Kritik an "Lex Becker" Regierung plant offenbar Gesetzesänderung für CDU-Mann
Uwe Becker gehört der schwarz-roten Regierung an. Bald soll er Chef des Landesrechnungshofs werden, der sie kontrolliert. Der Finanzminister will dafür wohl ein Gesetz ändern. Die Grünen befürchten einen Vertrauensschaden, die FDP empfiehlt dem Kandidaten den Rückzug.
Ende Juni, in der letzten Sitzung vor der Sommerpause, soll der Landtag den hessischen Finanzstaatssekretär Uwe Becker zum Präsidenten des Landesrechnungshofs wählen. Um den umstrittenen Wechsel des CDU-Politikers rechtlich abzusichern, plant die schwarz-rote Regierung offenbar eine Änderung des Gesetzes über den Hessischen Rechnungshof.
Im Haushaltsausschuss des Parlaments soll Finanzminister Alexander Lorz (CDU) eine Änderung jenes Paragrafen angekündigt haben, der Mitgliedern des Rechnungshofs Nebentätigkeiten weitgehend verbietet. Denn seit 2019 ist Becker auch als Antisemitismusbeauftragter für die Regierung tätig – und das soll er auch bleiben.
Lorz sieht keinen Interessenkonflikt
Wie Teilnehmer berichten, sprach Beckers Noch-Vorgesetzter Lorz am Mittwoch von einer "gesetzlichen Klarstellung". Seiner Meinung nach ist ein Interessenkonflikt nicht erkennbar: weder durch Beckers Wechsel vom Finanzministerium an die Spitze der Kontrollbehörde noch durch seine geplante Doppelfunktion als Rechnungshofpräsident und Regierungsbeauftragter.
Der Finanzminister habe vor den Abgeordneten darauf hingewiesen, dass Becker wegen seiner jetzigen Rolle als politischer Spitzenbeamter im Finanzministerium in der neuen Funktion nicht unbedingt befangen sein müsse. Er selbst sei von der Unabhängigkeit seines Staatssekretärs auch überzeugt.
Minister hält sich bedeckt
Außerdem müsse der designierte Rechnungshofpräsident, so wird Lorz’ Statement kolportiert, nicht unbedingt mit Angelegenheiten konfrontiert werden, in denen er befangen sein könnte. Hintergrund ist Paragraf 12 des Gesetzes über den Rechnungshof: Er regelt, dass keines seiner Mitglieder tätig werden darf, wenn es begründete Zweifel an seiner Unabhängigkeit gibt oder wenn es um Angelegenheiten geht, an denen es selbst beteiligt war.
Eine Sprecherin des Finanzministers wollte dem hr die Äußerungen von Lorz vor dem Landtagsausschuss auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren. Sie sagte nur so viel: An einer Kabinettsvorlage für die Personalie werde gearbeitet, der Finanzminister halte Becker für einen geeigneten Kandidaten.
Grüne sehen sich bestätigt
Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner wurde deutlicher. "Der Finanzminister hat alle unsere rechtlichen Zweifel bestätigt", erklärte er in einer Mitteilung am Donnerstag. Würde Becker Chef des Rechnungshofs, könnte er laut Wagner keine Vorgänge prüfen, an denen er als langjähriges Regierungsmitglied selbst beteiligt gewesen sei.
Nach geltender Rechtslage dürfe er auch nicht Antisemitismusbeauftragter bleiben. Außerdem erfülle Becker die im Gesetz geforderte formale Qualifikation für das Amt "nicht ohne Weiteres". Das bezieht sich darauf, dass dem CDU-Politiker ein abgeschlossenes Studium oder etwas Vergleichbares fehle.
Grünen-Politiker Wagner betonte: Man kenne und schätze Becker. Aber gegen geltendes Recht könne der Landtag niemanden wählen. Zur rechtlichen "Klarstellung", die Lorz plant, sagte er: "Im Hauruck-Verfahren das Rechnungshofgesetz für eine einzelne Person zu ändern, würde dem Ansehen und dem Vertrauen in die Unabhängigkeit des Rechnungshofs schweren Schaden zufügen."
FDP legt Becker Verzicht nahe
Kritik an der Personalie hatten nach deren Bekanntwerden auch die anderen Oppositionsfraktionen FDP und AfD getrennt voneinander geübt. Die FDP-Abgeordnete Marion Schardt-Sauer legte am Donnerstag mit einer ultimativen Forderung nach: "Aus Respekt vor dem Amt" solle Becker auf den Posten ganz verzichten. Da er eine integre Persönlichkeit sei, würde das nach Meinung der Liberalen auch für ihn sprechen.
Schardt-Sauer warf Schwarz-Rot vor, das Gesetz zu ignorieren und damit ein "merkwürdiges Staatsverständnis" offenbart zu haben. Dass es nun auch noch eine "Lex Becker" geben solle, verleihe der Angelegenheit einen noch übleren Beigeschmack.
Uwe Becker war früher Kämmerer der Stadt Frankfurt. Der Landesregierung gehört der CDU-Politiker seit 2022 an. Zunächst war er Staatssekretär im Europaministerium. Seit Anfang 2024 ist er Finanzstaatssekretär. An der Spitze des Landesrechnungshofs soll er Nachfolger des 63-jährigen Walter Wallmann werden, der das Amt 2013 übernahm.