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Unerwartete Steuereinnahmen: Haushalt 2022 besser abgeschlossen als erwartet

Geldscheine mit Banderolen liegen auf einem Tisch.

Finanzminister Boddenberg plant für das hessische Haushaltsjahr 2023 nun doch mit neuen Schulden. Dies sei trotz Schuldenbremse möglich, da der Bund eine schrumpfende Wirtschaftsleistung erwarte.

Angesichts der anhaltenden Krisen plant die Landesregierung für den Doppelhaushalt 2023/2024 nun doch eine Neuverschuldung. Sie soll für das laufende Jahr 210 Millionen Euro betragen.

Dieser konjunkturbedingte Schritt sei von der Schuldenbremse gedeckt, teilte Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) am Mittwoch vor einer Sitzung des Haushaltsausschusses im Landtag in Wiesbaden mit. Bei der Aufstellung des Doppelhaushalts im Sommer 2022 und seiner Vorstellung im Landtag im darauffolgenden Herbst hatte die Landesregierung noch geplant, ohne Neuverschuldung auszukommen.

Bund korrigierte Prognose

Der Entwurf habe viele Entwicklungen nicht abbilden können, erläuterte Boddenberg und nannte als Beispiel die Kosten für das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung, das die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs abmildern soll. "Als wir den Doppelhaushalt planten, ging der Bund für 2023 noch von einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent aus", erklärte der Minister. Diese Erwartungen seien inzwischen auf minus 0,4 Prozent drastisch reduziert worden.

Diese verschlechterten Aussichten führten dazu, dass das Land im Rahmen der Schuldenbremse rund 760 Millionen Euro neue Schulden im laufenden Jahr und rund 90 Millionen Euro im Jahr 2024 aufnehmen dürfte. Zur Finanzierung des Haushalts könne das Land jedoch teilweise auf die Konjunkturausgleichsrücklage zurückgreifen, erklärte Boddenberg. In diesen Topf hatte das Land 2022 rund 1,7 Milliarden Euro eingezahlt, nachdem das Haushaltsjahr deutlich besser verlaufen war als erwartet.

210 Millionen Euro neue Schulden

Den Plänen zufolge sollen nun für das laufende Jahr zur Finanzierung des Haushaltes rund 760 Millionen Euro aus der Rücklage entnommen werden, für das Jahr 2024 rund 50 Millionen Euro. Laut Boddenberg führt dies dazu, dass 2023 nur 210 Millionen Euro neue Schulden aufgenommen werden müssten, 2024 laut Plan gar keine. Der Doppelhaushalt soll noch im Januar im Landtag verabschiedet werden.

Im zurückliegenden Etatjahr 2022 hatte Hessen weit mehr Steuern eingenommen als bei der Aufstellung prognostiziert. Insgesamt stehe der Haushalt laut der vorläufigen Auswertung knapp 3,9 Milliarden Euro besser da als erwartet, erläuterte Boddenberg. Das Land habe rund 200 Millionen Euro alte Schulden tilgen können, obwohl ursprünglich fast eine Milliarde neue Schulden eingeplant gewesen waren.

FDP reagiert mit Unverständnis

Marion Schardt-Sauer, die haushaltspolitische Sprecherin der FDP im Landtag, reagierte mit Unverständnis auf die Pläne: "Eine Neuverschuldung ist im kommenden Jahr nicht notwendig." In Zeiten steigender Zinsen sei es "unnötig", Kredite aufzunehmen und Rücklagen zu füllen. Der erzielte Überschuss des vergangenen Jahres bestehe zudem "zur Hälfte aus nicht umgesetzten Plänen der Landesregierung – vor allem aus den Bereichen Investitionen und Personal." Das heiße, "dass wichtige Investitionen nicht getätigt wurden. Und das, obwohl sich Schwarz-Grün immer wieder mit vermeintlichen Rekordinvestitionen rühmt." De facto sei im vergangenen Jahr mehr als eine halbe Milliarde Euro nicht investiert worden.

Die Linke fordert Investitionen in anderen Bereichen

"Es gibt Wichtigeres zu tun, als Rücklagen zu füllen", sagte Jan Schalauske, der Vorsitzende und haushaltspolitische Sprecher der Linke im Landtag. "Nachdem die Landesregierung erst vor zwei Wochen erklärt hat, das Land würde 2023 deutlich höhere Kredite benötigen, weist man für das vergangene Jahr eine ungeplante Schuldentilgung aus." Das sei alles andere als erfreulich und erwecke den Eindruck, "dass der Finanzminister das Land absichtlich ärmer rechne, um notwendige Ausgaben auf die lange Bank zu schieben oder ganz zu verhindern." Zusätzliche Spielräume sollten nun für Investitionen in Schulen, Krankenhäuser, Kitas, den Öffentlichen Personennahverkehr und die Energiewende genutzt werden.

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