Ein Jahr Schweinepest: So ist die Situation in Hessen

Vor genau einem Jahr wurde das erste mit der Schweinepest infizierte Wildschwein in Hessen entdeckt. Seitdem starben hunderte Wildschweine, tausende Hausschweine wurden geschlachtet, viele Bauern gaben ihre Betriebe auf. Wie ist die Lage?

Zwei Wildschweine stehen auf einem Plateau im Wald.
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Am 15. Juni vergangenen Jahres wurde der erste Fall von Afrikanischer Schweinepest in Hessen bestätigt. Die Nachricht traf viele wie ein Schock. Landwirte und Behörden gingen in den Krisenmodus.

Schweinebauern mussten ihre Bestände keulen. Das Land ließ hunderte Kilometer Zäune errichten, um eine Ausweitung der Seuche möglichst zu verhindern. Längst sind die für Schweine fast immer tödlichen Infizierungen und ihre Folgen nicht zu Ende. "Wir rechnen leider eher mit Jahren als mit Monaten", sagt die Sprecherin des hessischen Bauernverbands, Marie-Claire von Spee.

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Nach dem ersten Nachweis der Seuche in der Nähe von Rüsselsheim richteten die Behörden Sperrzonen ein, die für Landwirte, Jäger und Bewohner Einschränkungen brachten. Nur kurze Zeit später wurde im Kreis Groß-Gerau auch in Hausschweinebeständen das für Menschen ungefährliche Virus nachgewiesen. Wie das Virus nach Hessen kam, ist bis heute unklar.

Wie teuer sind die Folgen der Schweinepest für Hessen?

Bis Ende Mai 2025 wurden dem hessischen Landwirtschaftsministerium zufolge im Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest alleine für Sachmittel wie Zäune mehr als 20 Millionen Euro ausgegeben. Personalkosten und die Ausgaben der betroffenen Kreise sind darin nicht eingerechnet.

"Es wurden circa 280 Kilometer Festzaun und circa 300 Kilometer mobiler Elektrozaun gebaut, letzterer wird derzeit größtenteils wieder abgebaut", teilt das Ministerium mit. Beim Bund setze man sich dafür ein, dass dieser sich an den Kosten beteilige, da außer Hessen auch Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Sachsen betroffen seien.

Welche Folgen hat die Schweinepest für die hessischen Landwirte?

Mittlerweile konnten einige Beschränkungen gebietsweise aufgehoben werden. Doch die Bauern geraten finanziell unter Druck.

Zwischenzeitlich galten in der sogenannten Sperrzone 3 scharfe Regelungen für Schweinehalter: Bauern erhielten an Schlachthöfen gar kein Geld, Betriebe ohne Versicherung mussten die Kosten ohne Einnahmen selbst tragen. Viele Betroffene hätten daher die Schweinehaltung aufgegeben, sagt von Spee. In der umliegenden Sperrzone 2 verlaufe zwar mittlerweile die Vermarktung weitgehend unproblematisch - aber auch dort mit wirtschaftlichen Einbußen.

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Schweinepest bereitet weiter Sorgen

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Wie stark breitet sich die Schweinepest aktuell in Hessen aus?

Ein Jahr nach dem Auftreten der ersten Infektion werden wöchentlich noch immer 50 bis 100 tote Wildschweine in Südhessen entdeckt, wie der Landesjagdverband berichtet. Zwölf Landkreise und kreisfreie Städte seien derzeit betroffen.

Im Kerngebiet würden aktuell noch immer infizierte Wildschweine gefunden, berichtet auch das Landwirtschaftsministerium. Allerdings sei die Population bereits merklich reduziert. "Die Fallzahlen scheinen den Höhepunkt überschritten zu haben."

Seit Juni 2024 habe es "weit mehr als 2.000 Wildschweine mit dem aggressiven Virus dahingerafft", sagt der Sprecher des Landesjagdverbands, Markus Stifter. Insgesamt wurden in der Zeit mehr als 5.000 Kadaver oder Kadaverteile wie Knochen gefunden. Auch Kadaverspürhunde kommen bis heute bei der Suche nach verendeten oder infizierten Tieren zum Einsatz.

Warum sind auch die Jäger durch die Schweinepest belastet?

Erst wenn ein Jahr lang kein ASP-infiziertes Schwein gefunden wird, können die Beschränkungen aufgehoben werden. "Es ist für die Jäger schon eine große Belastung", sagt Landesjagdverband-Sprecher Stifter. Zunächst habe ein Jagdverbot in einigen Regionen geherrscht. Jetzt müsse man besonders viele Schweine jagen, weil diese sich in dieser Zeit vermehrt hätten.

Problematisch sei, dass die erlegten Wildschweine nur zur Eigenverwertung dienen dürften, beklagt Stifter: "Es darf nichts nach draußen." Möglich sei auch, die erlegten Schweine zu beseitigen. Ein Großteil werde nicht verwertet. "Wir sind nicht mehr in der regulären Jagd, sondern in der Seuchenbekämpfung", sagt Stifter. Notwendig sei die Jagd trotzdem. "Wir kriegen die Krankheit nur weg, wenn auch die Wildschweine weg sind."

In den betroffenen Gebieten, die vollständig von einem Zaun umschlossen sind, sollen laut Ministerium nach und nach alle Wildschweine erlegt werden. Stifter sagt, vermutlich würden nicht alle Kadaver von verendeten, infizierten Schweinen gefunden. Das Virus habe eine sehr hohe Widerstandsfähigkeit. Seit der Wiederaufnahme der Jagd ab Mitte März wurden nach Angaben des Landesjagdverbands in den beiden Sperrzonen mehr als 2.400 Wildschweine erlegt.

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Ein Jahr Afrikanische Schweinepest in Hessen – wie Jäger helfen

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Welche Gefahr geht in Zukunft von der Schweinepest aus?

Die größte Sorge sei, dass es im Sommer in Hessen wieder Infektionen bei Hausschweinen geben könnte, sagt Landesjagdverband-Sprecher Stifter. Das sei in anderen Regionen bereits passiert: "Es kann sich weiter ausbreiten." Dabei bestehe auch die Gefahr, dass das Virus erneut von außen eingeschleppt wird - zum Beispiel über Lastwagenfahrer, möglicherweise aus dem Ausland.

In anderen Regionen gebe es die Schweinepest schon seit fünf Jahren. "Die gehen hier alle auf dem Zahnfleisch", sagt Stifter über die beteiligten Behörden in Hessen. "Wenn jetzt noch woanders was auftritt, das wäre der Worst Case." Irgendwann seien die Kapazitäten - etwa bei den Testern oder Veterinärämtern - erschöpft.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de/Anna Vogel; dpa/Oliver Pietschmann