Eine Katze sitzt in einem Käfig.

Verwildert, scheu und oft krank streunen sie durch unsere Städte und Gemeinden: Allein in Frankfurt wird die Zahl der Straßenkatzen auf 18.000 geschätzt. Tierschützer wollen die Tiere einfangen und kastrieren lassen.

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Hilfe für Straßenkatzen

Eine Katze im Freien bei Nacht
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Draußen ist es dunkel, etwa 21 Uhr und damit startet die nächtliche Fangaktion von Tierschützerin Sirikit Treiling. Sie ist Vorsitzende des Tierschutzvereins Felina Sicily aus Frankfurt. Ungefähr zwei Mal in der Woche zieht sie nachts durch Frankfurts Stadtgebiet, um Katzen, die auf der Straße leben, ehrenamtlich einzufangen.

Menschen aus der Nachbarschaft meldeten einen streunenden Kater, der ihr heute in die Falle gehen soll. Ziel der Fangaktion ist es, die Katzen am nächsten Tag kastrieren zu lassen. Dazu arbeitet die Katzenschützerin mit Tierärztinnen und Tierärzten zusammen, die das Ehrenamt unterstützen, finanziert werden die Kastrationen durch Spenden. 140 Katzen fängt der Verein Felina Sicily nach eigenen Angaben durchschnittlich im Jahr.

Kaum Überlebenschance für Straßenkatzen

Deutschlandweit wird die Zahl auf zwei Millionen Straßenkatzen geschätzt. Zahlen zu hessischen Streunern werden laut dem Landestierschutzverband Hessen e.V. "nur von den jeweiligen Katzenschutz- undTierschutzvereinen selbst erfasst". Der Verein Felina Sicily geht von 18.000 Straßenkatzen in Frankfurt aus.

Die Tiere lebten zurückgezogen auf verlassenen Industriegeländen, Brachen oder Schrebergärten. Damit bliebe ihre Existenz laut Tierschutz oft im Verborgenen. Bis zu 75 Prozent der Jungtiere, die auf der Straße geboren werden, erreichen nach Angaben des deutschen Tierschutzbundes nicht den sechsten Lebensmonat.

Fast alle Straßenkatzen sind krank

Typische Anzeichen für eine Straßenkatze sei die äußere und innere Verwahrlosung, erklärt Sirikit Treiling. "Wir erkennen Straßenkatzen an ihrem Verhalten. Sie sind Menschen gegenüber sehr scheu. Oft haben sie Verletzungen, zugeklebte Augen oder ungesundes Fell."

Tierärztin Kirsten Tönnis aus Hattersheim arbeitet ehrenamtlich mit den Tierschützern zusammen. Sie kastriert und versorgt die eingefangenen Katzen, die unter verschiedenen Krankheiten leiden: Parasiten, Würmern, offene Wunden von Katerkämpfen, aber auch Katzen-Aids und Katzenschnupfen.

Kaum eine Straßenkatze sei gesund, so die Tierärztin. "Die meisten leiden unter schlimmen Katzenschnupfen. Dabei sind die Augen so verklebt, dass sie die kaum noch aufmachen können. Häufig sterben sie anschließend an Lungeninfektionen".

Was, wenn die Katze doch jemandem gehört?

Um sicher zu gehen, dass ihr wirklich eine Straßenkatze in die Falle gegangen ist, kontrolliert Sirikit Treiling die Tiere auf einen Mikrochip, den die meisten Hauskatzen unter der Haut trügen und mit dem sie im Haustierregister registriert sind. Das Chippen von Katzen sei in Deutschland aber keine Pflicht, so Treiling, daher könne sie sich nie zu 100 Prozent sicher sein, ob ein gefangenes Tier nicht doch eine Besitzerin oder einen Besitzer habe.

"Wenn wir eine Katze kastrieren lassen, bei der sich später herausstellt, dass sie einen Besitzer hat, könnte man mich und den behandelnden Tierarzt wegen Sachbeschädigung anzeigen." Dieses Risiko gehe sie aber ein.

Eine Katze liegt betäubt auf einem Operationstisch.

Leid verhindern durch Kastrationsverordnung

Um die unkontrollierte Vermehrung der Straßenkatzen zu stoppen, fordern Tierschutzorganisationen eine Kastrationspflicht für Tiere, die zwar in einem Haushalt leben, aber draußen frei rumlaufen können. Ob eine solche Katzenschutzverordnung erlassen wird, oder nicht, kann jede Kommune selbst entscheiden. In Hessen gilt bereits in 66 Kommunen ein entsprechendes Regelwerk – die Stadt Frankfurt gehört nicht dazu.

Nach Angaben der Stadt tritt eine Kastrationsverordnung nur dann in Kraft, wenn Krankheiten auftreten, "die auf die hohe Populationsdichte zurückzuführen sind und die durch eine Populationsreduktion vermeidbar gewesen wären." Dabei müsse die Krankheit durch die hohe Zahl von Tieren verursacht worden sein und bei den Tieren zu erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden geführt haben.

Die Aussage der Stadt Frankfurt lässt Treiling ratlos zurück. "50 Prozent der Katzen, die wir fangen, sind krank. Dann melden wir das der Stadt und es heißt wieder nur, die Zahlen seien nicht richtig dokumentiert. Was sollen wir denn noch tun?" Auf die Vernunft der Menschen zu bauen, bringe oft nichts. Eine Kastration koste zwischen 150 und 300 Euro – Kosten, die viele Katzenbesitzerinnen und Katzenbesitzer scheuten.

"Wille zur Kastrationspflicht" fehlt

Den Konflikt zwischen Tierschützenden und Gemeinden sieht auch der deutsche Tierschutzbund als wesentliches Problem. "Leider fehlt mancherorts immer noch der Wille für eine Kastrationspflicht", heißt es im aktuellen Katzenschutzreport. "Falls man sich doch dazu durchringen konnte, ist der Weg dorthin oft sehr schwer und langwierig, da Tierschutzvereine ein Tierschutzproblem nachweisen müssen". Der Tierschutzbund fordert deswegen, dass die Politik Straßenkatzen besser schützt. "Hierzu gehört vor allem, dass Tierschutzvereine und Tierschützer die ihnen zustehende Unterstützung erhalten und nicht weiter alleine gelassen werden."

Tierheime und Pflegestellen sind ausgelastet

In Sirikit Treilings Falle in Frankfurt ist bei der nächtlichen Fangaktion ein braun-weiß gefleckter Kater gegangen. Er miaut und drückt sich vor Angst an das Gitter. Das Fell ist ungepflegt und er ist dünn. In dieser Nacht sind es insgesamt vier Katzen, die sie einfängt. Alle werden am nächsten Tag kastriert, bevor sie dann wieder frei gelassen werden - auf die Straße, wo sie täglich um ihr Überleben kämpfen. "Alle Tierheime und Pflegestellen sind voll", so Treiling. Und bereits ausgewachsene Straßenkatzen könnten sowieso nicht in Haushalte vermittelt werden.

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