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Absage der Vorpremiere von "Golda"

Eine ältere Dame steht zwischen mehreren Militärs in Uniform

Rund um den Film "Golda" über die erste Premierministerin Israels gibt es Ärger in Frankfurt: Erst wurde ein Zeitzeugengespräch zur Vorpremiere abgesagt, dann die ganze Preview. Die Veranstalter prangern eine "ungeheuerliche Verunglimpfung" an.

Der Film hat Blockbuster-Potenzial: beruhend auf einer wahren Geschichte, die Hauptfigur eine mächtige Persönlichkeit, in der Hauptrolle ein Hollywood-Star. "Golda - Israels eiserne Lady" ist ein Film über Golda Meir, die erste Premierministerin Israels, gespielt von Oscar-Preisträgerin Helen Mirren.

Die Vorpremiere eines solchen Films würde sich ein Kino normalerweise nicht entgehen lassen, doch das Frankfurter Arthouse-Kino Harmonie hat sie diese Woche abgesagt. Wie es dazu kam, dazu gehen die Darstellungen auseinander. Überhaupt wird vieles nicht ganz klar in dem Fall.

Diskussion um Zeitzeugen

Initiiert hatte die Vorpremiere die Zionistische Organisation Rhein/Main (ZO), andere jüdische Organisationen traten als Mit-Einladende auf. Geplant und in der Programmvorschau des Kinos angekündigt (PDF, Seite 8) worden war eine Preview samt Gespräch mit dem Zeitzeugen David Schiller am 7. Mai - etwa drei Wochen vor dem Kinostart in Deutschland.

Dieser Zeitzeuge hat offenbar Kritiker auf den Plan gerufen. David Schiller hatte als Soldat am Jom-Kippur-Krieg zwischen Israel und arabischen Nachbarstaaten im Jahr 1973 teilgenommen. Später machte er sich als Autor und Berater zu den Themen Schusswaffen, Sicherheit und Terrorabwehr einen Namen.

Zu dem Gespräch über das Wirken von Golda Meir in den 1970er Jahren waren keine Zeitzeugen oder Gesprächspartner von arabischer Seite vorgesehen.

Organisator: Keine Bedenken bei der Polizei

Offenbar bewogen die Reaktionen auf diese Einladung das Harmonie-Kino zu einem Rückzieher. In einer E-Mail an Daniel Hofmann von der Zionistischen Organisation, die dem hr vorliegt, schrieb Kino-Leiter Dimitrios Charistes, dass ihn vermehrt Kritik zu Schiller und seinen Positionen erreiche. Dass es dazu kommen könne, sei weder ihm noch dem Filmverleih Weltkino bei der Planung der Vorpremiere bewusst gewesen.

Es gebe bei einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ernsthafte Sicherheitsbedenken, die er sehr ernst nehme, schrieb Charistes weiter. Deshalb bitte man darum, Schiller von der Vorpremiere auszuladen. Unklar ist, ob es zu konkreten Bedrohungen gegen das Kino oder die Beschäftigten kam.

"Zähneknirschend" habe man dieser Bitte entsprochen, sagte Daniel Hofmann von der Zionistischen Organisation am Donnerstag im Gespräch mit dem hr. Dabei habe ihm die Polizei bestätigt, dass sie nicht von einer erhöhten Gefahrenlage rund um die geplante Vorpremiere ausgehe. Auf eine hr-Anfrage hat die Polizei bislang nicht reagiert.

"Kein Raum für kritischen Dialog"

Für Hofmann völlig unerwartet, wie er sagt, kam dann am Dienstag dieser Woche die Absage der ganzen Veranstaltung. Die Begründung ähnelt im Wortlaut einer schriftlichen Erklärung, die Christopher Bausch, Betreiber der Arthouse-Kinos Frankfurt, zu denen das Harmonie gehört, am Donnerstag auch dem hr zukommen ließ.

Ältere Frau mit einem Glas und einer Zigarette in der Hand

Die geplante Preview, die nicht vom Kino selbst initiiert worden sei, werde "unseren eigenen Diskursvorstellungen nicht mehr gerecht", schrieb Bausch. "Wir möchten stets einen Raum für Meinungsvielfalt, einen offenen Austausch und den kritischen Dialog bieten", heißt es in der Stellungnahme weiter.

"Da wir diese Maxime unserer Diskursvorstellung für die betreffende Sonderveranstaltung nicht mehr zusichern können, müssen wir eine Veranstaltung ersatzlos absagen", informierte Bausch. Gekaufte Tickets würden storniert und das Geld an die Gäste rücküberwiesen. Der Film selbst werde aber wie geplant am 30. Mai in einem der Arthouse-Kinos anlaufen.

Offener Brief: "Ungeheuerliche Verunglimpfung"

Mit einem offenen Brief verurteilten die Veranstalter der geplanten Preview die Absage am Freitag scharf. Die Frankfurter Arthouse-Kinos reihten sich mit ihrer Entscheidung ein in die "besorgniserregende Entwicklung, dass jüdische, israelische und israelbezogene Veranstaltungen immer weniger in der allgemeinen Öffentlichkeit stattfinden können".

Dies sei eine "in der Geschichte der Bundesrepublik präzedenzlose neuerliche Marginalisierungserfahrung", heißt es in dem Brief. Der Vorwurf, im Rahmen der Veranstaltung seien Meinungsvielfalt, offener Austausch und kritischer Dialog nicht gewährleistet, sei eine "ungeheuerliche Verunglimpfung".

"Ausgrenzung des deutsch-israelischen Dialogs"

Stattdessen sei die "tatsächliche Verengung des Diskurses" in der Absage der Veranstaltung zu verorten. Die Entscheidung trage "in der Konsequenz zur Verunsicherung unter Jüdinnen und Juden sowie zur Ausgrenzung des deutsch-israelischen Dialogs bei".

Unterzeichnet ist der Brief außer von der ZO von sieben weiteren Vereinen, die Mitveranstalter der geplanten Preview waren - darunter der Sportverband Makkabi Frankfurt und die jüdische Frauenorganisation Wizo.

"Vor vollendete Tatsachen gestellt"

Im Gespräch mit dem hr kritisierte Nicole Faktor von Wizo am Donnerstag zudem, die Kinomacher seien entgegen ihrer eigenen Aussage "nicht willens, wirklich den Dialog zu suchen". ZO-Vertreter Daniel Hofmann ergänzte: "Die haben uns vor vollendete Tatsachen gestellt."

Ein Gespräch mit dem hr zu den am Donnerstag erhobenen Vorwürfen lehnte Bausch mit Verweis auf die schriftliche Stellungnahme ab. Für eine Reaktion auf den offenen Brief war er am Freitag zunächst nicht zu erreichen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikel hatten wir geschrieben, David Schiller habe am Sechs-Tage-Krieg als Soldat teilgenommen. Das ist falsch. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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