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Noch kein Kandidat für hessischen Polizeibeauftragten in Sicht

Das Wappen der hessischen Polizei auf einem blauen Ärmel

Die Stelle des hessischen Polizeibeauftragten gibt es seit Jahren - besetzt wurde sie allerdings nie. Durch die veränderten Kräfteverhältnisse im Landtag spielen die Grünen den Ball zur SPD. Der Wille ist da, einen Koalitionsbeschluss und Zeitplan gibt es aber nicht.

Streng genommen hat Hessen schon seit 2010 eine Art Polizeibeauftragten. Er nennt sich "Ansprechpartner der Polizei" und soll Vertrauensmann sein, beispielsweise bei Mobbingvorwürfen unter Kollegen oder wenn es Ärger mit Vorgesetzten gibt. Dieser "Kümmerer", wie ihn der damalige Innenminister und heutige Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) nannte, ist allerdings selbst ein Polizeibeamter, ein Mann aus dem System, ein Interner. Jemand, "der weiß, wovon die Rede ist, wenn es um die Polizei geht", so Rhein damals.

Genau das war seit jeher vor allem den Grünen ein Dorn im Auge. Zu groß die Sorge, dass die Nähe zu Ministerium und Polizeiapparat die Hemmschwelle heben könnte, Probleme wirklich anzusprechen.

Polizei-Skandale machten Druck auf Schwarz-Grün

Deswegen verhandelten die Grünen zusätzlich einen sogenannten Polizei- und Bürgerbeauftragten in beide Koalitionsverträge mit der CDU. Doch bislang gibt es diesen lediglich auf Papier. Dabei hatten die Polizei-Skandale um rassistische Chats und NSU 2.0 Morddrohungen vor ein paar Jahren gezwungenermaßen Schwung in die Sache gebracht.

Ende 2020 wurde die Stelle des Polizeibeauftragten per Gesetz geschaffen und beim Landtag angesiedelt. Damit sind offiziell die Fraktionen und nicht die Regierung für die Personalie zuständig. Im September 2021 einigte sich Schwarz-Grün auf den Hamburger Kriminologen Rafael Behr. "Die Lauteren lauter machen und die Unlauteren leiser", so beschrieb Behr seine künftige Rolle damals.

15 Jahre lang war er Polizist in Hessen und galt fraktionsübergreifend als perfekte Besetzung.

Stelle bis heute vakant 

Den Job trat Behr allerdings nie an. Nur wenige Wochen nach seiner Nominierung machte er aus angeblich gesundheitlichen Gründen einen Rückzieher. Die Suche ging weiter, doch letztlich einigten sich die Fraktionen von CDU, Grüne, SPD und FDP darauf, die Stelle vor der Hessenwahl 2023 nicht mehr zu besetzen – angeblich um dem künftigen Landtag nicht vorzugreifen.

Die Grünen betonen aber bis heute, sie hätten schon damals einen passenden Vorschlag parat gehabt. Nun haben sich seit der Wahl die Kräfteverhältnisse verschoben, die Grünen sind in der Opposition gelandet und haben keinen Einfluss mehr auf die Besetzung der Stelle. Sie spielen den Ball deshalb ins Feld der nun mitregierenden Sozialdemokraten.

"Die SPD hat in der Vergangenheit immer sehr viel Druck gemacht, dass die Stelle besetzt wird", sagt die grüne Vize-Fraktionschefin Vanessa Gronemann. "Deshalb gehe ich davon aus, dass sie auch eine Idee hat, wer es machen soll."

Druck lastet vor allem auf SPD

Diese Idee ist bislang aber noch sehr vage. Auf hr-Anfrage bestätigt die SPD, dass es noch keinen Kandidaten gebe. Auch die CDU teilt lediglich mit, man werde zu gegebener Zeit einen sachgerechten und sinnvollen Vorschlag machen.

Die Sozialdemokraten haben dabei mehr Druck als ihr Koalitionspartner, denn die Christdemokraten – allen voran der damalige Innenminister Peter Beuth – vertraten in der vergangenen Legislatur die Ansicht, dass es den Posten nicht unbedingt brauche.

Kein Zeitplan für Besetzung

Beuths Nachfolger im Innenministerium, Roman Poseck (CDU), "steht der Schaffung des Postens grundsätzlich positiv gegenüber", schreibt die Pressestelle auf hr-Anfrage. Es bleibe allerdings Sache des Landtags, eine geeignete Person zu benennen und zu wählen.

Es ist davon auszugehen, dass die Union die Suche eher dem Juniorpartner SPD überlassen wird, ähnlich wie sie es schon bei den Grünen getan hatte. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag wird der Polizeibeauftragte jedenfalls nicht erwähnt. Die SPD verweist darauf, dass die Besetzung alsbald zusammen mit anderen Beauftragten passieren soll. Einen Zeitplan gebe es aber nicht.

Viele Bundesländer haben eigenen Polizeibeauftragten

Hessen wäre das achte Bundesland, in dem eine unabhängige Beschwerdestelle für Bürger und Polizei nicht nur geschaffen, sondern wirklich besetzt würde. Auch auf Bundesebene ist der Posten seit diesem Donnerstag mit Gesicht und Namen versehen: Mit deutlicher Mehrheit wählten die Bundestagsabgeordneten den SPD-Politiker Uli Grötsch in das neu geschaffene Amt.

Im Wiesbadener Landtag stehen AfD und FDP einem Polizeibeauftragten bisher skeptisch gegenüber. Die AfD sieht darin ein Misstrauensvotum für die Polizei. Die FDP bezweifelt, dass die Stelle gebraucht wird, findet aber, da sie nun schon geschaffen wurde, müsse sie auch zügig besetzt werden.

Durchweg ablehnend reagiert die Gewerkschaft der Polizei. Jens Mohrherr, der hessische Landesvorsitzende, bezeichnet den Bürger- und Polizeibeauftragten als "der grünen Partei liebster Spielzug". Zwar müssten Missstände aufgeklärt werden, aber dafür gebe es bereits ausreichend Anlaufstellen. Wenn es zusätzlich einen solchen "Schaufenster-Posten" brauche, so Mohrherr, sei das "eine Bankrotterklärung des Staates".

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