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Grünen-Kandidat Sven Schoeller im Porträt

Sven Schöller Portrait. Auf dem Foto eine kleine Grafik mit einer blau eingefärbten Fläche (Umriss Stadt Kassel), dem Wappen der Stadt und einem Wahlkreuz.

Bei den Kasseler Grünen ist Sven Schoeller schon lange, doch erst seit 2021 sitzt er im Stadtparlament. Jetzt will der promovierte Jurist Oberbürgermeister werden. Er hat die stärkste Rathaus-Fraktion hinter sich - und könnte für ein breites Spektrum wählbar sein.

Samstagvormittag in der Kasseler Markthalle. Ein Heimspiel für den grünen OB-Kandidaten Sven Schoeller, immerhin hat seine Partei bei der Kommunalwahl 2021 ein Ergebnis von über 28,7 Prozent erreicht und somit zum ersten Mal die SPD als stärkste Kraft abgelöst. Unter den Marktbesuchern sind vor allem Menschen, denen regionale Produkte am Herzen liegen. Man trifft sich, trinkt Kaffee und redet.

Hier will der 50 Jahre alte Rechtsanwalt zwischen frischem Gemüse, türkischen Pasten und Bio-Brot ins Gespräch mit den Leuten kommen, die ihn wählen sollen. Kaum ist er am Infostand angekommen, konfrontiert ihn eine ältere Dame mit ihrem drängendsten Thema: zu wenige Parkplätze in der Stadt. Schoeller wirbt fürs Radfahren und macht auf fehlende Flächen aufmerksam, zeigt aber auch Verständnis für die Interessen der Autofahrerin.

Grüne Positionen allen zugänglich machen

Ist das die Stärke des grünen OB-Kandidaten? Dass er grüne Positionen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen kann, mit allen ins Gespräch kommen will? "Ja", sagt Schoeller und erklärt es am Beispiel der Radwege. Es sei einfach, bei Grün-Wählerinnen und -Wählern Zustimmung für mehr Radverkehrsinfrastruktur zu bekommen.

Anders sei das bei einem konservativen Publikum. Hier begründe er die Maßnahmen mit Sicherheit - und Gerechtigkeit: "Es ist doch ungerecht, dass man in Kassel mit dem Rad nicht genauso sicher von A nach B kommt wie mit dem Auto", sagt Schoeller. Das sei eine Argumentation, mit der man weiterkomme.

Bei einem eher wirtschaftsliberalen Publikum stelle er die Auswirkungen einer zeitgemäßen Mobilität auf den Wirtschaftsstandort Kassel in den Mittelpunkt. Immerhin sei für Unternehmen nicht nur die Gewerbesteuer ein Argument für die Ansiedlung, so Schoeller, sondern auch Antworten auf die Frage: "Wo sind lebenswerte Städte?"

Zu konservativ für junge Grüne?

Mit diesen und anderen Themen eilt der dreifache Familienvater über Wochenmärkte, macht Haustürbesuche und spricht auf Podiumsdiskussionen. Sein Terminkalender ist prall gefüllt. Bis zur Wahl bleiben nur noch wenige Tage, bis dahin möchte er jede Gelegenheit nutzen, die Menschen davon zu überzeugen, dass er als erster grüner Oberbürgermeister im März ins Kasseler Rathaus einziehen kann.

Dass Schoeller eher unbekannt ist, könnte sein Ziel, Stadtoberhaupt zu werden, erschweren. Auch wenn er mit den Grünen die stärkste Fraktion im Rücken hat und seine Partei zudem mit CDU und FDP in einem Jamaika-Bündnis regiert. Erst seit 2021 sitzt er im Stadtparlament, ist verkehrs- und rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Für den Posten als Oberbürgermeister war er der einzige Kandidat seiner Partei, die Wahl im September fiel mit 95,1 Prozent der Stimmen eindeutig aus - vielleicht auch, weil "ich nicht so der ganz typische Grüne bin", mutmaßt Schoeller.

Auf seinen Wahlplakaten sieht man ihn mit Schal und Mütze, aber auch im Anzug - mit lässigem T-Shirt darunter. Er wirkt seriös, fast ein bisschen zu konservativ für die Grünen. Doch das, was bei jungen, grünen Wählerinnen und Wählern zum Problem werden könnte, macht ihn für ein breites Spektrum wählbar.

Den städtischen Haushalt ökonomisch und nachhaltig betrachten

Seine Agenda für die Stadt hat der grüne Politiker in mehrere Themenkomplexe und Maßnahmen gebündelt. Dazu zählen der Ausbau von Solarenergie, Nah- und Fernwärme, um den Energiebedarf der Stadt in Zukunft vollständig aus regionalen Energiequellen zu decken. Mit ihm als Oberbürgermeister soll Kassel deutschlandweit die erste Großstadt sein, die von der Energieversorgung unabhängig ist.

Außerdem will er den Haushalt nachhaltiger gestalten und die Verteilung kommunaler Gelder von Nachhaltigkeitszielen wie der CO2-Reduzierung abhängig machen. Klare Kriterien wie eine Quote an Haushalten, die ans Fernwärmenetz angeschlossen sind, die Anzahl der Kindergarten-Plätze oder die Länge des Radwegenetzes sollen zeigen, ob diese Ziele erreicht werden konnten.

Vor Ort etwas für den Klimaschutz tun

Klimaschutz spielt für Schoeller eine ganz große Rolle und "gehört ganz oben auf die Agenda, wenn man sich im Jahr 2023 als Oberbürgermeister bewirbt" - auch weil das Thema für die junge Generation im Vordergrund stehe. Viele Empfehlungen des Klimaschutzrates habe man bereits in politische Beschlüsse umgemünzt, die Umsetzung sei das Problem. “Es braucht jemanden im Rathaus, der ein Antreiber ist”, so Schoeller und ergänzt: "Auf die Tube drücken" könne er gut.

Er sieht seine Generation, die Elterngeneration, in der Pflicht, vor Ort etwas dafür zu tun, damit junge Menschen in der Stadt und auf diesem Erdball vernünftige Lebensverhältnisse vorfinden. Das treibe ihn als Familienvater auch persönlich an.

Schoellers Prognose: Stichwahl zwischen ihm und OB Geselle

Schoellers kommunikative Art scheint in der Markthalle anzukommen. Immer wieder bleiben Menschen stehen und nutzen die Gelegenheit zum Austausch.

Ob es am Ende für einen Einzug ins Rathaus reicht, wird sich am 12. März zeigen. Schoeller glaubt nicht, dass ein Wahlgang genügen, ein Kandidat oder eine Kandidatin im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der Stimmen holen wird. Aber: Sich und seine Grünen sieht er in der Stichwahl mit Amtsinhaber Christian Geselle (SPD, tritt als unabhängiger Kandidat an).

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