Menschen stehen auf einer Straße in einer Gruppe zusammen und halten ein Transparent hoch auf dem steht: "Euer Wolf frisst meine Schafe"

Wölfe werden in Hessen heimisch. Im Dorf Hornel geht den Menschen der Freiraum für die artgeschützten Tieren zu weit - und nicht nur dort. Grünen-Umweltministerin Hinz muss sich im Landtag gegen Kritik wehren, sie nehme Gefahren und Sorgen nicht ernst genug.

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Debatte um den Wolf

hessenschau 16:45 Uhr
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Als Anfang der Woche rund 50 Menschen in Hornel, einem Stadtteil von Sontra (Werra-Meißner) demonstrierten, zeigte sich Bürgermeister Thomas Eckhardt (SPD) gegenüber dem hr alarmiert. Er berichtete von einer "Vielzahl an Wölfen, die wir hier haben" und Tieren in viel zu großer Nähe. Der Ortsvorsteher wurde in der HNA gar mit dem dramatischen Befund zitiert: "Wir werden hier von Wölfen eingekesselt."

In Wiesbaden dagegen konstatierte Hessens Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) am Donnerstag im Landtag: Man nehme die Sorgen ernst. Der Wolf sei aber weiterhin "ein seltenes Tier“ in Hessen.

Die Wahrnehmungen und Bewertungen gehen also deutlich auseinander. Und das führte im Landesparlament zum Streit. Es war nicht das erste Mal, und auch diesmal war es die oppositionelle  FDP, die das Thema auf die Tagesordnung brachte.

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Die Wolfsdebatte in Videos

Sie können sich die Debatte um den Schutz vor Wölfen in voller Länge anschauen - in unseren Videos aus dem Landtag.

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FDP: Politik des Wolfsschutzes wird überrollt

Die Art der FDP-Landtagsinitiative in einer "Aktuellen Stunde" samt Dringlichkeitsantrag machte deutlich, dass die Aufregung wächst. Der anklagende Titel des Antrags lautete: "Der Wolf erobert Hessen – Landesregierung lässt Landbevölkerung und Weidetierhalter im Strich."

Der Vorwurf an die zuständige Ministerin Priska Hinz (Grüne): Sie nehme die Sorgen der Menschen trotz gegenteiliger Bekundung nicht ernst genug. "Die Realität hat die Wolfs-Schutzpolitik der Landesregierung überrollt", sagte Wiebke Knell, umweltpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion.

Ihrer Meinung nach lässt Hinz den unter Artenschutz stehenden Wölfen zu viel Freiraum. Problematische Tiere müssten "schnell und rechtssicher entnommen werden können". Man wolle keine Wölfe, die wie in Hornel "durch Siedlungen streifen, die Nutztiere reißen oder die in der Nähe des Waldkindergartens sind". Präventionsförderung müsse die Regierung für das ganze Bundesland leisten, nicht nur für speziell ausgewiesene Gebiete.

17 gerissene Tiere in einem Jahr

Friedhof, Spielplatz, Straßen: Von Wölfen, die direkt oder anhand von Spuren fast täglich in ihrem Dorf zu sichten sind, berichteten zuletzt Erwachsene und auch Kinder in Hornel. "Dieses Tier gehört ausgerottet" – so weit wie ein Bewohner von Hornel gegenüber dem Onlineportal osthessennews ging in der Landtagsdebatte freilich niemand.

Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts waren die letzten Wölfe in Hessen erlegt worden. Inzwischen ist die Tierart, die eigentlich menschenscheu ist, nach und nach zurückgekehrt. Ein einziges Rudel gibt es laut Hinz, daneben zwei Paare und wenige sesshafte Einzeltiere. Insgesamt handele es sich um 25 Tiere.

Bis Mitte Dezember hatte es nach Angaben des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) im vergangenen Jahr insgesamt zehn nachgewiesene Wolfsübergriffe auf Nutztiere gegeben. 17 Tiere wurden demnach dabei getötet.

Nahaufnahmen eines Wolfes im Gehölz.

Ministerin: Wir sind vorbereitet

Grünen-Ministerin Hinz wies auf Entschädigungen für Weidetierhalter sowie Förderungen von Schutzmaßnahmen für Pferde, Rinder, Schafe und andere Nutztiere hin. Ihr Fazit: Hessen sei auf die natürliche Wiederbesiedlung der Wölfe vorbereitet.  Und manches, was sie in der Debatte von Kritikern zu hören bekomme, erinnere sie an eine "Märchenstunde".

Die FDP bestreitet das. Auch sie stellt den Erhalt der Tierart nicht in Frage. Neben der Sicherheit geht es ihr um Geld für Betroffene. Inzwischen sei ganz Hessen zum Wolfsgebiet geworden. Das Land müsse die Praxis der Entschädigungszahlungen und Förderung von Schutzmaßnahmen wie etwa hohe Zäunen überarbeiten, sagte die Abgeordnete Knell in der Debatte.

Unterstützung erhielt sie von der SPD. "Die Kluft zwischen Angst vor dem Wolf und Angst um den Wolf wird in Hessen immer größer", konstatierte Heinz Lotz, jagd- und forstpolitischer Sprecher der Fraktion. Das Umweltministerium trage für die Entwicklung eine Mitschuld. Ob Wildtierforschung, wissenschaftliche Studien zur Entwicklung der Wolfspopulation oder Jagdrecht: Hinz habe zu wenig getan, um das Land auf die Rückkehr des Wolfes vorzubereiten.

Der AfD ist die Landesregierung zu wolfsfreundlich. "Der Wolf ist eine Landplage", sagte ihr Abgeordneter Gerhard Schenk und forderte die Festlegung einer Höchstzahl der Tiere.

Verdacht auf Jagdlust als Motiv

Forderungen wie diesen stellte sich Linken-Politikerin Heidemarie Scheuch-Paschkewitz mit dem Verdacht entgegen: "Sie schüren die Angst vor dem Wolf, weil die Angst vielleicht ihrem Wunsch nach einer Bejagung in die Hände spielt." Der Wolf stelle für den Menschen keine Bedrohung dar.

Aus dem schwarz-grünen Regierungslager warnte auch Grünen-Tierschutzexperte Hans-Jürgen Müller davor, den Wolf "massiv zu verteufeln". Es gebe keine Alternative zum flächendeckenden und konsequenten Herdenschutz. Ihn gelte es stetig fortzuentwicken.

Mit dem Faktum, dass der Wolf wieder da sei, muss man auch nach Meinung von Michael Ruhl (CDU) zu leben lernen. Er plädierte unter anderem für einen Ausbau des Wolfs-Monitorings, wies aber auch dem Bund Verantwortung dafür zu, dass der Wolfsbestand reguliert werden könne. Derzeit genießt der Wolf höchstmöglichen Schutz in Deutschland. Das müsse gelockert werden.

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