Ein Mann spendet bei der Blutspende. (dpa)

Sexuell aktive homosexuelle Männer waren bislang pauschal vom Blutspenden ausgeschlossen. Diese Diskriminierung endet nun. Für Betroffene ein wichtiger Schritt der Gleichstellung.

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Homosexuelle Männer dürfen jetzt Blut spenden

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Verantwortung übernehmen, sich in die Gesellschaft einbringen: Was beim Thema Blutspenden für heterosexuelle Menschen normal war, war für homosexuelle Männer lange Zeit faktisch unmöglich - und das, obwohl es seit Jahren immer wieder Engpässe bei Blutkonserven gibt.

Denn: Anders als Heterosexuelle durften schwule Männer nur Blut spenden, wenn sie davor mindestens vier Monate enthaltsam waren. Um diese Diskriminierung zu beenden und gleichzeitig die Zahl potenzieller Spender zu erhöhen, hat die Bundesregierung Mitte März einem Änderungsantrag für das Transfusionsgesetz zugestimmt

Von April an dürfen "sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität keine Ausschluss- oder Rückstellungskriterien sein", wie es in der Neufassung des Gesetzes heißt. Blutspenden dürfen also auch bisexuelle und trans Personen.

Aktivisten: Gleichbewertung war überfällig

Hessische LGBTIQ+-Aktivisten begrüßen die Änderungen. Carsten Gehrig von der Aidshilfe Frankfurt etwa betont, es sei überfällig gewesen, das Risikoverhalten bei allen Menschen gleich zu bewerten. Die bisherige Regelung sei schlicht stigmatisierend gewesen.

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Wofür steht LGBTIQ+?

Die Abkürzung steht für Menschen, die lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, intersexuell oder queer sind. Der Begriff queer wird mittlerweile auch allgemein für alle Personen verwendet, die nicht heterosexuell sind und/oder die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Ein Glossar zu LSBT*IQ-Begrifflichkeiten gibt es hier.

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Georgios Kazilas vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Hessen fühlte sich persönlich durch den Ausschluss vom Blutspenden verletzt, wie er berichtet: "Weil es offensichtlich keine wissenschaftliche Evidenz gibt, dass diese Maßnahme überhaupt notwendig ist."

"Bin gar nicht erst zum Blutspenden gegangen"

"Wie viele andere Homosexuelle bin ich bisher gar nicht erst zum Blutspenden gegangen, da ich weder lügen noch abgewiesen werden wollte", erzählt die Frankfurter Drag Queen und Aktivistin Electra Pain. "Jetzt stehen die Türen offen und hoffentlich nutzen viele Menschen diese Möglichkeit." Blut werde doch dringend gebraucht.

Mit der Änderung des Transfusionsgesetzes sei aber noch nicht genug getan, sagt Electra Pain. Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität müssten in den Gleichberechtigungs-Artikel 3 des Grundgesetzes aufgenommen werden, queerfeindliche Straftaten in polizeilichen Statistiken ausgewiesen werden, fordert sie.

"Sexualität geht niemanden etwas an"

"Vor Jahren war ich mal beim Blutspenden und wurde von der Ärztin gefragt, ob ich schwul sei - damals noch ungeoutet, war das extrem unangenehm", erzählt der Frankfurter Flugbegleiter Lauritz Hofmann, der 2021 Finalist der homosexuellen Dating-Show "Prince Charming" war.

"Es geht niemanden etwas an, welche Sexualität man hat", sagt er weiter. "Blutspenden werden ja getestet. Welche Rolle spielt es, mit welchem Geschlecht man intim ist?" Es empöre ihn, dass immer noch angenommen werde, queere Männer seien unvorsichtiger beim Sex als heterosexuelle Menschen. "Dieses Bild ist veraltet, diskriminierend und nicht mehr zeitgemäß."

Regel aus Zeiten der Aids-Krise

Die Blutspende-Einschränkungen für Homosexuelle stammen noch aus der Zeit der Aids-Krise. Dahinter stand die Sorge beim Gesetzgeber, dass bei schwulen Männern das Risiko einer Weitergabe des HI-Virus (HIV) durch eine Blutspende besonders hoch sei.

Demnach durften Männer, die Sex mit Männern haben, nur dann Blut spenden, wenn sie - laut Selbstauskunft in einem Fragebogen - in den zurückliegenden vier Monaten keinen Sexualverkehr mit "einem neuen oder mehr als einem Sexualpartner" hatten. Bei allen anderen Menschen bestand diese Sperre dagegen nur bei "häufig wechselnden Partnerinnen und Partnern".

Seit langem beklagten Aktivisten und Verbände deswegen Diskriminierung, zumal Blutspenden auf das HI-Virus getestet werden.

Neuregelung Teil des Koalitionsvertrags

Die Neuregelung der Blutspende ist Teil des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP. Auch die Altersgrenze für Blutspenden wird abgeschafft. Jede Person über 18 Jahren darf künftig spenden, sofern ihr Gesundheitszustand dies zulässt.

Die Bundesärztekammer muss jetzt allerdings noch ihre Richtlinien anpassen und neue Fragebögen für die Blutspende konzipieren.

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