Cybersicherheit

Die Stadt Frankfurt und die Commerzbank treten aus dem Cybersicherheitsrat Deutschland e.V. aus. Der Verein war aufgrund mutmaßlicher Kontakte der Firma Protelion zu russischen Geheimdiensten in die Kritik geraten.

Videobeitrag

Video

Cybersicherheitsgipfel in Wiesbaden

hessenschau vom 1010.2022
Ende des Videobeitrags

Nach Recherchen des "ZDF Magazin Royale" zum Cybersicherheitsrat Deutschland e.V. (nicht zu verwechseln mit dem Cyber-Sicherheitsrat im Bundesverteidigungsministerium) und des IT-Sicherheitsanbieters Protelion hat die Stadt Frankfurt nach hr-Informationen ihre Mitgliedschaft in dem Verein gekündigt. Die Dezernentin für Digitalisierung, Eileen O'Sullivan (Volt), habe dies am Montag beantragt, teilte die Stadt auf Anfrage mit: "Die Beweggründe für eine Mitgliedschaft im Cybersicherheitsrat Deutschland e.V. sind nicht mehr nachvollziehbar."

Protelion mit Sitz in Berlin ist ein Tochterunternehmen einer russischen Internet-Securityfirma und Mitglied im Cybersicherheitsrat Deutschland - wie auch diverse staatliche Institutionen und Wirtschaftsunternehmen aus Deutschland. Das "ZDF Magazin Royale" und die Rechercheplattform Policy Networks Analytics zeigten mutmaßliche Verbindungen Protelions zum russischen Geheimdienst auf.

Furcht vor Zugriff auf sensible Infrastruktur

Experten befürchten, dass Russland auf diesem Weg Zugriff auf Daten und sensible Infrastruktur erhalten könnte - etwa wenn Unternehmen den Schutz ihrer digitalen Netzwerke an Protelion auslagern.

Auch der Cybersicherheitsrat Deutschland selbst stand in der Vergangenheit immer wieder wegen Verbindungen zu Russland in der Kritik. So nahm der Verein 2019 bei einer Tagung des russischen Nationalen Verbands für Cybersicherheit (NAISS) teil, dem ein nachrichtendienstlicher Hintergrund nachgesagt wird.

Stadt Frankfurt: Keine Protelion-Produkte genutzt

Die Stadt Frankfurt gehörte nach eigenen Angaben seit 2015 dem umstrittenen Verein als assoziiertes Mitglied an. Anders als ordentliche Mitglieder habe die Stadt keine Mitgliedsbeiträge gezahlt und auch kein Stimmrecht gehabt, teilte eine Sprecherin mit. Die Stadt habe "nach aktuellem Kenntnisstand" keine Software oder anderweitige Produkte von Protelion oder Infotecs genutzt, hieß es am Montag auf hr-Anfrage.

Protelion ist aus der russischen Firma Infotecs hervorgegangen. Mittlerweile hat sich der deutsche Ableger mit Sitz in Berlin in Protelion umbenannt. Infotecs soll mit dem russischen Geheimdienst FSB zusammenarbeiten.

Neben der Stadt Frankfurt ist die Commerzbank Mitglied im Cybersicherheitsrat Deutschland. Die Bank teilte auf hr-Anfrage mit, bereits im April diesen Jahres die Mitgliedschaft zum Ende dieses Jahres gekündigt zu haben. Über eine mögliche Zusammenarbeit mit IT-Dienstleistern könne sie keine Auskunft geben.

Beben bis in Bundesregierung

Protelion wurde am Montag aus dem Cybersicherheitsrat ausgeschlossen. Die Vorwürfe beschäftigen inzwischen auch die Bundespolitik. Der Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, ist der Gründungspräsident des Cybersicherheitsrats.

Am Sonntag wurde bekannt, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Schönbohm abberufen will. Vor einigen Wochen war Schönbohm noch bei einer Jubiläumsfeier des Cybersicherheitsrats aufgetreten. Am Montag hätte er als BSI-Chef auf dem Wiesbadener Cybersicherheitsgipfels auftreten sollen. Nach Angaben der Veranstalter sagte Schönbohm allerdings bereits vorige Woche krankheitsbedingt ab.

Der Staatssekretär im hessischen Innenministerium, Stefan Sauer (CDU), mahnte am Montag die anwesenden Vertreter aus den Kommunen, auf mögliche Lücken bei der Cybersicherheit zu achten: "Wenn Sie einen guten Dienstleister haben, ist es gut. Aber man sollte ihnen nicht blind vertrauen."

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen