Fans von Eintracht Frankfurt in Marseille

Vorstand Axel Hellmann nutzt die Mitgliederversammlung von Eintracht Frankfurt für harsche Kritik an den eigenen Fans. Im Gegensatz zum wiedergewählten Präsidenten Peter Fischer findet er die passenden Worte. Auch OB Peter Feldmann bekommt sein Fett weg.

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Peter Fischer als Eintracht-Präsident wiedergewählt

Peter Fischer bei der Mitgliederversammlung von Eintracht Frankfurt
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Nach ziemlich genau zwei Stunden endete auf der Mitgliederversammlung von Eintracht Frankfurt am Montagabend die Feierlaune. Nachdem zuvor mehrere Einspielfilmchen an den Europa-League-Erfolg in der vergangenen Saison erinnert hatten und der Pokal unter tosendem Applaus neben Präsident Peter Fischer auf die Bühne gebracht worden war, verfinsterte sich die Miene von Redner Axel Hellmann merklich. "Meine Gute-Laune-Rede ist jetzt vorbei", betonte der Vorstand. "An dieser Stelle müssen wir uns alle tief in die Augen schauen."

Der Grund für den plötzlichen Stimmungsabfall: die Vorfälle rund um das Champions-League-Auswärtsspiel der Eintracht bei Olympique Marseille. Fans beider Vereine hatten sich vor rund zwei Wochen gegenseitig mit Silvester-Raketen beschossen, zwei hessische Fußball-Fans zeigten den Hitlergruß, ein Eintracht-Anhänger liegt seitdem schwerverletzt im Krankenhaus. Diese Zustände, die der mit offiziell 79,85 Prozent wiedergewählte Fischer zuvor rhetorisch fragwürdig als "Bürgerkrieg" bezeichnet hatte, nahm Hellmann zum Anlass für eine Generalkritik an den eigenen Fans.

Hellmann kritisiert die eigenen Fans

Zwar sei der Beschuss aus dem Heim-Block in Richtung der Frankfurter Kurve deutlich intensiver gewesen. Und der Fußball sei auf einem "absoluten Irrweg", wenn Eintracht-Fans auf den Straßen von Marseille keine Trikots oder Schals mehr tragen dürften, so Hellmann. Im Gegensatz zu Fischer, der in seiner Eröffnungsrede zwar auch von einem Fehlverhalten der Frankfurter Anhänger gesprochen hatte, dabei aber die Hitlergrüße zunächst unerwähnt ließ und vor allem auf die feindselige Atmosphäre der Gastgeber einging, knöpfte sich Hellmann in erster Linie die eigene Anhängerschaft vor.

Jede noch so hasserfüllte Atmosphäre sei keine Rechtfertigung für tätliche Angriffe auf gegnerische Fans. "Wir dürfen nicht messen, wer mehr Täter oder mehr Opfer hat. Diese Frage dürfen wir nicht stellen", so Hellmann. "Ich möchte nicht, dass aus einem Eintracht-Block auf andere Blöcke geschossen wird, in dem Menschen stehen." Klare Worte, klare Kante.

Auch das Zeigen des Hitlergrußes, den Fischer im Interview mit dem hr-sport verurteilte, sei nicht zu verzeihen und werde zum Ausschluss aus der Kurve führen, unterstrich Hellmann. Dass dies noch nicht geschehen sei, liege nur an den noch laufenden Ermittlungen der Polizei. "Es glaubt ja hoffentlich keiner, dass Eintracht Frankfurt Hitlergrüße im Stadion toleriert."

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"Muss es erst Tote geben?"

Hellmann stellte zudem unmissverständlich klar, dass die Krawalle von Marseille intern aufgearbeitet werden und Konsequenzen haben müssen. Für den 51-Jährigen, selbst ein Kind der Kurve und seit Jahren um ständigen Dialog mit der Fanszene bemüht, wurde in Marseille eine Grenze überschritten. "Wir müssen vor der eigenen Haustür kehren, das ist keine Fankultur mehr. Das ist Gewalt und kriminelle Energie."

Angesichts des Frankfurter Fans, der in Marseille von einer Rakete am Hals getroffen worden war und sich beim Sturz einen Halswirbel und drei Rippen gebrochen hatte, ging Hellmann sogar noch einen Schritt weiter: "Wir müssen uns die Frage stellen: Muss es erst einen Toten geben, damit ein Umdenken stattfindet?" Eindeutige Botschaft: So geht es nicht weiter.

Volle Breite gegen Feldmann

Ähnlich klar positionierte sich Hellmann während seiner Rede auch zu Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann. Der SPD-Politiker, der mit seinem peinlichen Auftritt beim feierlichen Empfang der Eintracht am Tag nach dem Gewinn der Europa League für allerlei Unverständnis im Club gesorgt hatte, bekam von Hellmann mit dem Abstand von knapp vier Monaten sein Fett weg. Insgesamt, so Hellmann, seien "mehr Dinge vorgefallen als die, die bekannt sind".

Dass Feldmann Kapitän Sebastian Rode den Pokal aus den Händen gerissen und bei seiner wirren Rede mehrere Spieler falsch ausgesprochen hatte, sei fast schon zu vernachlässigen. "Es geht mir um das Gesamtbild und die Rolle des Oberbürgermeisters. Er hat versucht, die Ankunft bis zur Ehrung nicht zum feierlichen Moment für die Protagonisten zu machen, sondern für sich selbst zu nutzen."

Feldmann vor Abwahl

Selbst den Autokorso, der mehrere Hunderttausend Menschen auf die Straßen gelockt und Frankfurt in eine große Party verwandelt hatte, habe Feldmann absagen wollen. "Er wollte das verhindern, weil er nicht eingeladen war."

Die Eintracht, das betonte Hellmann, werde sich nicht an einer parteipolitischen Debatte beteiligen. Die Aufgabe eines Oberbürgermeisters sei es aber, die Stadt in großen Momenten würdig und stilvoll zu vertreten. "Jede Stadt bekommt oder behält den Oberbürgermeister, den sie verdient", so Hellmann, der damit auf den Frankfurter Bürgerentscheid zur möglichen Abwahl Feldmanns am 6. November anspielte. Klar ist: Von Zustimmungswerten wie bei Fischer, der in seine achte Amtszeit und sein 22. Jahr bei der Eintracht geht, wird Feldmann dabei nur träumen können.

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