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Vier Tore sind vier Tore: Darmstadt 98 nach dem Sieg gegen Rostock

Torsten Lieberknecht

Der SV Darmstadt 98 gewinnt gegen Hansa Rostock, die vereinseigene Analyse fällt aber nicht nur positiv aus. Trainer Torsten Lieberknecht wird genauso deutlich wie das Ergebnis – weil er bereits jetzt den nächsten Gegner im Kopf hat.

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Highlights: Darmstadt - Rostock

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Torsten Lieberknecht, man kann es nicht anders sagen, war hin- und hergerissen. "Das ist ein Abend zum Genießen", sagte der Trainer des SV Darmstadt 98. Und zählte anschließend all die Attribute auf, die dieses 4:0 gegen den FC Hansa Rostock ausmachten: das Böllenfalltor, das angeknipste Flutlicht, diese "Wahnsinns-Atmosphäre", ja auch die mehr als 600 Kilometer weit angereisten FCH-Fans hätten in Sachen Stimmung "sensationell mitgemacht". Alles Lilien-leicht also in Südhessen? Von wegen.

"Ich fand, dass nicht alles gut war", sagte Lieberknecht am späten Samstagabend im hr-Interview, "dass wir im Passspiel manchmal schlampig waren und nicht ganz sauber gespielt haben. Wir hatten uns vorgenommen, noch besser vor die Rostocker Kette spielen zu wollen – aber das haben wir uns mit schlampigen Pässen zunichte gemacht."

Lieberknecht kritisiert Fehler im Passspiel

In der Halbzeitpause, so schilderte er es später, musste der SVD-Coach deshalb schon in einer ersten Bestandsaufnahme etwas deutlicher werden. "Da habe ich gesagt, dass wir individuell mehr Verantwortung für Pass und Posititonstechnik haben müssen, um erfolgreich vom Platz zu gehen. Gerade in der individuellen Passqualität und Passtechnik gab es viele Dinge, die mir nicht gefallen haben." Immerhin: Lieberknechts Worte zündeten, im zweiten Durchgang seien diese Dinge zwar nicht immer, aber doch "extrem besser" gewesen.

Diese "schlampigen Pässe", sie dürften auch dem Großteil der 14.120 Fans im Stadion nicht verborgen geblieben sein. Aber ob sich der Lilien-Anhang von ihnen auch verunsichern ließ? Eher fraglich. Zu berauschend, zu energisch und effizient war das Offensivspiel der 98er, die insbesondere ihre unbändige Gier auf Umschaltmomente im Mittelfeld quasi im Handgepäck aus der alten in die neuen Saison mitgenommen haben.

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4:0! Darmstadt 98 lässt Hansa Rostock keine Chance

Phillip Tietz jubelt.
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Doch dieses 4:0 gegen Rostock, es war noch ein bisschen mehr als Pressing und Gegenpressing, als bloß Aufmerksamkeit, Schnelligkeit oder Ballsicherheit. Die vier Tore gegen Hansa deuteten sehr klar an, mit welch spielerischem Repertoire und fußballerischer Bandbreite die Darmstädter auch in der neuen Runde wieder unterwegs sind. Anders ist es kaum zu erklären, dass die vier Treffer jeweils völlig unterschiedlich entstanden sind.

Das 1:0 (3. Spielminute) resultierte zwar in erster Linie durch einen Patzer von Rostocks Keeper Markus Kolke, ohne den wachen, spritzigen und insgesamt sehr befreit wirkenden Torschützen Phillip Tietz hätte es diesen Dosenöffner allerdings nicht gegeben. Beim 2:0 demonstrierte der SV98 dann seine ganze Spielfreude: Braydon Manu behauptete den Ball durch beherztes Zweikampfverhalten im Mittelfeld, Matthias Bader bediente Marvin Mehlem, der direkt abzog und traf (18.).

Tietz schnürt Doppelpack, Kempe trifft vom Punkt

Und im zweiten Durchgang? Bejubelten die Lilien beim 3:0 durch Doppelpacker Tietz (54.) ihr erstes Saisontor nach einer Standardsituation, später machte Routinier und Publikumsliebling Tobias Kempe vom Elfmeterpunkt den Deckel drauf (74.). Bemerkenswert: Erst mit diesem vierten Treffer ging der Puls von Trainer Lieberknecht nach unten.

Der 49-Jährige habe nämlich den Eindruck gehabt, dass der für viele ungefährdete Heimsieg sehr wohl gefährdet war und das Match noch einmal hätte kippen können. "Ich war nie ganz ruhig. Erst mit dem 4:0 war ich mir sicher, dass wir das Spiel nach Hause bringen", so Lieberknecht. Verständlich – zumindest wenn man berücksichtigt, dass Rostocks Kevin Schumacher beim Stand von 0:3 aus FCH-Sicht auch gut und gerne das Tor und nicht den Pfosten hätte treffen können (55.).

Darmstadt 98 am Freitag beim Hamburger SV

Spätestens beim Blick auf den Spielplan wird klar, warum Lieberknecht den Finger trotz des deutlichen Resultats so sehr in die eigens ausgemachte Wunde legte. "Für mich war es wichtig, auch wenn ich es den Jungs noch nicht gesagt habe, dass wir mir einem Sieg nach Hamburg fahren. Das ist das bekannte Vollbrett, das du da zu bohren hast", sagte der Trainer mit einem ersten Blick auf das Topspiel am kommenden Freitag (18.30 Uhr) beim HSV.

"Es ist wichtig, dass wir die Punkte gerade am Anfang der Saison sammeln. Wir dürfen nicht vergessen: Wenn jetzt eine Niederlage kommt, müssen wir genauso ruhig bleiben, wie es jetzt auch der Fall ist." Und da war er dann doch – dieser kurze Moment, der zeigt: Auch für Torsten Lieberknecht war der Samstagabend einer zum Genießen.