Zwei Frauen sitzen auf einem Sofa, ein Mikrofon in der Hand

Sich in der Mitte des Lebens noch einmal radikal zu verändern, im Beruf, familiär oder in der Liebe: Das kostet Mut. hr-Moderatorin Susan Atwell trifft in ihrem neuen Podcast Frauen, die diesen Schritt gewagt haben – mehr oder weniger freiwillig.

Für ihren neuen Podcast "mutMacherinnen" trifft die maintower-Moderatorin Susan Atwell ab 17. Juli Frauen, die sich in der Mitte ihres Lebens radikal verändern. Sie haben einen ganz neuen Beruf ergriffen oder sich zu einer neuen Liebe bekannt.

Es sei ihr wichtig zu zeigen, dass die Lebensphase um 40, 50 Jahre eine gute für einen Neustart sein kann, erklärt Atwell. Auch sie selbst erlebte mit Anfang 40 einen schmerzhaften Umbruch.

Privatinsolvenz mit Anfang 40

Als Moderatorin beim Privatsender ProSieben ist sie um die Jahrtausendwende ein deutschlandweit bekanntes Fernsehgesicht. Sie moderiert Sendungen wie "Sam" und "cinema TV" und berichtet live von den Oscar-Verleihungen.

Doch nach zwei Fehlinvestitionen verliert sie 2010 ihr gesamtes Vermögen. Sie muss Privatinsolvenz anmelden. Ihre beiden Töchter zieht sie zeitweise alleine auf.

Zwei Frauen lächeln in die Kamera

Älter werden vor der Kamera

Einen Neustart hat sie dann unter anderem im hr-fernsehen, wo sie seit nunmehr 14 Jahren das Boulevard-Magazin maintower präsentiert.

"Das Alter macht etwas mit mir, auch als Frau in den Medien. Jeder kann vergleichen: damals und heute. Vor der Kamera älter zu werden, ist also noch einmal etwas anderes", so Atwell. Dieses Thema treibe sie um, "und aus diesem Gefühl heraus ist die Idee für diesen Podcast entstanden", erzählt die 55-Jährige.

Kündigung als Chance

Für ihn trifft Atwell Menschen wie Jeanette Bouffier. Mit Anfang 50 sagt sie von sich, sie sei beruflich angekommen. Der Weg dorthin war voller Höhen und Tiefen.

In Amerika, wo ihre Tante lebt, beginnt die Wiesbadenerin ihre Karriere. Für eine Werbeagentur arbeitet sie zunächst in New York, später in Deutschland. Acht Jahre lang 70 Stunden die Woche. Sie hat kein Familienleben, kaum Zeit für Hobbies. "Mein Pferd bin ich nachts geritten", erinnert sich Bouffier. 

Die Kündigung in der Finanzkrise 2022 ist deshalb für sie kein Drama, sondern eine Chance. Sie geht nach Australien, hat verschiedene Jobs. Unter anderem reitet sie Wildpferde ein.

Eine Ranch als Lebensinhalt

Bei einem Job nahe Sydney verliebt sie sich in den Sohn des Ranch-Besitzers. "Die Familie, die Farm, die Tiere, die Pferde, das ganze Leben dort: Das war Freiheit", schwärmt Bouffier.

Als die Beziehung in die Brüche geht, verliert sie alles. Sie geht zurück nach Deutschland und hat das Gefühl: "Mein Leben läuft eigentlich in Australien ab - ohne mich." Jeanette Bouffier fällt in eine Depression.

Bauchgefühl entscheidet

Zuerst versucht sie, sich mit neuen Aufgaben abzulenken. Sie lernt Schweißen, lässt sich zum Coach ausbilden. Dann kommt eine Freundin mit einer ungewöhnlichen Idee auf sie zu: ein Startup, bei dem künstliche Intelligenz alte Menschen aus der Isolation hilft.

Bouffier steigt ein, wird Co-Gründerin und findet eine neue Aufgabe. "Ich dachte immer, dass meine Erfahrungen irgendwo zusammenlaufen. Und mein Bauchgefühl sagte mir: Hier bin ich richtig." Heute würde Bouffier ihrem Vergangenheits-Ich vor allem eins empfehlen: "Noch mutiger sein, noch mehr mitnehmen, noch mehr experimentieren."

Ehemann, Kinder - und ein neuer Wunsch

Sich im mittleren Alter verlieben – aber zum ersten Mal in eine Frau. Das erlebte Yvonne Ford mit 48 Jahren. Auch sie erzählt Atwell in einer Podcast-Folge ihre Geschichte. Die gebürtige Amerikanerin wächst in den Südstaaten von Amerika auf. "Das war eine sehr konservative Gegend, die auch Bible Belt genannt wird", erinnert sich Ford. Wo sie sich bewegte, seien nur heteronormative Lebensentwürfe sichtbar gewesen.

Zwei Frauen lachen in die Kamera

Nach Deutschland zieht Ford für einen Job. Sie will sich mit politischer Bildung und entwicklungspolitischen Themen beschäftigen. Im Gepäck: ihre Familie. Sie findet sich ein in den neuen Job, lernt die Sprache und fasst in Deutschland Fuß. "Nach der ganzen Mühe wollte ich auch bleiben", erinnert sie sich. Mit ihrem Mann, den Kindern und ihrem Job war sie sicher, ihren Lebensweg gefunden zu haben.

Gefühle ernst nehmen

Mit Frauen hatte Ford bis dahin immer intensive Freundschaften. Überrascht war sie, als mit 48 der Wunsch in ihr aufkommt, mit einer Frau zusammen zu sein. "Allmählich merkte ich, dass mein Interesse an dieser Frau immer tiefer wurde. Es breitete sich aus", erinnert sie sich. "Der Wunsch hat mich zunächst verunsichert, weil ich verheiratet war. Die Kinder waren in der Schule oder hatten gerade die Uni angefangen." Auch ihr christlicher Hintergrund habe sie verunsichert.

Heute rät Yvonne Ford Frauen, die die gleiche Erfahrung machen, die neuen Gefühle ernst zu nehmen. Die 75-jährige Frankfurterin hat eine Initiative gegründet, in der sie lesbischen Frauen ab 49 eine Möglichkeit zum Austausch geben will.

Sie will ihnen zeigen, dass "Frauen, die später im Leben ihre Liebe zu Frauen entdecken und leben, nicht zu spät dazu gekommen sind", sagt Ford. "Natürlich spät in ihren Leben, aber auch gerade richtig für ihren Lebensweg."

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