Toppmöller steht in einem roten Trikot im Trainingslager in Windischgarsten auf dem Rasen. In seiner Hand hält er einen Fußball.

Eintracht Frankfurt versprüht im Trainingslager das Flair eines Start-ups. Trainer Dino Toppmöller zeigt sich nahbar und experimentierfreudig, der Spaß-Faktor steht sogar auf dem Trainingsplan. Ob diese neue Art erfolgreich sein kann?

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Pressekonferenz mit Sebastian Rode in voller Länge

Sebastian Rode sitzt bei einer PK im Trainingslager vor einem Mikrofon und lächelt.
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Die Bilder im Trainingslager von Eintracht Frankfurt gleichen sich. Beinahe nach jeder Trainingseinheit bildet sich irgendwo auf dem Platz eine Gruppe für eine spontane Challenge. Mal misst man sich im Lattenschießen, mal geht es darum, den Ball aus den unmöglichsten Winkeln ins Tor zu schlenzen, mal wird mit vorgegebener Kontakt-Anzahl jongliert.

Trainer Dino Toppmöller und seine Co-Trainer mischen dabei gerne und oft mit, hinterher geht es feixend in Richtung Eistonnen oder Hotel. "Manchmal müssen wir unsere Spieler bremsen, die würden stundenlang Lattenschießen spielen. Diese Freude müssen wir uns erhalten", kommentierte Co-Trainer Erwin Bradasch diese durchaus auffällige Randerscheinung.  

Wie ein modernes Start-up

Die Profis der Eintracht, die in Windischgarsten ordentlich schwitzen müssen, und die Trainer, die sehr viele Inhalte vermitteln wollen, gönnen sich trotz des Zeitdrucks immer wieder kleine Schaffenspausen und erfreuen sich einfach an ihrem Lieblingssport. Viele große Jungs, ein Ball, los geht’s. "Spaß spielt eine wichtige Rolle, er kann die Leistung noch steigern", betonte der zweite Co-Trainer Stefan Buck. Eine bezeichnende Aussage.

Denn die Eintracht präsentiert sich in Oberösterreich wie ein modernes Start-up-Unternehmen. Die Leistung und der Erfolg stehen natürlich über allem, das Vergnügen und der Ausgleich vom stressigen Arbeitsalltag dürfen aber nicht zu kurz kommen. "Alle Beteiligten sind sehr positiv", bestätigte am Mittwoch auch Mario Götze. "Es macht sehr viel Spaß." 

Nahbar, kommunkativ - und auf Augenhöhe

Verantwortlich für diese fußballerische Work-Life-Balance ist der neue Trainer Toppmöller. Der 42-Jährige ist ebenso nahbar wie kommunikativ und begegnet seinem Team, so macht es den Eindruck, auf Augenhöhe.

Die Zeiten der strengen Fußballlehrer, die ihre Ideen mit Autorität und Härte durchsetzen wollen, sind bei der Eintracht vorbei. Dass Fitness-Coach Martin Spohrer mit 45 Jahren der Älteste im Trainerteam ist, passt ins Bild. Die Hessen sind jung und attraktiv. Jeder hat seine Aufgabe und es gibt klare Kompetenzbereiche. Eitelkeiten gibt es aber (noch) nicht.

Ein Cheftrainer, der sich auch mal zurückhält

Ein weiterer Beleg dafür ist, dass sich Cheftrainer Toppmöller nach dem Training hin und wieder Zeit nimmt, um mit einzelnen Spielern noch einmal an Kleinigkeiten zu arbeiten. Direkt zu Beginn des Trainingslagers schnappte er sich Rekonvaleszent Ansgar Knauff zu einer individuellen Flanken-Einheit. Am Dienstag feilte er mit den Offensivkräften am Torschuss. Der Chef schiebt Extra-Schichten und hält sich im Gegenzug raus, wenn seine Co-Trainer an ihren Spezialgebieten arbeiten.  

Als Assistent Buck, der für die Standards verantwortlich ist, beispielsweise am Mittwoch zum Eckball-Training bat, rückte Toppmöller komplett in den Hintergrund und in eine Beobachter-Rolle. Sobald Offensiv-Trainer Bradasch Ideen für Spielzüge hat, lässt ihn Toppmöller gewähren.

"Der Teamgedanke steht immer im Vordergrund, wir bewegen uns auf Augenhöhe", bestätigte Bradasch. Toppmöller vertraut seinen Mitarbeitern und gibt Verantwortung weiter. So arbeitet eine moderne Führungskraft.  

Toppmöller wird "akribische Arbeit" bescheinigt

Dort, wo früher Tulpengeneräle regierten und Alpha-Tiere walteten, steht bei der Eintracht aktuell also ein moderner und offener Menschenfreund auf dem Platz. Der Stimmung und dem Erscheinungsbild der Hessen ist das nur zuträglich. Ob diese neue und eher unautoritäre Art erfolgreich sein kann, muss sich natürlich aber erst noch zeigen.

Noch, das betonte auch Kapitän Sebastian Rode am Donnerstag, befinden sich Spieler und Trainer in der Findungsphase. Vor allem die Leistung bei den beiden Testspielen gegen die Regionallisten Steinbach Haiger und Barockstadt waren doch sehr dürftig, auch im Training läuft noch nicht alles nach Plan.

Toppmöller, dem Rode "eine sehr akribische Arbeit" bescheinigt, versucht dem Team viele neue Inhalte und Ansätze zu vermitteln. In Fleisch und Blut übergegangen sind die Ideen aber noch nicht.

Schlechte Phasen als Gradmesser

Noch ist bis zum Saisonstart etwas Zeit, richtig spannend wird es ohnehin erst, wenn die gute Laune mal verfliegen sollte. "Es wird gute und schlechte Phasen geben. Wichtig ist, wie man damit dann umgeht", brachte Götze die Herausforderungen für das neue Trainerteam und die Mannschaft auf den Punkt.

Die Ansätze von Toppmöller sind vielversprechend, seine Arbeitsweise eine Bereicherung für den Club. Am Ende zählen, das war im Fußball trotz aller Neuerungen schon immer so, aber nur die Erfolge.