Zwei der Opfer des Attentats von Hanau starben im Jahr 2020 in der Arena-Bar. War der Notausgang damals versperrt? Nun hat der damalige Bar-Betreiber vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags ausgesagt - und bei allen Fraktionen den gleichen Eindruck hinterlassen.

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Widersprüchliche Aussagen zum Notausgang

Leuchtschild der Arena-Bar in Hanau (Archivfoto)
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Im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zum rassistischen Anschlag von Hanau haben Zeugen widersprüchliche Angaben zum Notausgang in der Arena-Bar gemacht. Im Mittelpunkt stand dabei am Montag der ehemalige Betreiber. Es war eine mühselige Befragung.

Denn sie warf aufgrund von Widersprüchen Fragen auf, zudem war eine Dolmetscherin zwischengeschaltet. Offen oder verschlossen? Die erste der übersetzten Antworten des Zeugen lautete: "Im Allgemeinen war der Notausgang immer offen."

Zeugin: "Das wusste jeder"

Ob im Allgemeinen oder immer: Beidem stehen Ergebnisse früherer amtlicher Kontrollen und Aussagen mehrerer Zeugen gegenüber. "Der Notausgang war immer zu, das wusste jeder", berichtete im Anschluss der Aussage des Ex-Barbesitzers am Montag auch eine 27-jährige Frau vor dem Ausschuss. Sie hatte den Anschlag vom 19. Februar 2020 in einem benachbarten Kiosk überlebt.

Die Frau berichtete wie viele Betroffene vor ihr, wie sehr sie heute noch psychisch belastet sei. Den Alltag bewältige sie nur schwer, Erinnerungen setzten ihr zu. "In meinen Träumen sehe ich die Augen vom Täter", sagte sie.

Ein 43-jähriger Deutscher hatte damals neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Zwei von ihnen, Said Nesar Hashemi und Hamza Kurtović, starben in der Bar. Danach tötete der Mörder seine Mutter und sich selbst. Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob es rund um die Tat zu einem Behördenversagen kam.

Diesmal ging es aber vor allem um das Verhalten des damaligen Barbetreibers. Gestützt auf eine Analyse der antirassistischen Initiative Forensic Architecture treibt Hinterbliebene die Frage um: Hätten sich Opfer womöglich retten können, wenn der Fluchtweg offen gewesen wäre?

Dass der Ausgang meist und auch in der Tatnacht verschlossen war, gilt im Ausschuss inzwischen als wahrscheinlich. Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) musste sich vor kurzem im Landtag Fragen wegen des Vorwurfs gefallen lassen, seine Stadtverwaltung habe trotz eines Hinweises der Polizei angemessene Kontrolle des Notausgangs versäumt. Kaminsky bestritt das.

"Klemmen" und "kleben"

Am Ende waren sich die Fraktionen einig in der Bewertung, der Ex-Betreiber sei unglaubwürdig. Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlung wegen des Ausgangs eingestellt. Die Erlaubnis, eine Gastronomie zu führen, verlor der Mann aus anderen Gründen. Nachdem der ehemalige Barbetreiber sich nun offenkundig widersprach, wies ihn der Ausschussvorsitzende Marius Weiß (SPD) auf sein Zeugnisverweigerungsrecht hin.

Der CDU-Ausschuss-Obmann Jörg Michael Müller fuhr den Zeugen mehrfach an. Einmal sagte Müller laut, er lasse sich nicht gerne belügen. Ein anderes Mal, beim Streit über eine frühere Aussage über die Notausgangs-Tür, wies der Politiker den auf Türkisch antwortenden Zeugen zurecht: "Unter klemmen verstehen wir etwas anderes als kleben."

Zeuge: Keine Absprachen mit der Polizei

Eindeutig waren die Angaben des früheren Arena-Bar-Betreibers hinsichtlich eines Gerüchtes, mit dem sich der Ausschuss auch schon befasst hat: dass die Polizei selbst Wert auf einen geschlossenen Notausgang gelegt habe, damit bei Razzien niemand fliehe. Das stimme nicht, sagte der ehemalige Bar-Betreiber in Übereinstimmungen mit Polizisten, die bereits früher befragt worden waren.

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