Foto der Tribüne mit Fans und Bengalos und einem Portrait

In Marseille wurde Eintracht-Fan Michael Brehl schwer am Hals verletzt. Mittlerweile ist er wieder in Frankfurt und alle Operationen sind abgeschlossen. Vergessen kann er den Tag nicht und einen Appell hat er auch.

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Das ganze Gespräch von Michael Brehl in der hr3-Morningshow

Eintracht-Fans im Stadion in Marseille
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Den 13. September 2022 wird Michael Brehl in seinem Leben nicht mehr vergessen. Auch, weil er sich noch an alles erinnern kann. Der Eintracht-Fan hatte sich mit den Frankfurtern auf den Weg zum ersten Champions-League-Auswärtsspiel der Vereinsgeschichte nach Marseille aufgemacht, hatte ein Ticket für den Block. Schon vor dem Spiel wurde aus der Fahrt aber ein Albtraum. Brehl wurde von einer Rakete am Hals getroffen, stürzte den Block hinunter und verletzte sich schwer. "Das war eine Nahtoderfahrung", erklärt er nun im Gespräch mit der hr3-Morningshow.

Der Attackierte befindet sich weiterhin im Krankenhaus - nun schon die sechste Woche am Stück. Das Gute: Alle notwendigen Operationen - darunter alleine drei an seiner Wunde am Hals - sind mittlerweile abgeschlossen, der Friedrichsdorfer kann nun mit der Reha beginnen. Ob er irgendwann wieder komplett hergestellt sein wird - fraglich. "Das ist nicht ganz sicher", betont er. Wenn ja, ginge es dabei um Monate oder gar um ein Jahr.

Ein klein wenig Glück im Unglück

"Die Chirurgen sprechen über meine Verletzung wie von einer Schussverletzung", berichtet Brehl. Bei der Attacke sei eine Menge Gewebe in Mitleidenschaft gezogen worden. "Ich kann mit der linken Hand immer noch nicht greifen." Wenigstens, so Brehl weiter, sei kein Nerv komplett zerstört werden. Ein klein wenig Glück im Unglück an diesem schlimmen Abend.

Dabei hatte sich der Friedrichsdorfer mit seiner Freundin Christina, als im weiten Rund schon langsam klar wurde, welche Zustände herrschen würden, nach oben auf der Tribüne bewegt, um in Sicherheit zu sein. Ein Trugschluss. Eine Rakete traf ihn direkt am Hals, das Blut trat sofort heraus. "Die glühende Masse war direkt vor meinem Gesicht. Meine Lebensgefährtin hat diese Masse geistesgegenwärtig über den Zaun geschmissen", berichtet Brehl über die schrecklichen Minuten.

Die ganze Zeit bei vollem Bewusstsein

Ringsum halfen sofort alle Eintracht-Fans, die Blutung zu stoppen. Brehl erlebte alles mit, wurde nicht bewusstlos. "Ich war direkt halbseitig gelähmt, habe meine Freundin gefragt, ob mein Arm noch dran wäre. Das war apokalyptisch", berichtet er. "Ich war die ganze Zeit bei vollem Bewusstsein. Das muss ich erst einmal psychologisch verarbeiten."

Wenigstens wusste er nach eigener Angabe, dass es zwar ernst, aber - im wahrsten Sinne des Wortes - nicht todernst war. "Meine Lebensgefährtin hat permanent auf mich eingeredet: 'Du bleibst hier, du bleibst wach!'“ Brehl blieb wach, kam ins Krankenhaus in Marseille und wurde eine gute Woche später nach Frankfurt überführt.

Brehl: "So können wir nicht weitermachen"

Was ihm nun hilft: das Reden über den Tag in Südfrankreich. "Ich bin keine Öffentlichkeits-Rampensau. Aber ich möchte, dass angemessen damit umgegangen wird", betont er und erklärt mit Nachdruck: "So können wir nicht weitermachen – irgendwann stirbt jemand. Das waren Bürgerkriegs-ähnliche Zustände."

Zustände, die er selbst nicht vergessen wird. "Ich war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort", betont er. Was aber nicht bedeute, dass er nun keine Lust mehr auf Fußball habe. Ganz im Gegenteil. "Ich will auch irgendwann wieder zum Fußball gehen." Freilich mit einer Einschränkung: "Nach Marseille würde ich natürlich erst einmal nicht mehr fahren."

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