Nach Einstufung als "gesichert rechtsextremistisch" AfD-Verbot und Folgen für Mitglieder: Das fordern hessische Politiker

Die AfD ist laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz "gesichert rechtsextremistisch". CDU-Innenminister Poseck will prüfen, ob die Entscheidung Folgen für AfD-Mitglieder im öffentlichen Dienst hat. Ein Rechtsexperte hält ein mögliches Parteiverbot für juristisch plausibel.

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AfD ist "gesichert rechtsextrem" – Reaktionen aus Hessen

hs 02.05.2025
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Bisher wurde die Alternative für Deutschland (AfD) auf Bundesebene vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer "Verdachtsfall" eingestuft und beobachtet. Nun hat das Bundesamt eine Neubewertung vorgenommen: Demnach bestehen keine Zweifel mehr, dass die Partei insgesamt rechtsextremistisch ist. Ein Paukenschlag am Brückentag.

Für die hessischen AfD-Landessprecher Andreas Lichert und Robert Lambrou ist die Entscheidung, die am Freitag bekannt gemacht wurde, eine Kriminalisierung und Diskreditierung ihrer Partei.

Lichert spricht von einem "neuen Tiefpunkt in der Instrumentalisierung des deutschen Inlandsgeheimdienstes". Der sei geeignet, das Vertrauen der deutschen Bürger in die Sicherheitsbehörden zu untergraben.

Die beiden AfD-Landessprecher Andreas Lichert (links) und Robert Lambrou (rechts)
Die beiden AfD-Landessprecher Andreas Lichert (links) und Robert Lambrou (rechts) verurteilen die Einstufung des Verfassungsschutzes. Bild © Christiane Schulmayer (hr)

Die Vorwürfe seien nicht haltbar, die AfD wolle sich juristisch dagegen wehren. Einem möglichen Verbotsverfahren sieht Lichert gelassen entgegen, das sei vor dem Bundesverfassungsgericht gut aufgehoben.

"Traurig, aber nicht überrascht"

Robin Jünger, neu gewählter Bundestagsabgeordneter der AfD aus Gießen, ist eigenen Worten zufolge "traurig, aber nicht überrascht". "Weil wir gesehen haben, wie die Verfassungsschutzorganisationen in letzter Zeit gearbeitet haben", so Jünger, der auch im Landesvorstand sitzt.

Von AfD-Politikern gehe keine Gefahr aus. Gegen die aus seiner Sicht ausartende linksextremistische Gewalt werde aber nichts unternommen, so Jünger im Interview mit dem hr.

Ehemaliger AfD-Abgeordneter: "Bundesbehörde vertrauen"

Für Dirk Gaw, parteiloser Landtagsabgeordneter und früheres Mitglied der hessischen AfD, ist die Einstufung durch den Verfassungsschutz nachvollziehbar. "Ich gehe davon aus, dass der Verfassungsschutz vielleicht in anderen Landesverbänden noch deutlich extremere Fälle gefunden hat", sagte Gaw dem hr. "Da muss man in der Partei mal ehrlich sein – und einer Bundesbehörde auch mal vertrauen."

Gaw war im vergangenen Jahr aus Partei und Fraktion ausgetreten – unter anderem wegen des umstrittenen Treffens von Rechtsradikalen und AfD-Politikern in Potsdam.

Rechtsexperte: Parteiverbot juristisch plausibel

Emanuel Towfigh, Professor für Öffentliches Recht an der EBS Universität in Oestrich-Winkel (Rheingau-Taunus), sieht die Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht als Überraschung. "In Fachkreisen haben wir schon lange damit gerechnet, dass ein solches Gutachten vorgelegt wird – es wurde wohl mit Blick auf die Wahlen zunächst zurückgehalten", sagte Towfigh im Gespräch mit dem hr.

Ein Parteiverbot halte er juristisch für plausibel. "Unsere Verfassung versteht sich als wehrhafte Demokratie", so Towfigh. Wenn eine Partei Grundwerte wie die Menschenwürde oder rechtsstaatliche Institutionen systematisch angreife wie es bei der AfD der Fall sei, "dann ist der richtige Weg, das Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen, ob die Voraussetzungen für ein Verbot gegeben sind".

Mansoori fordert Parteiverbot

Hessens stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Kaweeh Mansoori (SPD) forderte ein solches Verbot der AfD. Die neue Bundesregierung müsse alle Anstrengungen daran setzen, schnellstmöglich ein Verbotsverfahren der Partei in die Wege zu leiten. "Dass das Bundesamt für Verfassungsschutz in Sachen AfD nun eindeutige Worte findet, ist ein signifikantes politisches Signal", so Mansoori.

Er bezeichnete das Erstarken der Partei als eine Bedrohung für die deutsche und damit auch für die hessische Wirtschaft. "Menschen mit ausländischen Wurzeln halten unser Land am Laufen", so Mansoori. Es bestehe zudem die Gefahr, dass durch einen Rechtsruck Investitionen verloren gingen.

Poseck will mit Innenministern über AfD reden

Aus Sicht von Innenminister Roman Poseck (CDU) ist der neue Status nur folgerichtig. "Die Hochstufung ist das Ergebnis einer weiteren Radikalisierung der Partei in den vergangenen Monaten", erklärte Poseck. Die AfD trage auch Verantwortung für eine Verrohung der Debatte.

Diese veränderte Debattenkultur biete auch einen Nährboden für rechtsextrem motivierte Straftaten. Das belege nicht zuletzt die polizeiliche Kriminalstatistik für Hessen. Voriges Jahr seien rechtsmotivierte Straftaten um 57 Prozent angestiegen.

"Wir werden auch prüfen, inwieweit die Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz Auswirkungen auf AfD-Mitglieder und Funktionäre im öffentlichen Dienst hat", so Poseck. Mitarbeiter in Polizei und Verwaltung müssten die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten. 

Er plädiert für ein länderübergreifend einheitliches Vorgehen. "Deshalb werde ich das Thema kurzfristig zum Gegenstand der nächsten Innenministerkonferenz im Juni in Bremerhaven machen", so Poseck.

Verfassungsschutz will Bericht auswerten

Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz will nach eigenen Angaben die zugrundeliegende gutachterliche Prüfung des Bundesamtes in eigener Zuständigkeit auswerten. Vor dem Hintergrund noch laufender Verwaltungsstreitverfahren will das Landesamt keine weiteren Angaben machen. Die AfD in Hessen und das Land Hessen streiten vor Gericht über die Beobachtung der Partei durch den Landesverfassungsschutz.

Redaktion: Christoph Scheld

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe