Wer am Mittwoch zum Arzt musste, stand vielerorts in Hessen vor verschlossenen Türen. Die Ärzte protestierten gegen geplante Sparmaßnahmen. Sie schlugen Alarm: Die Zeit der "extremen Selbstausbeutung" müsse enden.

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Protest bei Ärzten

hessenschau vom 2610.2022
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Bei einer bundesweiten Protestaktion gegen geplante Sparmaßnahmen haben auch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Hessen am Mittwoch ihre Praxen geschlossen. Zahlen liegen zwar nicht vor, doch "wir haben von vielen Praxen gehört, dass sie mitmachen wollen", sagte Karl Matthias Roth, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KV), in Frankfurt. Die Verbände raten Patientinnen und Patienten, sich vor einem Arztbesuch zu informieren. Im akuten Krankheitsfall stünden notfallversorgende Einrichtungen zur Verfügung.

Die Vereinigung sowie auch hessische Haus-, Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte hatten zu dem Protest aufgerufen. Grund für die bundesweite Aktion sei der derzeitige Kurs der Bundesregierung und der Krankenkassen, so die KV. "Das Anliegen ist, Politik und Krankenkassen zu signalisieren, dass es so nicht weitergeht. Zu viel läuft gegen die ambulante Versorgung", so Roth. Die Forderung des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) nach einer festzuschreibenden Nullrunde für die nächsten Jahre im ärztlichen Honorarsystem habe den "Bogen endgültig überspannt", heißt es in der Mitteilung des HZV.

"Extreme Selbstausbeutung"

Kritisiert wird unter anderem die geplante Streichung der Neupatientenregelung, die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten bisher finanzielle Anreize gibt, neue Patientinnen und Patienten aufzunehmen. Die Streichung würde für sie deutschlandweit zu Gewinneinbußen über rund 400 Millionen Euro führen.

"Allein um unser Einkommen beizubehalten, wurden wir gezwungen, unsere sowieso schon extreme Selbstausbeutung immer weiter zu steigern - und dies in einer Zeit, in der uns die Pandemie schon bis zur absoluten Belastungsgrenze gefordert hat", schreibt der Hausärzteverband Hessen (HZV) auf seiner Homepage.

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Ärztekammern rufen zum Protest auf

Ein Mann reicht in einer Arztpraxis seine Versichertenkarte über den  Tresen. Die Arzthelferin nimmt sie entgegen.
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Der Vorsitzende des HZV, Armin Beck, hatte vor dem Protesttag gesagt, die Sparpläne von Regierung und Krankenkassen würden die gewohnte und bewährte ambulante Versorgung gefährden. Patientinnen und Patienten müssten wegen der geplanten Leistungskürzungen mit längeren Wartezeiten für Termine rechnen, in ländlichen Gebieten müssten eventuell auch längere Anfahrtswege in Kauf genommen werden.

Auch die Honorarentwicklung, die hohen Energiekosten und die steigende Inflationsrate bereiten den Ärtzinnen und Ärzten Sorgen. Es fehle "massiv" an Wertschätzung, sagte KV-Sprecher Roth. In rund einem Monat, am 30. November, wollen Ärztinnen und Ärzte erneut ihre Praxen schließen - und weitere Aktionen seien geplant, hieß es.

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