Volker Bouffier (li.) und Tarek Al-Wazir

Nach rund vier Wochen haben CDU und Grüne sich in der Nacht auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Zu Inhalten verrieten die Koalitionäre noch nichts, dafür aber zur Aufteilung der Ministerien. Kritik kam nicht nur vom Steuerzahlerbund.

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CDU und Grüne teilen die Ministerien auf

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Die Besatzung eines Fastfood-Restaurants in Wiesbaden-Biebrich wunderte sich darüber, dass der Laden nachts um 1 Uhr noch gut besucht war. Der Grund: Hier warteten die Journalisten auf das zu erwartende Ende der schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen. Diese fanden - abgeschottet - nebenan statt. Es dauerte bis kurz vor zwei, bis die Nachricht kam: Der Koalitionsvertrag steht.

Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und sein Stellvertreter Tarek Al-Wazir (Grüne) zeigten sich sehr zufrieden mit dem ausgehandelten Papier. "Wir sind durch. Wir haben uns geeinigt. Wir haben einen Koalitionsvertrag", sagte ein sichtlich erleichterter Bouffier. "Wir bauen auf der vertrauensvollen Zusammenarbeit auf, die wir die letzten Jahre gepflegt haben."

Der grüne Spitzenmann Al-Wazir sprach von teilweise harten Verhandlungen, das Wohl des Landes sei Leitschnur gewesen. Man wolle den Menschen zeigen: "Hier sind zwei Parteien, die zwar sehr unterschiedlich sind, die aber wirklich Verantwortung fürs Ganze empfinden und zeigen wollen, dass Politik handlungsfähig ist", so Al-Wazir.

Neues Digitalministerium für CDU

Zu Inhalten des umfangreichen Koalitionsvertrags wollen sich die Alt-Neu-Koalitionäre erst am Donnerstagmittag äußern. Dafür gaben sie bereits die Aufteilung der Ministerien bekannt.

Der #Koalitionsvertrag von @cdu_hessen und @gruenehessen steht. Das haben MP #Bouffier und @talwazir heute Nacht in #Wiesbaden verkündet. Details werden am Donnerstag, 20. Dezember 2018 um 11:30 Uhr im Hessischen Landtag vorgestellt. #hlt #Hessen

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Wegen der veränderten Kräfteverhältnisse nach der Landtagswahl werden die Grünen in der neuen Landesregierung zusätzliche Ressortverantwortung bekommen. Bislang hat die Partei mit Wirtschafts- und Verkehrsminister Al-Wazir sowie Umweltministerin Priska Hinz zwei Mitglieder im Kabinett von Ministerpräsident Bouffier. In der künftigen Regierung werden die Grünen auch das Sozial- sowie das Kunst- und Wissenschaftsministerium besetzen. Zudem wird das Wirtschaftsministerium um das Thema Wohnen erweitert. Al-Wazir dürfte damit zum "Superminister" aufsteigen.

Die CDU stellt neben dem Ministerpräsidenten sowie dem Chef der Staatskanzlei insgesamt sechs weitere Ressortleiter, darunter die Führung des neu geschaffenen Digitalministeriums.

Steuerzahler fordern, ein Ministerium einzusparen

Dieses Digitalministerium sieht sich schon jetzt hohen Erwartungen seitens der Wirtschaft ausgesetzt. Der Digitalverband Bitkom forderte, das Ministerium mit hinreichend kompetentem Personal und finanziellen Mitteln auszustatten. Nur dann könne es seinem Auftrag, Hessen digital zu entwickeln, gerecht werden.

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hr-Landtagsstudio-Chefin Ute Wellstein über das neue Digitalministerium

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Die Vereinigung hessischer Unternehmerverbände (VhU) begrüßte die Schaffung des neuen Ministeriums. Der Bund der Steuerzahler forderte, im Gegenzug ein anderes Ministerium einzusparen. So ließen sich etwa die thematisch verwandten Ressorts Wissenschaft und Kultus zusammenlegen.

Schäfer-Gümbel: "Nur ein Etikett"

SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel sagte, das neue Digitalministerium sei zunächst nur ein Etikett. Gleichzeitig kritisierte er, die Schaffung bezahlbaren Wohnraums bleibe auch in der Neuauflage von Schwarz-Grün ein "Anhängsel ohne eigenes Gewicht."

Der Vorstand des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft nannte es enttäuschend, dass es kein eigenständiges Ministerium für Wohnen, Bauen und Landesentwicklung gibt.

Parteiversammlungen von CDU und Grünen am Samstag

Nach der Landtagswahl im Herbst können Christdemokraten und Grüne mit hauchdünner Ein-Stimmen-Mehrheit ihre Zusammenarbeit in der Landesregierung fortsetzen. Die CDU war bei der Abstimmung am 28. Oktober zwar stärkste Kraft in Hessen geblieben. Im Vergleich zur vorangegangenen Landtagswahl rutschte sie aber um 11,3 Prozentpunkte ab und kam nur noch auf 27,0 Prozent der Stimmen. Das war das schlechtestes Ergebnis der CDU seit über 50 Jahren in Hessen.

Die Grünen legten dagegen um 8,7 Prozentpunkte zu und erreichen 19,8 Prozent. Damit wurde die Partei zweitstärkste Kraft im Land noch vor der SPD. Der nunmehr ausgehandelte Vertrag soll bei Parteitreffen am Samstag in den jeweils eigenen Reihen zur Abstimmung gestellt werden. Die CDU kommt dazu in Nidda (Wetterau) und die Grünen in Hofheim (Main-Taunus) zusammen. Die Grünen wollen bei ihrem Treffen auch ihre Kandidaten für die Ministerposten nominieren. Bouffier kündigte an, dass die CDU erst nach der Winterpause die Personalfragen kläre.

Mit der konstituierenden Sitzung des Landtags am 18. Januar könnte dann die neue Regierung ins Amt kommen - vorausgesetzt, die eine Stimme Mehrheit des schwarz-grünen Bündnisses steht.

Die Ressortverteilung der künftigen Landesregierung

  • Ministerpräsident: CDU
  • Stellvertretender Ministerpräsident: Grüne
  • Chef der Staatskanzlei: CDU
  • Europa, Bundesrat und Bevollmächtigter beim Bund: CDU
  • Digitale Entwicklung: CDU
  • Finanzen: CDU
  • Innen und Sport: CDU
  • Kultus: CDU
  • Justiz: CDU
  • Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen: Grüne
  • Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Grüne
  • Soziales und Integration: Grüne
  • Wissenschaft und Kunst: Grüne