Große Themen und viel Glamour Filmfestival bringt Vielfalt des türkischen Kinos nach Frankfurt
In Frankfurt wird der rote Teppich ausgerollt: Das Türkische Filmfestival zeigt bis Mittwoch sehenswerte Filme aus der Türkei und von türkischen Filmschaffenden. Vor 25 Jahren startete es als ehrenamtliches Projekt, heute hat es sich zu einem der wichtigsten Foren für türkische Filme in Deutschland entwickelt.
Es ist ein waghalsiges Unterfangen. Eine Gruppe Musik- und Theatertalente um den Komponisten Ahmed Adnan will die erste türkische Oper inszenieren. Es ist 1923, Kemal Atatürk hat gerade die neue Republik ausgerufen.
Davon erzählt das epische Filmdrama "Ein Lied der Republik". Es ist der Eröffnungsfilm des Türkischen Filmfestivals Frankfurt. Festivalleiter und -gründer Hüseyin Sitki und sein Team möchten damit an die liberale Gründungsidee der Türkei erinnern, weil diese zunehmend verloren gehe und die heutigen Entwicklungen "viele Menschen beängstigen", so Sitki.
Filme, Glamour, Preise
Die Filme im Programm des Türkischen Filmfestivals haben aber nicht nur oft eine wichtige Botschaft. Sie bringen auch prominente türkische Filmschaffende zu Diskussionsabenden und zur großen Eröffnungsgala nach Frankfurt. Denn ein wenig Glamour rund um die Eröffnung und die Verleihung der diversen Filmpreise muss sein, erst recht zum 25. Geburtstag. Auch der türkische Serienliebling Salih Bademci, der im Film "Ein Lied der Republik" die Hauptrolle spielt, kommt am Samstag zur Eröffnungsgala an den Main.
Von acht zu 60 Filmen
Dass das Türkische Filmfestival Frankfurt einmal so groß und wichtig werden würde, hat Hüseyin Sitki nicht erwartet: "Wir haben mit acht Filmen angefangen. Ohne Büro, ohne Budget, nur mit Überzeugung und einer Handvoll Unterstützern." Das Filmfestival sollte eigentlich nur ein- bis zweimal stattfinden, so die Idee.
Heute, 25 Jahre später, ist das Türkische Filmfestival mit mehr als 60 Kurz-, Dokumentar- und Spielfilmen eines der größten Filmfestivals in Frankfurt. Und es ist eines der wenigen türkischen Filmfestivals in Deutschland, wo mit rund drei Millionen Menschen der größte türkische Bevölkerungsanteil außerhalb der Türkei lebt.
"Türkische Stimmen, globale Geschichten"
Dabei kommen längst nicht nur türkische Zuschauerinnen und Zuschauer, erzählt Festivalleiter Hüseyin Sitki, sondern auch viele Deutsche und Menschen aus den verschiedenen Balkanländern. Diese Vielfalt freut Sitki besonders, denn er habe das Festival konzipiert, um Menschen zusammenzubringen: "Für den Austausch, für einen Dialog und für kulturelle Teilhabe. Um einfach sichtbar zu sein, gesehen zu werden, gehört zu werden und auch verstanden zu werden."
Das Motto des Türkischen Filmfestivals Frankfurt 2025 lautet "Türkische Stimmen, Globale Geschichten". Für den gegenseitigen Austausch und ein besseres Verstehen gibt es für Sitki nichts Geeigneteres als das Medium Film. Denn Bilder sagen mehr als tausend Worte. Und die Geschichten der türkischen Filme seien universell. "Sie erzählen von Widerstand, Liebe, Armut, Generationenkonflikten und so weiter, das berührt alle Menschen. Egal ob man in Frankfurt, Anatolien oder den USA lebt", so Sitki.
