Blick hinter die Escape-Room-Kulissen "Es darf gern gruselig sein": Mit Escape Rooms dem Alltag entfliehen
Betreiber von Escape Rooms versetzen ihre Gäste in fremde Welten, in denen sie vor knifflige Aufgaben gestellt werden. Die Rätselräume boomen bundesweit und sind auch in Hessen ein beliebter Freizeit-Tipp. Drei Freunde haben es ausprobiert.
Janina Kremer und ihre beiden Begleiter betreten einen dunklen Raum. Hinter ihnen schließt sich die Tür. Düstere Musik erklingt. Plötzlich ertönt das Knarzen alter Holzdielen. Sind das Schritte? Ist da wer?
Vor ihnen ist eine Gittertür. Hier sind sie nun erstmal gefangen und stehen am Anfang des Escape-Room-Abenteuers namens "Das verlassene Waisenhaus" in Fulda.
Aus diesem wie ein Gefängnis wirkenden Vorraum muss das Trio zunächst herauskommen, damit es weitergeht. Dafür müssen sie erste Rätsel lösen.
Das alles begeistert Kremer: "Mich reizt das Ungewisse und der Ausflug aus dem Alltag. Es darf gern gruselig sein", sagte die 40-Jährige kurz zuvor vor dem Start in den Escape Room. Sie erwartet: "Spannung, Rätseln und Spaß haben."
Hauptdarsteller in eigenem Grusel-Film
Zusammen mit ihren Freunden Alexander Schneider und Tobias Müller begibt sich Kremer gern auf solche Abenteuer-Reisen voller Nervenkitzel. Dafür besuchen sie einen in Gewerberäumen in der Fuldaer Innenstadt künstlich erschaffenen Lost Place. Dort spielen sie in hergerichteten Räumen, die wie Film-Kulissen wirken, die Waisenhaus-Story - und sind dabei quasi die Hauptdarsteller in ihrem eigenen Grusel-Film.
Der Plot kurz gefasst: Der Direktor des Waisenhauses hat die Seelen der Kinder an den Teufel verkauft, um ewiges Leben zu bekommen. Schnell wird klar: Hier stimmt einiges nicht. Besucher wie Kremer und Co. müssen nun tiefer in die Geschichte des Waisenhauses einsteigen. Dafür haben sie im Spiel eine Stunde Zeit.
"Gänsehaut-Feeling zu erzeugen"
Überwacht wird das Spiel aus einer Art Regie-Raum von Patricia Schwendner. Sie betreibt den Escape Room zusammen mit ihrem Mann Gerrit. An Monitoren verfolgt sie den Spiel-Fortschritt. Bei Bedarf gibt sie über Lautsprecher Tipps zum Lösen der Rätsel.
Schwendner kann auch mit einem Computer und allerhand Technik, die in den Räumen verbaut ist, ins Geschehen eingreifen und die Szenerie beeinflussen. Sound, Licht und Nebel stehen ihr zur Verfügung.
Und mit Spezial-Effekten kann sie den Besucherinnen und Besuchern auch gehörige Schrecken einjagen, zum Beispiel, wenn wie von Geisterhand Dinge von den Wänden fallen. Das bereitet ihr sichtlich Spaß. "Dieser Raum lebt von seiner Atmosphäre. Wir versuchen Gänsehaut-Feeling zu erzeugen", sagt Patricia Schwendner.
Escape Rooms boomen
Escape Rooms finden immer mehr Fans in Deutschland. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Anbieter und Räume gestiegen. Aktuell gebe es in Deutschland rund 400 Anbieter, berichtet Sebastian Hinkel, Vorsitzender des Fachverbands Live Escape & Adventure Games (LEAG). Wie viele Angebote es in Hessen genau gibt, weiß er nicht.
Der Verband zertifiziert Anbieter und sorgt für ein gewisses Niveau an Sicherheit, Qualität und persönlicher Betreuung für die Spielenden.
