Museum Angewandte Kunst Design-Ausstellung im MAK zeigt feine Fahrräder
Ein rostiger Flohmarktfund, der sich als Design-Fahrrad entpuppt, Räder aus Bambus oder Flugzeugbauteilen: Die Ausstellung "Der eigene Antrieb. Feine Fahrräder" zeigt Designs aus drei Jahrhunderten. Nicht alle Modelle sind praktisch und straßentauglich.
Ivan Sojc weiß manchmal nicht, ob er die Fahrräder findet - oder sie ihn. Er ist der Leiter des Deutschen Fahrradmuseums in Bad Brückenau in Unterfranken (Bayern). Das kleine, privat geführte Museum beherbergt eine beachtliche Fahrradsammlung, wovon viele Räder nun bis September im Museum Angewandte Kunst MAK in Frankfurt in der Ausstellung "Der eigene Antrieb. Feine Fahrräder" zu sehen sind.
Genau dort steht Sojc nun vor dem Randonneur, einem Reiserad aus den 1930er-Jahren mit Gepäckträgern, einem Rahmen so dick wie Ofenrohre und einer Schaltung fast wie bei einem modernen Mountainbike.
Glücksfund auf dem Flohmarkt
Sojc hat das Reiserad auf einem Flohmarkt in Frankreich gefunden. "Ein älterer Herr schob diesen Randonneur an mir vorbei – völlig platt und verrostet", erzählt er. "Ich habe sofort alles stehen und liegen gelassen und bin hinterher, um zu fragen, ob er das Rad verkauft." 700 Euro zahlte er für die vermeintliche Rostlaube, unter Lachen des Franzosen, der nicht verstand, weshalb der Deutsche dafür so viel Geld ausgeben wollte.
Die pure Fahrrad-Handwerkskunst
Doch Ivan Sojc hat die Besonderheit des Schulz-Rades, benannt nach seinem Erfinder Jaques Schulz, gleich erkannt. Liebevoll hat er es restauriert und ihm einen Platz in seiner Sammlung gegeben.
Der Erfinder des Randonneur war ein Tüftler, erzählt er. Er wollte das beste Reiserad aller Zeiten bauen und überarbeitete jedes einzelne Bauteil mit seinen eigenen Ideen - von der Schaltung über die Bremse bis hin zum Lenker. Entstanden ist so, laut Sojc die "Krönung der Fahrrad-Handwerkskunst".
Der eigene Antrieb als Innovationsmotor
"Der eigene Antrieb" - so heißt es auch im Ausstellungstitel. Der Antrieb von Tüftlern wie Jaques Schulz, aber auch von Fabrikanten, von Rennfahrern, von Technikern, von Träumern - er treibt die Geschichte des Fahrraddesigns seit jeher voran. Das Schulz-Rad stehe dabei sinnbildlich für das, was die Ausstellung im MAK verdeutlichen möchte.
Im Fokus: Fahrrad-Design, nicht Geschichte
Denn es gehe weniger darum, die Fahrradgeschichte nachzuzeichnen, sondern viel mehr werde der Fokus auf die unterschiedlichen Design-Lösungen aus den letzten drei Jahrhunderten gelegt. Diese sind mal skurril in ihrer Mechanik, wie das Reitrad, das man durch Auf- und Abwärtsbewegung antreibt oder ungewöhnlich im Material, wie ein Rad aus Bambus oder gar ausgemusterten Flugzeugbauteilen. Immer aber steht die Schönheit und Ästhetik des Handwerks im Vordergrund.
Von der Draisine bis zum E-Bike
Die Ausstellung beginnt mit der Draisine, dem ersten Laufrad aus Holz und auf Eisenrädern. Über das Hochrad, das unter anderem auch in den Frankfurter Adler-Werken von Heinrich Kleyer produziert wurde, geht es weiter bis zum E-Rennrad und der Frage: "Was spricht dafür und was dagegen?", die Besuchende auf bunten Post-Its beantworten können.
Adler-Werke Frankfurt
Die Präsentation der Fahrräder in der Ausstellung ist zurückhaltend. Hintereinander aufgereiht stehen sie vor weißen Wänden und geben damit Raum, um Details zu erkennen.
Die Kuratorin Steffi Faust vom Deutschen Fahrradmuseum weist auf das kunstvoll geätzte und vernickelte Firmenschild der Frankfurter Adler-Werke hin am Rahmen eines Damen-Fahrrads aus den 1920er-Jahren.
Fahrrad als langlebiger Gegenstand
"Damals gingen 85 Prozent des Lohns für Essen und Wohnen drauf", sagt sie und erzählt, dass Fahrräder daher oft in Raten gekauft wurden. "Das zeigt, wie wertvoll ein Fahrrad damals war. Es wurde als langlebiger Gegenstand hergestellt, weil es auch lange halten musste, da man unter Umständen mehrere Jahre daran abzahlen musste."
Nicht schnell, aber Kult: Das Bonanza-Rad
Nicht immer ging es beim Fahrraddesign um den praktischen Nutzen, wie das Beispiel Bonanza-Rad zeigt, das Jugendkultfahrrad der 1970er-Jahre mit seinem typischen hohen Lenker und dem Bananensattel. "Was war schöner als mit so einem Rad rumzustehen, in der Schlaghose, sich bewundern zu lassen und lässige Antworten zu geben?", fragt Ivan Sojc mit einem Grinsen. Er selbst habe "leider immer das praktische Sportrad" unter dem Weihnachtsbaum liegen gehabt. Aber zum Fahren sei das Bonanza-Rad auch nicht gut geeignet gewesen. "Es war sehr lahm.“
Rahmen aus dem 3D-Drucker
Schneller sind da die modernen Straßenrennräder am Ende der Ausstellung, optisch echte Design-Leckerbissen, manche sogar mit Elektro-Antrieb oder einem Rahmen aus dem 3D-Drucker. "Es ist Wahnsinn, was mittlerweile alles möglich ist", sagt Kuratorin Faust und weist darauf hin, dass Besuchende im Museumshof einige Räder sogar selbst Probe fahren können.
Fahrrad lässt den Menschen nicht los
"Der eigene Antrieb. Feine Fahrräder" ist eine Ausstellung, die den Blick aufs Fahrrad verändert. Weg vom Geschichtlichen, hin zu all den Raffinessen und Kunstfertigkeiten des Fahrradhandwerks. Denn über all die Jahrhunderte hinweg, stellt Ivan Sojc fest, ist eines doch gleich geblieben: "Der eigene Antrieb, diesen wundervollen Gegenstand Fahrrad immer weiter zu verbessern, lässt die Menschen einfach nicht los."