Klassenkampf statt Migrationshintergrund in "Ellbogen"
Eine dieser "globalen Geschichten" erzählt der Film "Ellbogen" - eine deutsche Produktion der Filmemacherin Asli Özarslan. Darin geht es um die 17-Jährige Hazal. Sie steckt voller Wut, muss sich um ihre erste Arbeitsstelle kümmern. Im Alltag erlebt sie Diskriminierung und Ausgrenzung. Dann geraten sie und ihre Freundinnen in einer Party-Nacht in eine folgenschwere Auseinandersetzung.
Regisseurin Asli Özarslan ging es dabei nicht so sehr um den so genannten "Migrationshintergrund" der Mädchen. Vielmehr sei es eine Klassenfrage, wenn Jugendliche in einer Familie mit geringen finanziellen Mitteln aufwüchsen und mit anderen Jugendlichen konkurrierten, die mehr Ressourcen zur Verfügung haben.
"Da entsteht eben ein Kampf von unten nach oben, den man eigentlich in dem Alter gar nicht führen will," so Asli Özarslan. Die Regisseurin ist selbst als Kind von so genannten "Gastarbeitern" in Deutschland aufgewachsen. Sie hat studiert, unter anderem Film, und in dieser Zeit auch mehrere Jahre das Türkische Filmfestival Frankfurt ehrenamtlich unterstützt.
Filme aus der Türkei haben es schwer in Deutschland
Dass das Frankfurter Festival die Vielfalt des türkischen Kinos nach Deutschland bringt, findet Asli Özarslan wichtig. Denn anders kämen kaum türkische Produktionen hierher. "Ich glaube, dass bei den großen Filmverleihern manchmal immer noch eine Scheu ist, und, dass es deshalb nicht immer so einfach ist. Außer man ist eben ein großer Name", so Özarslan.
Nur durch Festivals wie das Türkische Filmfestival Frankfurt könnten diese kleineren, oft unabhängigen Produktionen einem breiten Publikum gezeigt werden. "Das ist ja ein Publikumsfestival. Und dadurch sehen viele Leute: ah, das ist das türkische Kino!", sagt die Regisseurin. "Das ist eine Wahnsinnsleistung."
Das Jubiläumsprogramm
Das Türkische Filmfestival Frankfurt hat in den 25 Jahren seines Bestehens laut eigenen Angaben rund 85.000 Besucher angelockt und knapp 1.000 türkische Filme gezeigt. Meist sind es unabhängige Filme abseits des Mainstreams, die künstlerisch anspruchsvoll und ausdrucksstark sind und bewegende Themen behandeln. So auch in diesem Jubiläumsjahr.
Da ist zum Beispiel die bewegende Geschichte "Hevi" ("Die Hoffnung"), über ein gehörloses, stummes Mädchen, das durch die enge Freundschaft zu einem Schaf ihre Stimme findet. Oder der tiefgründige wie witzige Film "Mukadderat" ("Schicksal"), der von einer alten Frau erzählt, die nach dem Tod ihres Mannes noch einmal heiraten und sich mit einer Geschäftsidee selbständig machen möchte. Gegen den Widerstand der eigenen Kinder. Ihr Streben nach Selbstbestimmung inspiriert auch andere Frauen in der Gemeinde.
Filme im Gefängnis und im Seniorenheim
Seit Jahren bringt das Türkische Filmfestival seine Filme auch ins Frankfurter Umland - und an Orte außerhalb der typischen Kinosäle: in Seniorenheime, Schulen und Justizvollzugsanstalten. Denn Festivalleiter Hüseyin Sitki ist überzeugt: "Alle Menschen sollten Zugang zu Kunst oder Kultur haben."
Sein großes ehrenamtliches Engagement hat dem Team des Türkischen Filmfestival Frankfurt eine Menge Auszeichnungen eingebracht, vom Bundesverdienstkreuz, über die Goetheplakette, bis zum Integrationspreis der Stadt Frankfurt. Jetzt, zum 25. Geburtstag, spendiert die Stadt zum ersten Mal auch ein Budget: für die erste feste Stelle des Türkischen Filmfestivals Frankfurt. Das ist gut. Denn Hüseyin Sitki und sein Team haben noch viel vor.