Leuchtschild "Arena Bar & Cafe" im Erdgeschoss eines Hochhauses.

Beim rassistischen Terroranschlag von Hanau starben fünf Menschen in der Arena-Bar. Warum war damals der Notausgang geschlossen - und wer ist schuld daran? Darüber haben sich im Landtag der CDU-Obmann des U-Ausschusses und der Hanauer OB einen Schlagabtausch geliefert.

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Oberbürgermeister vor Hanau-U-Ausschuss

hessenschau vom 24.10.2022
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Seit Monaten beschäftigt eine "Was-wäre-wenn"-Frage den parlamentarischen Untersuchungsausschuss: Was wäre passiert, wenn am 19. Februar 2020, die Notausgangstür der Arena-Bar in Hanau-Kesselstadt nicht verschlossen gewesen wäre? Hätten sich einige der fünf Opfer des rassistischen Attentäters Tobias R. retten können? Vielleicht sogar alle?

Aus dem "Was-wäre-wenn" folgt fast zwangsläufig die Frage nach dem "Warum". Warum war der Notausgang am Tatabend abgeschlossen? Der Landtagsuntersuchungsausschus indes übersprang am Montag diese Frage und ging gleich über zu: "Wer ist schuld?"

Ämter wussten von verschlossenem Fluchtweg

Als Zeuge geladen war Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD). Zum Hauptkontrahenten geriet am Montag Jörg Michael Müller, Obmann der CDU im Ausschuss. Der Schlagabtausch in einem Sitzungssaal des Landtags geriet zu einem Duell zwischen beiden um die politische Verantwortung für den verschlossenen Notausgang.

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Hanaus OB als Zeuge im Untersuchungsausschuss

Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky
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Fest steht: Sowohl städtischen als auch Landesbehörden war seit Jahren bekannt, dass es der Wirt der Arena-Bar nicht so genau nahm mit dem Notausgang. 2013 hatte das städtische Ordnungsamt nach Beschwerden aus der Nachbarschaft festgestellt, dass die Tür verschlossen war. 2016 wurde bei einer routinemäßigen sogenannten Gefahrenverhütungsschau der Hanauer Bauaufsicht erneut festgestellt, dass der Notausgang nicht zu öffnen war.

2017 schließlich entdeckte eine Polizeistreife, dass der Notausgang versperrt war und damit seinen Zweck nicht erfüllen konnte. Die Polizei teilte das dem Ordnungsamt der Stadt Hanau mit. Das behielt die Sache allerdings für sich und informierte nicht das ebenfalls städtische Bauaufsichtsamt, das etwas dagegen hätte unternehmen können.

Gutachten soll Stadt entlasten

Wer hätte nun dafür Sorge tragen müssen, dass der Betreiber der Bar seiner Pflicht nachkommt? Die Stadt Hanau oder Landesbehörden? Kaminsky jedenfalls war an diesem Montag darauf vorbereitet, vom politischen Gegner in Mithaftung genommen zu werden.

Deshalb zog er ungefragt ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten aus der Tasche, das ihm und seinen Behörden bescheinigte, es habe im Hanauer Rathaus "keine Pflichtverletzungen" gegeben. Das Ordnungsamt sei nicht verpflichtet gewesen, den Hinweis der Polizei an die städtische Bauaufsicht und das städtische Brandschutzamt weiterzugeben.

Keine Hinweise über den Rathausflur

"Sind Sie wirklich der Meinung, dass das Ordnungsamt den Hinweis nicht an die Bauaufsicht weitergeben musste? Innerhalb eines Rathauses, von einem Flur zum anderen?", reagierte der CDU-Obmann Müller entgeistert. Kaminsky polterte zurück: "Ich verstehe die Frage. Aber stellen Sie die mal der Landespolizei. Warum hat die nicht die Bauaufsicht informiert?"

Das konterte Müller wiederum mit dem Bekenntnis, er ziehe sich "die Hose nicht mit der Beißzange an" – womit er wohl ausdrücken wollte, wie absurd er diesen Vorschlag fand, da die Polizei bereits ein anderes Amt der Stadt Hanau informiert hatte.

Am Ende will keiner Schuld gewesen sein

Mit dem Kräftemessen ist der Untersuchungsausschuss im politischen "Blame-Game", gegenseitiger Schuldzuweisung, angekommen. Der Opposition möchte der Landesregierung Versagen nachzuweisen. Deshalb kritisierte SPD-Politiker Kaminsky wiederholt die Landesgesetzgebung, die bauliche Kontrollen von Gaststätten verhindert habe oder aus Datenschutzgründen die Weitergabe von Informationen innerhalb von Behörden erschwere.

Der CDU gefällt es derweil, dem SPD-Oberbürgermeister von Hanau einen Teil der Verantwortung zuzuspielen, wenigstens den für den verschlossenen Notausgang. Denn so sehr sich Kaminsky bemühte, "keine Pflichtverletzung" zu sehen, so deutlich wurde doch, dass im Hanauer Rathaus das eine Amt nicht wusste, was dem anderen bekannt war.

Armin Kurtović, dessen Sohn Hamza in der Arena-Bar erschossen wurde, war in der Ausschusssitzung. Er sagte danach: "Wenn man sich das anhört, ging es nur darum, dass gar keiner schuld war."

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