An einigen Orten in Hessen sehen die Betreiber soviel Potenzial, dass sie neue Räume errichten. In Fulda haben die Schwendners unter dem Namen "Secret Games" erst vor wenigen Monaten zwei neue Räume in der Innenstadt eröffnet. Und auch in Marburg und Limburg expandieren Betreiber, wie eine hr-Umfrage für eine Escape-Room-Übersicht für Hessen ergab.
Janina Kremer war nach ihrem ersten Escape Room so angetan, dass sie mehr erleben wollte. Sie hatte in Fulda den Raum namens "Der Henker" gespielt. Dabei begab sie sich in die Epoche des Mittelalters und war im Fuldaer Untergrund in einem Kerker gefangen. Die Aufgabe: Fliehen, bevor der Henker kommt. Die Szenerie ist martialisch mit Foltergeräten gestaltet.
Ein Klassiker, den man in Fulda und andernorts auch spielen kann, ist "Prison Break". Dabei fühlt man sich in die 1950er Jahre zurückversetzt. Man wird zu Unrecht eines Verbrechens beschuldigt und ist zu lebenslanger Haft verurteilt. Das neue zu Hause ist eine Zelle, aus der es auszubrechen gilt. "Der Thrill-Faktor ist je nach Raum unterschiedlich hoch", erklärt Gerrit Schwendner.
Wie auch immer die tragende Story gestaltet ist – den Teilnehmenden werden immer ähnliche Fähigkeiten abverlangt. Um die Denksport-Aufgaben zu lösen, ist eine gute Auffassungs-, Beobachtungs- und Kombinationsgabe von Vorteil. Neben Cleverness ist auch Geschicklichkeit und Experimentierfreude gefragt.
Escape Rooms sind aber auch nicht für jeden etwas. Betreiber Gerrit Schwendner erklärt: "Die Spielerinnen und Spieler sollten keine Angst vor kleinen Räumen und Dunkelheit haben, also Mut und Abenteuerlust mitbringen."
Die Teilnehmenden sollten auch mobil sein. Es muss teilweise gekrabbelt und/oder geklettert werden. "Wer gesundheitliche Einschränkungen hat, sollten sich beim Anbieter generell informieren, was auf einen zukommt", rät Gerrit Schwendner.
"Das war aufregend"
Janina Kremer und ihre Mitstreiter haben ihr Abenteuer derweil so gut wie bewältigt. Sie haben Schlüssel gesucht, Türen mit speziellen Mechanismen geöffnet und sich in einem Buch Tipps fürs Rätsellösen geholt.
Als sie am Ende aus der letzten Tür herauskommen und sie den Escape Room geschafft haben, wirken sie etwas geschafft, aber glücklich. "Das war aufregend. Ich bin richtig ins Schwitzen gekommen", gesteht Alexander Schneider. "Es hat mich der Ehrgeiz gepackt, da gut durchzukommen."
Mit Team-Arbeit ans Ziel
Für ihn hat sich gezeigt: "Man sollte bei Escape Rooms eine gute Auffassungsgabe mitbringen und aufmerksam sein, um die Tipps aufzunehmen und anzuwenden." Schneider werden die zahlreichen Überraschungs-Effekte und der Grusel-Charakter im Waisenhaus in Erinnerung bleiben, wie er sagt.
Seinem Mitspieler Tobias Müller hat die gut gelingende Teamarbeit des Trios gefallen, um ans Ziel zu kommen. Deswegen werden Escape Rooms auch gern bei Firmen-Ausflügen gespielt.
Für Müller stand nach dem Abenteuer im Waisenhaus fest: "Ich werde weitere Escape Rooms ausprobieren. Da gibt's bestimmt weitere spannende Storys." Gelegenheit dazu bietet sich in Hessen in zahlreichen weiteren Escape Rooms, wie unsere Übersicht zeigt.