Frankfurt Neue Form der Bestattung: Erste Urnenkirche in Frankfurt

In der denkmalgeschützten Kirche St. Michael in Frankfurt soll eine Urnenbegräbniskirche entstehen. Es ist nach Angaben des Bistums Limburg die erste in Hessen. Nicht nur Katholiken können sich dort bestatten lassen.

Verena Maria Kitz, Leiterin des Zentrums für Trauerseelsorge in der St.-Michael-Kirche im Frankfurter Nordend.
Verena Maria Kitz, Leiterin des Zentrums für Trauerseelsorge in der St.-Michael-Kirche im Frankfurter Nordend. Bild © picture-alliance/dpa
  • Link kopiert!
Audiobeitrag
Bild © picture-alliance/dpa| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Noch ist das riesige Kirchenschiff nahezu leer. Es hallt, der hohe Raum erinnert an eine Schlucht. Durch eine Reihe Glasbausteine öffnet sich unter der Decke ein schmaler Streifen des blauen Himmels. Doch schon bald soll hier - in der puristischen, denkmalgeschützten Trauerkirche St. Michael im Frankfurter Nordend - eine Urnenbegräbniskirche entstehen. Nach Angaben des Bistums Limburg ist es die erste in Hessen.

"Die Idee ist, einen gastfreundlichen Ort zu bieten", sagt Verena Maria Kitz, Trauerbegleiterin von St. Michael. "Für die Verstorbenen einen würdigen Ort in einer ästethisch ansprechenden Umgebung. Und für die Lebenden einen Ort, an dem sie trauern und sich erinnern können - und an dem sie in ihrer Trauer begleitet werden."

"Wir fragen nicht nach der Eintrittskarte"

Nach Angaben des Bistums Limburg sollen in der 1954 erbauten Kirche 2.500 Urnen Platz finden - und zwar in zylindrisch geformten Wänden. Die Kosten für den Umbau werden mit 3,1 Millionen Euro beziffert, von denen das Bistum 1,4 Millionen Euro trägt. Der Rest soll über den Verkauf der Urnenplätze finanziert werden. Ein Platz mit einer Ruhezeit von 15 Jahren kostet den Angaben nach 2.650 Euro. Zudem gibt es auch günstigere Plätze für Menschen mit geringerem Einkommen.

Die Preise orientierten sich an den Urnengräbern auf städtischen Friedhöfen, erklärt Kitz. Und: Nicht nur Katholikinnen und Katholiken, sondern jeder, der Interesse habe, könne sich dort bestatten lassen. "Wir fragen nicht nach einer Eintrittskarte."

Bundesweit mehr Feuerbestattungen

Urnenkirchen gibt es bislang unter anderem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Sie sind auch eine Antwort auf eine gesellschaftliche Entwicklung, denn eine Bestattung im Sarg - was vor einigen Jahrzehnten noch ganz geläufig war - kommt inzwischen seltener vor: Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Bestatter basieren stattdessen mehr als 70 Prozent aller Beisetzungen auf Feuerbestattungen, das heißt, die Asche wird dann in einer Urne beigesetzt - oder es erfolgt eine Baum- oder Seebestattung.

Für den Wandel in der Bestattungskultur gebe es viele Gründe, sagt der Vizevorsitzende des hessischen Bestatterverbands, Guido Vaupel. Die Familienmitglieder wie Kinder oder Enkelkinder lebten oftmals nicht mehr am selben Ort, was die Grabpflege erschwere, sagt der Experte. Zudem müssten Erdbestattungen laut Gesetz meist innerhalb weniger Tage stattfinden.

Bei einer Urnenbeisetzung habe man auch durch die Einäscherung deutlich mehr Zeit und die Angehörigen seien in der Termingestaltung freier. Hinzu kommen finanzielle Gründe: So seien Feuerbestattungen oftmals günstiger als die langfristigen Gesamtkosten bei Sargbestattungen. "Heute muss mehr auf das Geld geschaut werden, weil alles teuer geworden ist."

Die Urnenkirche St. Michael will nicht nur einen Platz für die Verstorbenen bieten, sondern auch die Angehörigen in der Trauer begleiten. "Der Tod wird immer mehr aus dem Leben ausquartiert, an Profis delegiert", erklärt Seelsorgerin Kitz. "Die Menschen haben immer weniger Übung und Erfahrung, wie sie mit Verstorbenen umgehen und wie sie trauern können." So werden Gesprächsrunden angeboten, allein oder in der Gruppe - aber auch gemeinsame Aktivitäten wie Wanderungen.

Trauergarten außerhalb der Kirche geplant

Die Kirche St. Michael wurde von dem bekannten Architekten Rudolf Schwarz erbaut, der unter anderem am Wiederaufbau der Frankfurter Paulskirche mitgearbeitet hat. Für Umbau und Renovierung, die sehr behutsam erfolgen sollen, war ein Wettbewerb ausgerufen worden. Der Zuschlag ging schließlich an das Frankfurter Architekturbüro "Meixner Schlüter Wendt". "Der Entwurf hat uns überzeugt, weil er die Architektur und die Umgebung der Kirche respektiert und zugleich die Konzeption der Kirche gut weiterentwickelt", sagt Kitz.

Außerhalb des Gebäudes ist ein Trauergarten geplant, zudem wird es ein Ewigkeitsgrab auf dem Gelände geben. Dort wird die Asche nach Ablauf der 15 Jahre - und sofern der Platz in der Urnenkirche nicht verlängert wird - beigesetzt, wie Kitz erklärt. Zu wissen, wo die Asche langfristig lande, gebe vielen ein gutes Gefühl, sagt sie.

Und wie sieht der weitere Zeitplan aus? Die Umbauarbeiten sollen Anfang 2024 beginnen. Ziel ist, die Urnenkirche Ende nächsten Jahres zum 70. Jubiläum von St. Michael zu eröffnen.

Quelle: Jenny Tobien, dpa, hessenschau.de