Raststätte Gräfenhausen Osteuropäische Lkw-Fahrer wollen streiken, bis sie ihr Geld bekommen

An der Autobahn-Raststätte Gräfenhausen streiken weiterhin mehr als 60 osteuropäische Lkw-Fahrer. Gewerkschafter unterstützen die Streikenden. Politiker und Verbände mahnen Veränderungen im internationalen Transportwesen an.

Streikende Lkw-Fahrer mit Getränkeflaschen
Noch ist die Stimmung gut unter den streikenden Lkw-Fahrern an der A5 Bild © picture-alliance/dpa
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An der Raststätte Gräfenhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) dauert der Streik vorwiegend aus Georgien und Usbekistan stammender Lkw-Fahrer an. Nach Angaben von Gewerkschaften stehen dort mittlerweile 63 Lastwagen. Die Fahrer warten nach eigenen Angaben seit bis zu zwei Monaten auf ihr Geld.

Unterstützung von Anwohnern und Kollegen

Unterstützung vor Ort erhalten sie von Vertretern des Beratungsnetzwerks Faire Mobilität des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Beraterin Anna Weirich sprach gegenüber dem hr von einer schwierigen Versorgungslage.

Gleichwohl gebe es viel Unterstützung von Menschen aus der Umgebung. "Es kommen auch immer wieder deutsche Kollegen vorbei, bringen Essen, Zigaretten und was man halt so braucht." Weirich betonte, dass die Fahrer ihren Streik fortsetzen wollen, bis sie ihr Geld bekommen.

Laut Weirich handelt es sich bei den Transporten multinationaler Unternehmen um einen stark fragmentierten und unübersichtlichen Sektor. Die Transportaufträge würden an Speditionen und Subunternehmer vergeben.

Häufig fehle den Unternehmen selbst der Überblick über ihre Lieferketten. Diese Firmen müssten aber für die Einhaltung von Menschenrechten und fairer Bezahlung beim Transport ihrer Waren in die Pflicht genommen werden.

Für Aufsehen hatte am Karfreitag das Erscheinen einer polnischen Pseudo-Miliz auf dem Parkplatz gesorgt. Die offenbar von einem polnischen Spediteur beauftragte Truppe rückte mit gepanzerten Fahrzeugen an. Die Männer versuchten, in die abgestellten Lastwagen einzudringen. Nach Worten von DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell, der den Vorfall miterlebte, wollte die Truppe die Fahrer einschüchtern und die Lkws mitnehmen.

Die Panzerfahrzeuge gehörten zur "Detektei Rutkowski", einer Art Privat-Polizei des polnischen Unternehmers und ehemaligen EU-Abgeordneten Krzysztof Rutkowski. In Polen hat Rutkowski immer wieder mit ähnlichen Einsätzen von sich reden gemacht. Die hessische Polizei rückte mit Hunden und einem Großaufgebot an, um eine Eskalation zu verhindern. Sie nahm den Spediteur und 18 weitere Personen vorübergehend fest. Die Ermittlungen gegen sie laufen noch.

Linke fordert mehr Kontrollen

Pascal Meiser, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Linken im Bundestag, forderte am Dienstag mehr Kontrollen durch die Behörden. "Beim grenzübergreifenden Gütertransport ist der Ausbeutung der Kraftfahrer weiter Tür und Tor geöffnet", sagte er. Die Bundesregierung müsse die Befugnisse des Bundesamts für Logistik und Mobilität ausbauen, damit zumindest krasse Fälle von Arbeitsausbeutung leichter geahndet werden könnten.

Auch der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) mahnte Verbesserungen an. "Die teilweise unzumutbaren Arbeitsbedingungen bei osteuropäischen Speditionen und Transportunternehmen, die vielfach mit Dumpingpreisen im westeuropäischen Transportmarkt aktiv sind, werden von uns schon seit langer Zeit angeprangert", sagte Sprecher Martin Bulheller am Dienstag.

Deutschen Speditionen fehlen die Fahrer

"Deutsche Transportunternehmen leiden unter einem seit Jahren immer mehr zunehmenden Fahrermangel", so Bulheller. Viele der Mitgliedsunternehmen würden georgische oder usbekische Lastwagenfahrer "lieber heute als morgen zu deutschen Konditionen einstellen", dürften es aber nicht.

Am Mittwoch wollen nach Worten von Körzell auch georgische Gewerkschafter zur Raststätte Gräfenhausen kommen, um mit den streikenden Fahrern zu sprechen. Außerdem habe sich ein Team angekündigt, das medizinische Hilfe leisten will, da es einigen Fahrern inzwischen nicht sehr gut gehe.

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Sendung: hr4, 11.4.2023, 12.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de/Uwe Gerritz, dpa/lhe