Bildcollage mit Gruppe im Konflikt und "Cayo Egle" Fussballschiedsrichter

Gewalt und Aggressionen kennt man auch aus dem Amateurfußball. Gerade Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter haben es schwer - und immer mehr Unparteiische geben ihr Hobby auf.

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Ein Handyvideo vom Spielfeldrand nimmt Anfang 2023 den Moment auf, den Cayo Egle noch immer nicht vergisst. Das 16 Jahre alte Schiedsrichtertalent pfeift im Mai vergangenen Jahres ein Jugendpokalfinale der C-Junioren im Raum Frankfurt. Das Fußballspiel wird emotional geführt – auch verständlich, immerhin geht es um den Pokal. Doch nicht die Spieler sind es, die eine unnötige Härte ins Spiel bringen, sondern die Kommentare einiger Eltern am Spielfeldrand.

Nach dem Abpfiff kommt es zum Eklat. Der Vater eines Spielers der unterlegenen Mannschaft rennt auf Cayo Egle zu. Der 16-Jährige weicht nach hinten aus. Der Mann bedroht den Jugendlichen. Er macht mit einer Handbewegung eine Kopf-ab-Geste und droht auch wörtlich damit, ihn zu köpfen. Knapp ein Jahr später sagt Cayo Egle mit Blick auf den Vorfall: "Wäre ich stehen geblieben, hätte ich mir eine gefangen."

Cayo Egle

Gewalt gegen Schiedsrichter keine Seltenheit

Immer wieder gibt es Berichte von Aggressionen und Gewalt auf dem Sportplatz. Erst in der vergangenen Woche erhielt ein 17-Jähriger vor der Jugendkammer des Landgerichts Frankfurt eine zweijährige Bewährungsstrafe. Er hatte bei einem Jugendfußballturnier im Frankfurter Stadtteil Eckenheim einen 15-Jährigen per Faustschlag tödlich verletzt.

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"7 Tage... unter Schiris" in der ARD-Mediathek

Anfeindungen, Schläge und sogar Morddrohungen: Schiedsrichter bekommen beim Fußball viele Aggressionen ab. Das ist vermutlich ein Grund, warum die Zahl der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter in den Amateurligen in den vergangenen Jahren fast stetig zurückgegangen ist. 7-Tage-Reporter Marius Kollbacher will es ausprobieren und will wissen: Was bedeutet es, auf sich allein gestellt zu pfeifen? Die gesamte Doku sehen Sie hier in der ARD-Mediathek.

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Jennifer Juhre war fassungslos, als sie von der Tat erfuhr. Die 19-jährige hat bereits einiges als Schiedsrichterin in Frankfurt durchgemacht. "Von solchen Fällen hört man immer öfter und erlebt es auch selbst. Viele Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter hören auf, weil es immer schlimmer wird", erklärt sie. Dabei seien vor allem die Unparteiischen, die für wenig Geld an Wochenenden und unter der Woche die Spiele leiten, inzwischen im Fokus der Gewalt.

Laut des DFB gab es in der Saison 21/22 bundesweit knapp 2.400 Übergriffe auf Schiedsrichter. 911 Spiele endeten sogar mit dem Spielabbruch. Der Trend der letzten Jahre zeigt dabei klar nach oben. Auch Juhre spielt immer wieder mit dem Gedanken, ihr Hobby an den Nagel zu hängen. Doch am Ende überwiegen für sie noch die positiven Erfahrungen, wie sie sagt.

Jennifer Juhre

Schiedsrichtermangel auch in Hessen

Doch nicht jeder Schiedsrichter kommt zu dem Entschluss, weitermachen zu wollen. Die Schiedsrichtervereinigung in Offenbach hat rund 280 aktive Schiedsrichter, allerdings müssen sie an Spieltagen oft mehr als 300 Spiele besetzen. Das führt dazu, dass vor allem im Jugendbereich Spiele abgesagt werden müssen, weil es nicht mehr genügend Unparteiische in der Region gibt.

"Wir als Schiedsrichter verlieren immer wieder mal Kollegen – vor allem die, die körperlich angegangen wurden. Die sagen dann: 'Für 30 Euro tue ich mir das an einem Sonntag nicht mehr an'", sagt Günter Kiepfer, Leiter der Schiedsrichtervereinigung Offenbach. Die teils aggressive Stimmung auf den Sportplätzen sei ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Respektspersonen, wie Polizistin oder Sanitäter, bekämen nicht mehr die Wertschätzung, die sie verdienten. Das gleiche gelte für Schiedsrichter. Trotzdem ist ihm wichtig zu betonen, dass körperliche Angriffe auf Schiedsrichter noch immer eine Ausnahme darstellen: "Das ist ein verschwindend geringer Teil, aber es ist das, was derzeit medial im Fokus steht."

Günter Kiepfer

Cayo Egle macht weiter

Auch der Fall von Cayo Egle ging bundesweit durch die Medien. Der Täter wurde im Nachhinein angezeigt. Der Verein seines Sohnes und der Verein, wo das Kreispokalfinale stattfand, wurden von einem Sportgericht des Hessischen Fußball-Verbands (HFV) zur Kasse gebeten.

Der 16-jährige Schiedsrichter stand ungeachtet dessen nach wenigen Wochen wieder auf dem Platz. Aufzuhören sei ihm gar nicht in den Sinn gekommen, sagt er: "Schiedsrichter zu sein, ist meine Leidenschaft. Wenn alle nach solchen Aktionen aufhören, gibt es irgendwann keine Schiedsrichter und damit auch keinen Amateurfußball mehr."