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Finanzministerium zeigt Chef von Steuergewerkschaft an

"Hessisches Ministerium der Finanzen" steht auf einer Betonsäule an der Zufahrt zum Finanzministerium.

Nächste Runde in der Affäre um Michael Volz, Landeschef der Deutschen Steuergewerkschaft: Das Finanzministerium hat ihn wegen Tricksereien bei Reisekosten angezeigt. "Intrige", kontert die Gewerkschaft.

Vorwürfen wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten sieht sich Michael Volz schon länger ausgesetzt, auch ein später eingestelltes Ermittlungsverfahren gab es schon einmal gegen den Landesvorsitzenden der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG) aus Birstein (Main-Kinzig).

Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Hanau, nachdem das hessische Finanzministerium am Mittwoch Anzeige erstattet hatte. Der Vorwurf: Volz, der Finanzbeamter ist, soll zu Unrecht Reisekosten gegenüber dem Land Hessen abgerechnet haben.

Die Steuergewerkschaft verteidigte ihren Vorsitzenden am Dienstag in einer Stellungnahme: Die Anzeige wäre demnach unbegründet und Teil einer "Intrige, die dazu dienen solle, die DSTG Hessen und ihr Engagement für die Interessen der Finanzbediensteten zu schwächen.

Ein Tag, zwei Abrechnungen

Es geht um Reisekostenabrechnungen, die dem Ministerium zugesandt wurden und die auch dem hr vorliegen. Demnach hätte Volz an sechs Tagen Reisekosten doppelt abgerechnet: sowohl gegenüber dem Land als auch gegenüber der Steuergewerkschaft. Die DSTG vertritt als Fachgewerkschaft die Interessen der Beschäftigten der Finanzverwaltung. Sie hat in Hessen nach eigenen Angaben mehr als 7.000 Mitglieder.

Dem Vorwurf zufolge nahm Volz an den besagten Tagen an Sitzungen des Bezirkspersonalrates in der Oberfinanzdirektion in Frankfurt teil. Für diese Tage machte er gegenüber dem Land als seinem Arbeitgeber beim Regierungspräsidium in Kassel Fahrtkosten geltend.  

Für die gleichen Tagen habe Volz sich von der Steuergewerkschaft jedoch auch Fahrtkosten erstatten lassen, meist für "Gespräche in Frankfurt". Außerdem habe der Mann auch bei den Entfernungen getrickst und Strecken in seinen Abrechnungen auch noch zu weit bemessen.

Abrechnungen auch an Krankheitstagen?

Schon im März hatte hessenschau.de berichtet, dass das Finanzministerium Vorwürfen gegen Volz nachgeht, dass er an solchen Tagen der Steuergewerkschaft Reisekosten in Rechnung stellte, an denen er krankgeschrieben war. Eine anonyme Quelle hatte dem Ministerium Informationen über neun solcher Tage im Jahr 2021 zukommen lassen.

Gleichzeitig ermittelte die Frankfurter Polizei wegen des Verdachtes, Volz habe als DSTG-Landeschef Personal und Infrastruktur des Verbandes für seine eigenen politischen und wirtschaftlichen Interessen zweckentfremdet. Volz, so der Vorwurf in dieser Sache, soll Mitarbeiterinnen der DSTG-Geschäftsstelle für seine Arbeit in der SPD eingespannt haben. Er ist SPD-Fraktionsvorsitzender von Birstein, ihm waren Ambitionen für eine Landtagskandidatur nachgesagt worden.

Von Volz selbst lag am Dienstag zunächst noch keine Stellungnahme vor; der hr hat ihn bis zum Nachmittag des Tages darum gebeten. Er hat die Vorwürfe bisher stets kategorisch zurückgewiesen.

Die Steuergewerkschaft sieht in ihrer Stellungnahme die Anzeige sei Teil einer Intrige gegen unbequemes gewerkschaftliches Engagement. Sie untermauert den Vorwurf mit dem Hinweis, dass das von Michael Boddenberg (CDU) geführte Finanzministerium gar nicht zuständig sei. Die fraglichen Fahrtkosten seien ja gegenüber der DSTG berechnet worden.

Zudem seien die Fahrtkosten längst mit dem Ergebnis geprüft worden, dass Landeschef Volz und andere Führungskräfte der Gewerkschaft sich korrekt verhalten hätten. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren sei ja auch eingestellt worden. "Wir gehen davon aus, dass dieser Sachverhalt sich auch durch eine neuerliche Prüfung nicht ändert", heißt es weiter.

Zu unbequem bei verfassungswidriger Besoldung?

Als Motiv hinter dem Vorgehen des Ministeriums nennt die Steuergewerkschaft "offenbar unbequeme Aktivitäten", die sie unter Führung von Volz nicht zuletzt in der Frage der Besoldung der Landesbeamten entfaltet habe. Der Staatsgerichtshof hatte Hessen bescheinigt, die Beamten nicht verfassungsgemäß zu bezahlen. Inzwischen hat die Landesregierung mit einer Extra-Erhöhung reagiert.

Gestört hätte das Ministerium laut dieser Lesart zudem, dass sich die DSTG dafür einsetze, ehrenamtliche gewerkschaftlicher Tätigkeit im Rahmen der Arbeitszeit zu ermöglichen. Anders als andere Ministerien schränke das Finanzministerium dies immer stärker ein. Ein weiterer Vorwurf: "Letztlich führen immer schärfere Arbeits- und Arbeitszeitkontrollen in den hessischen Finanzbehörden zu erheblichem Frust bei den Beschäftigten.

Volz konnte bereits im Frühjahr darauf hinweisen, dass die Staatsanwaltschaft schon einmal Ermittlungen eingestellt hat. Es ging um Untreuevorwürfe gegen die gesamte Landesleitung. Im Mittelpunkt auch damals der Verdacht, dass Volz der Gewerkschaft überhöhte Fahrtkosten in Rechnung gestellt haben könnte. Die Staatsanwaltschaft sah am Ende keinen begründeten Tatverdacht.

Die Gewerkschaft war unter anderem unter Rechtfertigungsdruck geraten, weil sie ihrem Landesvorsitzenden Reisekosten auch im Voraus erstattet hatte. Diese Praxis ist laut dem DSTG-Landesverband inzwischen eingestellt worden. Anstoß nahmen Kritiker auch an Übernachtungskosten in einer Brathähnchenfarm und daran, dass die Gewerkschaft einen Zuschuss für die Geburtstagsfeier ihrer Vize-Vorsitzenden geleistet habe.

Gerade erst wiedergewählt

In der Gewerkschaft ist Volz nicht unumstritten, es kam auch zu Austritten. Die von ihm bestrittenen Vorwürfe hatten für ihn als Landesvorsitzenden bisher aber keine besonderen Konsequenzen. Im Gegenteil: Im März wurde Volz bei einem Gegenkandidaten wieder ins Amt gewählt, mit 95 zu 60 Stimmen. Volz hat den Posten des Landeschefs seit 2009 inne.

In einer Mitteilung der DSTG Hessen hieß es nach der Wiederwahl im Frühjahr: Es gehe nun darum, intern Brücken zu bauen und "einen Schulterschluss und Solidarität zu zeigen, um die seit Monaten andauernden Störgeräusche von außen endlich zu beenden".

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