Rettung fürs "Waldschlösschen" Wie eine verfallene Gaststätte zu neuem Leben erwacht

Seit drei Jahren ist die Gaststätte "Waldschlösschen" bei Großalmerode geschlossen – einst ein beliebtes Ausflugslokal, zuletzt dem Verfall preisgegeben. Doch das wollen Freiwillige nicht hinnehmen: Sie haben einen Verein gegründet und arbeiten an der Wiedereröffnung.

Zu sehen ist eine Gaststätte in Holzbauweise in einer Waldlichtung. Auf einem Schild steht das Wort Waldschlösschen.
Zuletzt moderte es vor sich hin. Bald soll das "Waldschlösschen" in Großalmerode wieder ein kleines Paradies sein. Bild © Team Waldschlösschen

In den Erinnerungen der Menschen in Großalmerode (Werra-Meißner) ist dieser Ort ein Paradies. "Als Kind habe ich hier am Wasser gespielt. Das war herrlich", sagt Egon Schmidtke. "Ich war immer mit meinen Eltern hier, habe eine Currywurst gegessen. Das war einfach immer super", sagt Kevin Böttner. "Sonntagmorgens gab es schönen Schmandkuchen, wir haben immer die Fische im Teich gefüttert, das sind Erinnerungen, die vergisst man nicht", erzählt Thomas Gude.

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All diese Erinnerungen führen an denselben Ort: die Gaststätte im Fahrbachtal im Kaufunger Wald. Doch das Paradies von einst ist verschwunden. Vor drei Jahren ging in der Gaststätte das letzte Bier über den Tresen.

Im Jahr 1952 hatte Otto Dummer das "Waldschlösschen" erbaut, direkt an einem Bachlauf, umgeben von Bäumen. Die letzte Pächterin konnte die notwendige Modernisierung des Gebäudes nicht schultern, hieß es im vergangenen Jahr von Großalmerodes Bürgermeister Finn Thomsen (parteilos). Es stand sogar im Raum, dass die Gaststätte abgerissen wird.

Rund 170 Vereinsmitglieder setzten sich für "Waldschlösschen" ein

Doch dazu sollte es nicht kommen. Ende vergangenen Jahres hat sich der Verein "Team Waldschlösschen Großalmerode im Kaufunger Wald" gegründet. Rund 170 Mitglieder gibt es mittlerweile. Ihr Ziel: Das "Waldschlösschen" soll wieder öffnen - und dann so aussehen wie auf einer alten Postkarte aus dem Jahr 1969. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.

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Man blüht selber nochmal hier auf, auch wenn man nach der Arbeit kaputt ist. Wenn man diese Gemeinschaft sieht und was wir bisher geschafft haben – das ist einfach nur herzergreifend. Zitat von Kevin Böttner, Vereinsmitglied
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Kevin Böttner zählt mit seinen 34 Jahren zu den Jüngsten im Waldschlösschen-Team. Seiner Familie gehört ein Dachdecker-Betrieb. "Deshalb haben wir auch die Materialien und das Werkzeug ", sagt er. Böttner zählt zu denen, die mit anpacken. "Man blüht selber nochmal hier auf, auch wenn man nach der Arbeit kaputt ist. Wenn man diese Gemeinschaft sieht und was wir bisher geschafft haben – das ist einfach nur herzergreifend."

Alles per Hand, ohne Kran

Geschafft haben die Freiwilligen schon einiges. Direkt an der Mäuseborn-Quelle wird gesägt, gehämmert, geräumt. Die alte Holzverkleidung an der Fassade ist schon abgerissen und durch neue ersetzt, alles per Hand, ohne Kran. "Wir arbeiten jetzt seit März daran", sagt Thilo Wiegand, Vereins-Vorsitzender und Initiator des Projekts. "Jetzt ist wieder Rohbauzustand."

Das Bild zeigt Arbeiter vor dem Waldschlösschen in Großalmerode. Im Vordergrund stapeln sich alte Holzlatten. Im Hintergrund ist ein Anhänger zu sehen.
Viel Arbeit für die Ehrenamtlichen: In den vergangenen Monaten wurde unter anderem die Fassade vom "Waldschlösschen" entfernt. Bild © Team Waldschlösschen

Dass eine stillgelegte Gaststätte wieder eröffnet, hat Seltenheitswert – insbesondere auf dem Land. Im Jahr 2023 hat deutschlandweit jede zehnte Gaststätte aufgegeben, ergab eine Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Laut Gaststätten- und Hotelverband Dehoga in Hessen ist die Branche in der Krise. Das liege an den gestiegenen Kosten, aber auch am Personalmangel.

Land Hessen legt Förderprogramm für Gaststätten auf

Das Hessische Heimatministerium hat vor diesem Hintergrund kürzlich ein Förderprogramm für Gaststätten im ländlichen Raum gestartet. Investitionen ab 15.000 Euro können mit einem Zuschuss von 45 Prozent unterstützt werden. "Unsere Gasthäuser sind mehr als nur Orte der Bewirtung – sie sind lebendige Treffpunkte, die das soziale Miteinander stärken und unsere kulturelle Identität prägen", betont Heimatminister Ingmar Jung. 

Das Bild zeigt die Baustelle am Waldschlößchen in Großalmerode. An dem Haus steht ein Baugerüst, vorne liegt eine Plane. Am Bildrand steht ein Traktor.
Schon fertig: So sieht die neue Fassade vom "Waldschlösschen" aus. Bild © Team Waldschlösschen

Das Waldschlösschen-Projekt in Großalmerode hat auch schon Fördergelder beantragt, finanziert sich aber ansonsten vor allem über Spenden und Vereinsbeiträge. "Jeder, der hier arbeitet, hat schon das Portemonnaie aufgemacht und etwa Kosten für die Müllentsorgung selbst gezahlt", sagt Schatzmeister Joachim Weiser. Als Nächstes stehen der Einbau einer neuen Küche auf dem Plan; auch Fenster und Türen müssen getauscht, Böden und Elektrik erneuert werden.

Im nächsten Jahr soll das "Waldschlösschen" wieder eröffnen

"Das sind alles Amateure hier, alles freiwillige Leute. Gucken Sie mal, was jetzt schon daraus geworden ist", sagt der 71-jährige Schmidtke, der zwar selbst nicht mehr so richtig anpacken kann, aber auch Mitglied im Verein ist. "Ich bewundere diese Jungs."

Im Laufe des kommenden Jahres soll das "Waldschlösschen" zumindest an den Wochenenden wieder öffnen. "Da kann man als Großalmeröder nur froh sein, vielleicht gehe ich dann mit meinen Enkelkindern hier her", sagt Egon Schmidtke.

Das Paradies im Kaufunger Wald - es ist doch noch nicht Geschichte.

Sendung: hr4,

Quelle: hessenschau.de

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3 Kommentare

  • Ganz oben auf der Liste ist das Oberforsthaus in Frankfurt. Es ist ein Hammer, wenn man dort vorbei fährt und das Gebäude ( mittlerweile zumindest überdacht) sieht.

  • Ja,bei uns im Odenwald werden diese Lokale auch immer weniger.
    Keiner will Abends lange Arbeiten,am Wochenende oder an Feiertage arbeiten .
    Idealisten gibt es wenige !
    Schade eigentlich.

  • Einfach fantastisch!!!!!
    Es gibt sie noch, diese guten Nachrichten und Menschen, die solche Mühe für die Gemeinschaft auf sich nehmen.
    Es ist wunderbar