Ein Mann und eine Frau sitzen auf einem Podest, auf welchem "Hessischer Rechnungshof" und daneben das Hessen-Wappen zu sehen ist.

In der Generalstaatsanwaltschaft konnten Gutachten nach Lust, Laune und Belohnung vergeben werden, im Landesmuseum verschwand teure Kunst: Der Landesrechnungshof macht in seinem Jahresbericht Ministerien für Missstände mitverantwortlich.

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Jahresbericht des Landesrechnungshofs vorgestellt

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Landrechnungshof-Präsident Walter Wallmann (CDU) hat Defizite der schwarz-grünen Landesregierung bei der Kontrolle der ihr unterstellten Behörden und Einrichtungen beklagt. "Wir haben in diesem Jahr insbesondere festgestellt, dass es an wirksamer Aufsicht durch die Ministerien fehlt", sagte er am Freitag in Wiesbaden bei der Vorstellung des jährlichen Berichtes des Rechnungshofes.

Folge der Versäumnisse seien ein höheres Risko für Korruption und Vermögensverluste. Als Beispiel nannte Wallmann die Bestechungsaffäre mit Millionenschaden um die Vergabe von Gutachten in der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt.

Neben dem Justizministerium fiel dem Rechnungshof auch das Ministerium für Wissenschaft und Kunst unangenehm auf. Es sei jahrelang viel zu untätig gewesen, als im Landesmuseum in Darmstadt auffiel, dass Kunstwerke im Wert von mindestens 1,3 Millionen Euro verschwunden sind. "Hier müssen die Ministerien ihre Rolle aktiver wahrnehmen", sagte Wallmann.

Schulden, Betrug, Schlamperei?

Auch beim Tempo der Digitalisierung muss die Regierung laut Wallmann aufs Tempo drücken. Wesentliche Punkte des Berichts:

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Landesrechnungshof beklagt Defizite von Schwarz-Grün

Ein Mann und eine Frau sitzen auf einem Podest, auf welchem "Hessischer Rechnungshof" und daneben das Hessen-Wappen zu sehen ist.
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  • Schonungsloser Blick in die Kasse: Das Land hält zwar die Schuldenbremse ein und weist sogar einen "zunächst erfreulichen Überschuss" aus, wie Wallmann sagt. Aber das sei nicht die volle Wahrheit. Alles eingerechnet, neben Vermögen vor allem die Rückstellungen für Pensionen, betrage das Minus des Landes schon 128,9 Milliarden Euro. "Es muss uns Sorgen bereiten, dass unsere Schulden aktuell schneller steigen als unser Vermögen."
  • Leichtes Spiel für Betrüger: Ein Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt soll unterstützt von einem Mitarbeiter jahrelang krumme Geschäfte gemacht haben. Der Bericht kritisiert: Der Mann habe "ohne interne Kontrolle und ungestört von Aufsicht oder Revision des Ministeriums" Aufträge an Gutachter vergeben und abrechnen können. Inzwischen seien Kontrollen verbessert worden. Solche Korruptionsfälle kosteten nicht nur viel Geld, sondern auch Vertrauen der Bürger.
  • Verschwundene Kunstwerke: Die meisten Kunst- und Kulturobjekte des Landesmuseums Darmstadt mussten in angemietete Lager, als ab 2007 saniert und neu gebaut wurde. Manche Mietverträge laufen laut Wallmann noch immer, mehr als 13 Millionen Euro kostete das bislang. 2012 sei aufgefallen, dass Kunst im Wert von 1,3 Millionen Euro verschwunden seien. Anzeige erstattete das Museum erst 2017. Und erst 2020 erfuhr das Ministerium für Wissenschaft und Kunst davon. "Das ist kein angemessener Umgang mit unseren Kunst- und Kulturgütern", sagt Wallmann. Vielleicht tauche aber beim Aufräumen noch etwas auf. Das Ministerium wies die Darstellung, es habe etwas versäumt, am Freitag postwendend zurück.
  • Billig-Flatrate für Polizeieinsätze: Ob blockierte Straßen durch Hochzeitskorsos oder Aufregung wegen Musikvideo-Drehs von Rappern mit Scheinwaffen: Bis zu 100-mal stellt Hessens Polizei jährlich wegen eines falschen oder fahrlässig ausgelösten Alarms Rechnungen aus. Bislang waren pauschal 200 Euro fällig. Dabei habe etwa der Einsatz von 30 Polizisten wegen des Hantierens mit einer Soft-Air-Waffe in der U-Bahn 3.900 Euro gekostet, rechnet Wallmann vor. Nach Kritik des Rechnungshofes berechne das Land seit diesem Jahr den Zeitaufwand.
  • Fehlende Kontrollen bei Corona-Hilfen: Rund 952 Millionen Euro habe Hessen an Corona-Soforthilfen ausgezahlt - und war dabei laut Wallmann zwar erfreulich unbürokratisch, aber nicht streng genug beim Checken.106.000 von 135.000 Anträgen, knapp 80 Prozent, wurden bewilligt, meist von Regierungspräsidien auf der Grund von Plausibilitätsprüfungen. Bei einer Stichprobe des Finanzamtes gingen dagegen nur 65 Prozent aller Anträge durch. Hauptursache sei der fehlende Zugriff der Bearbeiter auf Informationen der Steuerverwaltung. Norwegen habe mit besserer Vernetzung und Wirtschaftsprüfern gründlicher kontrolliert und trotzdem schneller ausgezahlt.
  • Zu langsam bei der Digitalisierung: "Optimierungsfähig“ sei der Breitbandausbau in Hessen, aber auch das Digital-Angebot der Landesverwaltung. Vor allem auf dem Land komme die Versorgung mit schnellem Internet nicht rasch genug voran. Die Landesregierung verfehle wie die Kommunen auch die Vorgabe des Onlinezugangsgesetzes, vom kommenden Jahr an alle Leistungen online anzubieten. Dies sei bisher lediglich bei zwei Drittel des Services der Fall - und das nicht einmal vollständig. Oft muss dann doch ausgedruckt und von Hand unterschrieben werden.
  • Leichtes Spiel für Hacker: Server stehen leicht zugänglich im Lager, Schnittstellen sind ungesichert, Notfallkonzepte gibt es nicht - solche Mängel bei der IT-Sicherheit muss der Landesrechnungshof nach eigenen Angaben gerade in der Justiz viel zu oft feststellen. Die IT-Sicherheitsbeauftragten seien "über ihre Aufgaben weitgehend nicht hinreichend informiert und ausgebildet". Ein wesentliches Problem: Fachkräfte sind rar und werden in der freien Wirtschaft meist besser bezahlt.
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Bestandsaufnahme des obersten Kassenprüfers

Der Hessische Rechnungshof mit Sitz in Darmstadt übt regelmäßig Kritik an der Landes- und der Kommunalpolitik wegen mangelnder Kostenkontrolle. Hessens oberste Kassenprüfer nutzen dazu ihre Jahresberichte mit jeweiligen Schwerpunkte haben. Beim Bericht zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes, den sogenannten Bemerkungen, wird anhand von Beispielen über Fehlentwicklungen, Versäumnisse oder die falsche Gewichtung beim Einsatz von Landesgeldern informiert. Der Schuldenbericht des Rechnungshofs schaut auf die Einnahmen, Ausgaben und die finanzielle Entwicklung des Landes.

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