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Fahnder durchsuchen Rathaus in Raunheim

Zeitgenössiches Gebäude mit Glasfassade, auf einem Platz mit Straße und Bushaltestelle stehend.

Fahnder haben das Rathaus in Raunheim wegen Untreue-Verdachts durchsucht. Es geht um das Ferienhaus des ehemaligen Bürgermeisters Jühe (SPD) in Österreich, das städtische Mitarbeiter ausgebaut haben sollen.

Die Staatsanwaltschaft Darmstadt ermittelt, ob Gelder der Stadt Raunheim veruntreut wurden. Bei der Razzia am frühen Freitagmorgen ließen sich Polizisten und Fahnder des Betrugsdezernats gegen 6.30 Uhr die Rathaus-Tür öffnen. Ob Akten und Technik mitgenommen wurden, ist nicht bekannt.

Wie ein Sprecher der Anklagebehörde dem hr sagte, ging es bei den Durchsuchungen um das Ferienhaus des Ende 2022 verstorbenen langjährigen Bürgermeisters Thomas Jühe (SPD) in Österreich. Städtische Mitarbeiter sollen das Haus auf Kosten der Stadt ausgebaut haben. 

Bürgermeister Rendel: Stadt kooperiert mit Behörden

Der amtierende Bürgermeister David Rendel (SPD) befindet sich derzeit im Urlaub. Schriftlich teilte er dem hr am Freitag mit, die Stadt kooperiere vollumfänglich mit allen Behörden.

"Ich möchte darauf hinweisen, dass die Durchsuchung des Rathauses zu diesem Zeitpunkt keine Schuld oder Verwicklung seitens der Stadtverwaltung oder ihrer Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter impliziert", betonte Rendel. Die Ermittlungen befänden sich in einem frühen Stadium.

Beförderungen wegen Nähe zu Jühe

Die mögliche Günstlingswirtschaft in Raunheim soll auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung ein Akteneinsichtsausschuss durchleuchten. Die Abgeordneten wollen so Einblick nehmen in die gesamte Personalpolitik der vergangenen fünf Jahre. Im Fokus stehen dabei mehr als ein halbes Dutzend Mitarbeiter. Sie sollen wegen ihrer damaligen Nähe zu Jühe befördert worden sein.

In anderen Fällen geht es um monatliche Gehaltszulagen zwischen 500 und 1.000 Euro, die einzelnen Mitarbeitern gewährt wurden, weil sie sonst in die Wirtschaft abgewandert wären. Auch hier laufen Untreue-Ermittlungen.

Hausmeister ohne Qualifikation aufgestiegen

Für besondere Empörung sorgt in der 17.000-Einwohnerstadt der Fall eines Hausmeisters, der als enger Vertrauter Jühes galt und im Vorstand der örtlichen SPD ist. Er stieg aus der unteren Gehaltsgruppe für "technische Mitarbeiter" in eine um rund 1.000 Euro brutto besser bezahlte Gruppe für Verwaltungsfachkräfte auf, ohne die dafür notwendigen Qualifikationen nachweisen zu können. 

Dokumente, die dem hr vorliegen, legen nahe, dass der Hausmeister während seines Dienstes am privaten Ferienhaus Jühes in Österreich arbeitete. Auch weitere Mitarbeiter, die in den Genuss von Beförderungen oder Zulagen gekommen sind, sollen beim Ausbau des Hauses geholfen haben. Die Arbeitseinsätze sollen verwaltungsintern als "Teambuilding-Maßnahmen" abgerechnet worden sein.

Fragwürdige Provisionszahlungen

Bei der Organisation und Umsetzung der Auslandseinsätze soll ein Amtsleiter der Stadt direkt involviert gewesen sein. Das geht aus Chatverläufen hervor, die dem hr vorliegen. Er soll in den vergangenen Jahren für den Verkauf städtischer Grundstücke rund 800.000 Euro Provision bekommen haben. Das Geld soll zusätzlich zu seinem Gehalt gezahlt worden sein. Beschlossen wurden die Zahlungen noch unter Führung von Jühe.

Anmerkung der Redaktion: In der ersten Version des Beitrags hieß es, Grund für die Durchsuchungen seien die Provisionszahlungen und der Arbeitseinsatz in Österreich. Diese Auskunft hatten wir am Morgen von einem Sprecher der Staatsanwaltschaft Darmstadt bekommen. Auf Rückfrage am Mittag erklärte der Sprecher, die Provisionszahlungen seien nicht Anlass für die Dursuchungen gewesen. 

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