Steuerschätzung Fehlendes Wachstum führt zu "Spar-Haushalt" in Hessen

Hessen und seine Kommunen müssen bis 2029 mit deutlichen Steuerausfällen rechnen. CDU-Finanzminister Lorz spricht von neuer Normalität - und schickt einen Hilferuf an die unionsgeführte Bundesregierung.

Euro-Geldmünzen liegen gestapelt auf Euro-Geldscheinen
"Sparen ist das neue Normal", sagt Hessens Finanzminister Alexander Lorz (CDU) angesichts der Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Ein Minus von 1,6 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren - das ist das Ergebnis der Frühjahrs-Steuerschätzung, die nun auf Hessen heruntergebrochen wurde. Auf die Kommunen kommt sogar ein Minus von 2,6 Milliarden Euro zu, wie Finanzminister Alexander Lorz (CDU) am Donnerstag prognostizierte.

"Deutschlands hausgemachte Wirtschaftsschwäche, Putins unerbittlicher Krieg mitten in Europa und Trumps Irrlichtern in der Wirtschafts- und Außenpolitik" führe zu einer ausgesprochen schwierigen Lage, die auch den Landeshaushalt "kräftig durchschüttelt", so Lorz.

Lorz betonte bereits im vergangenen Jahr mehrfach, dass die goldenen Jahre vorbei seien. Die neue Steuerschätzung bestätigt das. Ohne signifikantes Wirtschaftswachstum in Deutschland könnten die öffentlichen Haushalte nicht auf Erholung hoffen. "Einstweilen ist Sparen das neue Normal", so Lorz.

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Der Arbeitskreis Steuerschätzungen veröffentlicht zweimal im Jahr seine Prognose zur bundesweiten Entwicklung der Steuereinnahmen. Zu den Experten gehören mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute, die Bundesbank und das Bundesfinanzministerium. Ihre Schätzungsvorschläge bilden die Grundlage der Diskussion im Arbeitskreis, dem auch Vertreter der Finanzministerien der Länder angehören.

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Nach leichtem Plus folgt das dicke Minus

Laut Steuerschätzung kann Hessen in diesem Jahr mit Einnahmen von rund 27,5 Milliarden Euro rechnen, das wäre ein Plus von 246 Millionen Euro gegenüber dem Haushaltsplan des Landes.

Auch für 2026 rechnen die Steuerschätzer mit einem Anstieg der Einnahmen auf 28,2 Milliarden Euro - danach droht allerdings das dicke Minus. Für die Kommunen sieht es demnach noch düsterer aus, da sich die kommunale Gewerbesteuer gemäß Schätzung schlechter entwickeln werde als die Landessteuern für Grunderwerb oder auf Erbschaften.

Ein Grund für das negative Gesamtergebnis der Mai-Steuerschätzung sind laut Finanzministerium unter anderem Steuersenkungen, die zuletzt in Kraft getreten sind, darunter der Abbau der kalten Progression, der noch unter der Ampel-Regierung beschlossen worden war.

Hohe Belastungen durch Pläne der Bundesregierung

Aber auch die Pläne der neuen unionsgeführten Bundesregierung könnten den Landes- und Kommunalhaushalten zu schaffen machen, befürchtet Lorz.

Eine niedrigere Umsatzsteuer in der Gastro-Branche, eine höhere Pendlerpauschale oder die schrittweise Absenkung der Körperschaftssteuer - alles Dinge, die Schwarz-Rot in Berlin noch nicht beschlossen hat, die aber vermutlich kommen werden, weil sie im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurden. Ihre Auswirkungen sind folglich noch nicht in der aktuellen Steuerschätzung eingepreist.

Die angekündigten Maßnahmen aus Berlin, um die Wirtschaft anzukurbeln, seien zwar "bitter nötig", so Lorz, doch kostenlos seien sie nicht. Im Gegenteil: Allein Hessen rechne mit Mehrkosten von rund zwei Milliarden Euro bis 2029.

Um den Kommunen zu helfen, werde das Land den Kommunalen Finanzausgleich weiter steigern, doch das werde die Verluste nicht ausgleichen können. "Das ist alleine nicht mehr zu stemmen", so der Hilferuf aus Hessen in Richtung Berlin. "Länder und Kommunen brauchen hier eine Kompensation durch den Bund."

Hessen wartet auf Go für Geld aus Sondervermögen

Die Grünen im Hessischen Landtag reagierten hierauf mit Spott. "Damit ist klar: Das größte Risiko für den Haushalt in Hessen ist die schwarz-rote Bundesregierung", so die parlamentarische Geschäfsführerin Miriam Dahlke. "Statt darüber zu klagen, sollte sich die Landesregierung aktiv dafür einsetzen, dass nicht die Länder die Zeche für die Wahlgeschenke der Koalition im Bund zahlen müssen."

Offen ist derweil, ob die zu erwartenden Steuerausfälle durch die bereits beschlossene Lockerung der Schuldenbremse ausgeglichen werden können. Hier hatte der alte Bundestag kurz vor seiner Auslösung die Weichen dafür gestellt, dass auch die Länder mehr Schulden machen dürfen.

Noch wartet das Land auf die entsprechenden Ausführungsgesetze, die auch regeln sollen, wie die Landeskasse vom so genannten Sondervermögen profitieren kann. Von dem rund 100 Milliarden-Euro schweren Infrastrukturpaket für die Länder erwartet Hessen in den kommenden Jahren etwa 7,5 Milliarden Euro.

Die Mai-Steuerschätzung hat für den aktuellen Landeshaushalt keine unmittelbaren Auswirkungen, heißt es aus dem Finanzministerium. Sollte das geschätzte Plus in der Kasse am Ende wirklich bestehen bleiben, müsste es ohnehin dafür eingesetzt werden, die Neuverschuldung zu senken.

Im nächsten Jahr müsse der Gürtel dann noch enger geschnallt werden, so Lorz. "Machen wir uns nichts vor: Der Haushalt 2026 wird ein Spar-Haushalt werden müssen."

Reaktion der Landtagsopposition zur Steuerschätzung

Die FDP im Landtag zeigte sich enttäuscht vom Vorgehen des Finanzministers. "Lorz hat mit den Zahlen der Steuerschätzung Alarm geschlagen, ohne eigene Antworten zu geben", so die finanzpolitische Sprecherin Marion Schardt-Sauer. Die AfD-Fraktion teilte in ihrer Pressemitteilung mit, die Landesregierung dürfe nicht auf das Sondervermögen des Bundes setzen oder neue Schulden machen. "Eine maßvolle Ausgabenpolitik ist das Gebot der Stunde."

Redaktion: Sandra Müller

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de