Arbeiter auf einer Baustelle für Wohnungen

Die Zahl der Sozialwohnungen in Hessen steigt weiter. Wirtschaftsminister Al-Wazir feiert die Wohnungspolitik der Landesregierung als "echte Erfolgsgeschichte". Doch so leicht lassen ihn seine Kritiker nicht davonkommen.

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Mehr Sozialwohnungen in Hessen

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In Hessen gibt es wieder mehr Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen. "Eine sehr, sehr gute Nachricht", sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) am Mittwoch. Mit einem Zuwachs von 1.600 zusätzlichen Sozialwohnungen im Jahr 2022 habe es im zweiten Jahr in Folge einen Aufwärtstrend gegeben.

"Der Tanker ist gedreht, die Trendwende ist geschafft und sie hält an", so Al-Wazir. Das sei "ein Riesenerfolg" für die Koalition. Wohnungspolitik brauche jedoch einen langen Atem. Der Bestand an Sozialwohnungen in Hessen belief sich Ende des vorigen Jahres auf insgesamt 82.159.

Al-Wazir: "Das ist der hessische Weg"

Sozialwohnungen fallen nach einer bestimmten Zeit aus der Bindung, meist nach 15 bis 20 Jahren. Danach können sie frei auf dem Wohnungsmarkt, in der Regel teurer, vermietet werden. Wenn dann keine neuen günstigen Wohnungen dazugekommen sind, wird der Wohnungsmarkt für Menschen mit geringen Einkommen immer angespannter.

Grafik zeigt Entwicklung des Bestands an Sozialwohnungen in Hessen von 2011 bis 2022

Insgesamt stehen in Hessen nach Angaben des Ministers zwischen 2019 und 2024 Landes- und Bundesmittel in Höhe von 2,7 Milliarden Euro für den Wohnungsbau zur Verfügung. Die Mittel würden gut eingesetzt, so der Minister. Das liege auch an verbesserten Förderbedingungen. Die Einkommensgrenzen seien erhöht worden, damit mehr Menschen von einer geförderten Wohnung profitieren könnten. "Das ist der hessische Weg", so Al-Wazir.

In ihrem Koalitionsvertrag versprachen CDU und Grüne, zwischen 2019 und 2024 den Bau von etwa 22.000 geförderten Wohnungen anzustoßen. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Wohnungen in dieser Zeit auch gebaut werden. 2021 etwa wurden nach Angaben von Al-Wazirs Ministeriums Zuschüsse und Darlehen für mehr als 1.750 Sozialwohnungen zugesagt.

Unternehmerverbände: Brauchen mehr Bauflächen

Kritik kam von der Wohnungswirtschaft. Der Zuwachs an Sozialwohnungen sei eine Momentaufnahme, konstatierte Axel Tausendpfund aus dem Vorstand des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft. Es bleibe eine Herkulesaufgabe, den Bedarf zu decken.

Insgesamt müsse das Bauen wieder günstiger werden, so Tausendpfund: "Wir fordern daher eine deutliche Reduzierung von kostentreibenden Bauvorschriften und den Verzicht auf die Grunderwerbssteuer beim Bau von bezahlbaren Wohnungen."

Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) kritisiert Regulierungen des Markes. "Seit Jahren werden private Investitionen in Wohnungen durch Mietpreisbremse und andere Eingriffe in den Wohnungsmarkt immer unattraktiver gemacht", stellte VhU-Vizepräsident Thomas Reimann fest.

Ein Hemmnis für mehr Wohnraum seien zu wenige neue Bauflächen. Kommunen bräuchten deshalb mehr finanzielle Anreize zur Ausweisung von neuen Wohngebieten, so Reimann.

Mieterbund: "Bald nur noch Reiche in Städten"

Kritik kam auch vom Mieterbund. Er sieht die von Minister Al-Wazir beschworene Trendwende noch nicht. Nur weil es jetzt ein paar mehr Wohnungen gebe als vor einem Jahr, fehlten bundesweit Hunderttausende von Wohnungen, vor allem in den Ballungsgebieten.

"Wenn sich nicht bald etwas ändert, werden bald nur noch Reiche in den Städten wohnen können", warnt Gert Reeh, Vorsitzender des Mieterbunds Hessen. In Hessen müsse es bis 2040 mindestens 100.000 neue Sozialwohnungen geben.

So benötigten nicht nur viele Familien, Studenten und ältere Menschen angemessene Wohnungen. Hinzukämen Geflüchtete, die nicht dauerhaft in Gemeinschaftsunterkünften bleiben könnten.

Kritik von der Opposition

Linkenfraktionschef Jan Schalauske mochte ebenfalls nicht von einer Trendwende auf dem Wohnungsmarkt sprechen. Die Landesregierung sei meilenweit davon entfernt, ihr selbst gestecktes Ziel von 22.000 geförderten Wohnungen in dieser Legislaturperiode noch zu erreichen. Er forderte ein Sofortprogramm für die Schaffung von 10.000 solchen Unterkünften pro Jahr.

Die AfD bezeichnete den Anstieg bei den Sozialwohnungen "als Tropfen auf dem heißen Stein". Statt auf geförderte Wohnungen sollte auf Wohngeld gesetzt werden, sagte der Landtagsabgeordnete Dimitri Schulz. Der Wohnungsexperte der FDP-Fraktion, Stefan Naas, machte sich für einen Bürokratieabbau stark, um das Bauen zu vereinfachen und Investitionen durch private Bauherren attraktiver zu machen.

Haus & Grund: 250.000 neue Wohnungen durch Aufstockungen

Der Immobilienbesitzerverband Haus & Grund schlug vor, mehr Aufstockungen von Gebäuden zu setzen. Dadurch könnten allein im Rhein-Main-Gebiet 250.000 neue Wohnungen entstehen. So könnten neue Wohnungen ohne Flächenverbrauch und Erschließungsarbeiten entstehen, sagte Verbandschef Christian Streim.

Wirtschaftsminister Al-Wazir sagte dazu, für die Aufstockung von Gebäuden habe es bereits Anpassungen im Bauordnungsrecht gegeben. Er hoffe, dass der Immobilienbesitzerverband auf seine Mitglieder einwirke, um diese Möglichkeiten zu nutzen.

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