Ein Wohncontainer für Asylbewerber

Wohin mit den vielen Geflüchteten? Weil es an Wohnraum fehlt, greifen immer mehr Landkreise auf Container zurück, um Menschen unterzubringen. Es ist eine Lösung, die eigentlich keiner will, wie ein Beispiel aus dem Kreis Limburg-Weilburg zeigt.

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Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen

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Der Dornburger Ortsteil Frickhofen liegt malerisch am Südrand des Westerwalds im Kreis Limburg-Weilburg. Rund 2.900 Einwohner zählt er. Dass demnächst 60 neue dazukommen sollen, sorgt seit Wochen für große Aufregung.

Denn: Weil die Erstaufnahmeeinrichtungen voll sind und das Regierungspräsidium Darmstadt in den kommenden Wochen mit steigenden Geflüchtetenzahlen rechnet, hat der Kreis Limburg-Weilburg für 12 Millionen Euro Wohncontainer bestellt und die Kommunen aufgefordert, passende Stellplätze dafür zu melden. In Frickhofen war zunächst der Marktplatz in der Dorfmitte im Gespräch – zum Entsetzen der Anwohner, denn der Platz ist der zentrale Treffpunkt, die jährliche Kirmes findet hier statt.

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Wie funktionieren die Zuweisungen?

Nach ihrer Zeit in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes werden Asylbewerber nach dem Königsteiner Schlüssel – einem bundesweit einheitlichen Verteilsystem – einer kreisfreien Stadt oder einem Landkreis zugewiesen. Die Kreise wiederum verteilen sie auf ihre Kommunen. Findet sich zeitnah keine Wohnung, müssen Zwischenlösungen gefunden werden. Asylbewerber dürfen nicht eigenmächtig den zugewiesenen Wohnort wechseln.

Ukrainerinnen und Ukrainer sind dabei ein Sonderfall, weil sie keine Asylanträge stellen müssen und sich rein rechtlich frei in Deutschland bewegen können.

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Protestplakat am Marktplatz

Eine Bürgerinitiative formierte sich, ein siebeneinhalb Meter großes Plakat mit der Aufschrift "Kein Containerghetto auf dem Marktplatz!" wurde angebracht, das nach einigen Tagen wieder entfernt wurde.

Protestplakat Frickhofen mit der Aufschrift "Kein Containerghetto auf dem Marktplatz!"

Auch in den Sozialen Medien kochte die Wut hoch und richtete sich vor allem gegen Bürgermeister Andreas Höfner (CDU). Der rechtfertigte den anvisierten Container-Standort damit, Mehrzweckhallen und Bürgerhäuser offen halten und nicht auf Jahre blockieren zu wollen. Deswegen müssten andere Flächen geprüft werden, deren Infrastruktur auch passen müsse.

"Massenansammlung macht vielen Angst"

In dieser Woche nun hat die Gemeindevertretung entschieden: Ja, die Container werden kommen, laut Landkreis wahrscheinlich im Sommer, sie werden aber nicht auf dem Marktplatz aufgestellt, sondern in der Nähe des evangelischen Gemeindezentrums im nordwestlichen Teil des Dorfes. Bis zu 15 Jahre könnten die Container laut Vereinbarung mit dem Landkreis dort bleiben.

Eine Entscheidung, die den Ärger der Frickhofener kaum besänftigt. Eine Verlegung des Standorts sei "reine Augenwischerei", schimpft etwa Anwohnerin Silvia Heun nach der Bekanntgabe der Entscheidung. "Das sind garantiert keine Frauen mit Kindern, das sind alles junge Männer." Eine "Massenansammlung" Geflüchteter mache vielen Menschen Angst, ergänzt eine Dame, die ihren Namen nicht nennen will. Ja, man müsse helfen, sagt sie. Sie habe selbst Ukrainer zu Hause aufgenommen, doch irgendwann seien nun einmal Grenzen erreicht.

"Den Menschen wird etwas übergestülpt"

Für andere ist diese Lösung allenfalls "die beste von vielen schlechten", wie ein älterer Herr sagt, der ebenfalls anonym bleiben will. Er fordere, das Asylrecht generell zu begrenzen. Marktplatz-Anwohner Berthold Jung-König wiederum ärgert sich über die fehlende Kommunikation im Vorfeld: "Man hätte es anders lösen können", betont er. "Man hätte die Geflüchteten auf alle Ortsteile aufteilen können. In jedem Ortsteil hätte man zehn Menschen unterbringen können. Das wäre in Häusern möglich gewesen. Man müsste sich nur bemühen."

Die Containerlösung wünsche sich niemand, sagt er weiter. "Hier wird den Menschen etwas übergestülpt, sich von der Kommune aus nicht gewehrt oder im Vorfeld nach anderen Lösungen gesucht. Das ist das Entscheidende. Man müsste die Leute einbeziehen."

"Wir fühlen uns hilflos"

Das sieht der Gemeindevorstand inzwischen genauso, wie Alois Höhler, Vorsitzender des Gemeindeparlaments in Dornburg, einräumt: "Die Kommunikation hätte eindeutiger sein müssen." Die Menschen zu verteilen sei aber keine Option gewesen, weil die Infrastruktur nicht in allen Ortsteilen gleichermaßen gut sei.

Höhler ärgert sich seinerseits über fehlende Kommunikation und Unterstützung höherer Ebenen und fasst zusammen, was viele Gemeinden derzeit umtreibt: "Die Kommunen stehen am Rande ihrer Leistungskraft." Sie bekämen immer mehr Aufgaben delegiert, würden aber weder finanziell noch personell ausreichend versorgt. "Wir fühlen uns hilflos", sagt er und erinnert daran, dass die Kommunen jetzt schon Probleme hätten, zum Beispiel Kindergarten- oder Schulplätze zu schaffen. Auch das werde Integration unmöglich machen.

"Was ist in einem halben Jahr?"

Höhler fordert dauerhafte Lösungen vom Bund, etwa über eine systematische Registrierung von Geflüchteten, schnellere Asylverfahren und eine konsequente Rückführung. Anwohnerin Silvia Heun fasst zusammen, was viele Frickhofener weiter umtreibt: "Was ist in einem halben Jahr? Dann haben wir weiter viel Zulauf und dann werden doch Hallen zugemacht, weil wieder Platz gebraucht wird."

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