tatsächlich wurde auch in unserer Redaktion heftig darüber diskutiert, ob wir Feldmanns Aussage überhaupt verbreiten sollten.

Andererseits müssen die Bürgerinnen und Bürger in wenigen Tagen über Feldmanns politisches Schicksal entscheiden. Es ist auch eine Abstimmung über seine charakterliche Eignung für dieses Amt. Zum Gesamtbild eines Charakters gehört auch das Verhalten eines Angeklagten vor Gericht. Und dort erlebt die Öffentlichkeit gerade einen Feldmann, der seine schmutzige Wäsche mit ätzender Säure wäscht.

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