Sektenmord in Hanau von 1988 Sohn in Sack erstickt - BGH hebt Freispruch der Mutter auf

Im Fall eines mutmaßlichen Sektenmords an einem vierjährigen Jungen vor fast 36 Jahren hat der Bundesgerichtshof einen Freispruch aufgehoben. Damit muss über eine Mitschuld der Mutter erneut verhandelt werden.

Ein Stapel Akten liegt auf einem Tisch. Daneben ist ein Mikrofon zu sehen.
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Das Landgericht Hanau hatte die Anhängerin einer Sekte im Oktober 2022 vom Vorwurf des Mordes an ihrem vierjährigen Sohn freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte daraufhin Revision gegen das Urteil ein - mit Erfolg: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Freispruch nun aufgehoben. Der Fall werde an das Landgericht Frankfurt zurückverwiesen, teilte der BGH am Mittwoch mit.

Der Junge soll im August 1988 in einem über dem Kopf verschnürten Sack erstickt sein. Die Staatsanwaltschaft hatte der Mutter vorgeworfen, ihren Sohn in den Sack gesteckt, diesen oben verschnürt und das Kind in die Obhut einer mutmaßlichen Sektenführerin gegeben zu haben. Diese wurde in einem gesonderten Prozess wegen Mordes verurteilt.

"Fehler in der Beweisführung"

Das Landgericht sprach die Mutter hingegen aus Mangel an Beweisen frei. Nach einem gut einjährigen Prozess habe sich nicht nachweisen lassen, dass die Mutter die Tat begangen habe. Der BGH hob diesen Freispruch nun "wegen sachlich-rechtlicher Fehler in der Beweisführung" auf.

"Die Strafkammer hat ihre Annahme, es sei nicht erwiesen, dass es die Angeklagte war, die den Sack über dem Kopf des Kindes verschnürt habe, nicht rechtsfehlerfrei begründet", urteilte das höchste deutsche Gericht in Strafverfahren. So seien Telefonate abgehört, aber die Ergebnisse nicht hinreichend gewürdigt worden.

Sektenführerin zu lebenslanger Haft verurteilt

Der Fall hat bereits eine lange Geschichte. Er kam erst nach vielen Jahren durch Medienrecherchen überhaupt ans Licht. Im September 2020 wurde die Sektenanführerin in Hanau wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil gegen sie im Mai 2022 jedoch wegen eines Rechtsfehlers auf und verwies das Verfahren nach Frankfurt. Am dortigen Landgericht wurde sie im November 2023 in einem neuen Verfahren erneut wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Verteidigung hat gegen das Urteil des Frankfurter Landgerichts Revision eingelegt.

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hr-Podcast "Verurteilt!" zum Sekten-Prozess

Um den "Sekten-Prozess" geht es auch in zwei Folgen des hr-Podcasts "Verurteilt! Der Gerichtspodcast". Hier geht es zu Teil 1 und zu Teil 2.

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Sendung: hr-iNFO, 24.04.2024, 16 Uhr

Redaktion: Emal Atif

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Quelle: AFP, dpa/lhe