Frankfurt Galaxy hat die zweite Saison in der noch jungen European League of Football hinter sich. Was die Liga schon gut macht und wo es noch Raum für Verbesserungen gibt, erklärt Head Coach Thomas Kösling im Interview.

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Kösling: "Das sind Dinge, die dürfen nicht passieren"

Galaxy-Trainer Thomas Kösling
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Die zweite Saison in der European League of Football (ELF) endete für Frankfurt Galaxy vorzeitig. Die Hessen haben die Playoffs verpasst und bereiten sich schon auf Season Nummer drei vor.

Im zweiten Teil unseres Saisonabschluss-Interviews spricht Cheftrainer Thomas Kösling über die Leistung der Schiedsrichter, über Probleme der Teams und über einige Änderungen, die er sich für die Liga wünschen würde.

hessenschau.de: Die European League of Football ist ja noch eine sehr junge Liga. Was hat sich da denn in diesem Jahr im Vergleich zur Premierensaison verbessert?

Thomas Kösling: Es hat sich schon vieles stabilisiert, was im ersten Jahr überraschend gut war. Dass es Kameras gibt und man damit die Möglichkeit hat, Schiedsrichterentscheidungen mit einer Challenge-Flag überprüfen zu lassen, das ist schon top. Das gibt es in anderen Ligen nicht. Das ist aber trotzdem auch ein Punkt, wo sich die ELF weiterentwickeln muss: Die Liga wird besser, das Spiel wird schneller, also müssen auch die Schiedsrichter besser werden. Da gab es in einigen Spielen einige Entscheidungen, die dürfen nicht passieren. Die Schiedsrichter sind aber in derselben Situation wie unsere Homegrown-Player: Die haben alle einen Job, die werden nicht teuer bezahlt, also woher soll es kommen?

hessenschau.de: In welchen Bereichen sehen sie noch Verbesserungspotenzial?

Kösling: Wir müssen mehr Zuschauer in die Stadien bekommen. Es gibt noch genügend Stadien, die ihre Kosten nicht decken. Wir hatten einen Schnitt von 5.000, was gut ist und viel mehr als in den Jahren zuvor. Aber selbst hier ist noch nicht alles Potenzial ausgereizt. Rhein Fire ist da das Sonderbeispiel: Die konnten einen Hype mitnehmen in eine Liga, die schon im Fernsehen präsent ist. Aber das haben Stuttgart oder Leipzig nicht. Die Liga steht und fällt mit dem Zuschauerinteresse. Ohne die Fans ist das für einige Teams schwer finanziell zu stemmen. Da sind wir nicht naiv.

hessenschau.de: Gibt es da schon einige Teams, bei denen es eng werden könnte?

Kösling: Man muss sich den Zuschauerschnitt anschauen. Ich habe wirklich keine Insider-Infos, aber wenn in Barcelona nur 400 Zuschauer sind, haben sie entweder sehr reiche Besitzer – was ich hoffe – oder es wird schwierig. Wenn in Leipzig keine Zuschauer kommen, weil sie jetzt auch kein festes Stadion hatten: Ich weiß nicht wie die Situation genau ist, aber ich weiß, was so eine Mannschaft kostet. Ich hoffe, alle Teams bleiben dabei, aber selbst in der DEL, im Handball und im Basketball sind Teams weggebrochen. Wir sind jetzt eine Profi-Liga mit GmbHs. Es ist nur an der Frage der Zeit bis ein Team sagt: "Wir schaffen das nicht mehr". Das ist der normale Gang der Dinge.

hessenschau.de: Sie haben die Fernsehübertragungen angesprochen. Die ELF läuft bei der ProSieben-Senderfamilie. Dort wurde jahrelang auch die große NFL gezeigt, für die sich ab kommendem Jahr aber RTL die Rechte gesichert hat. Befürchten Sie, dass das Zuschauerinteresse mit wegwandert?

Kösling: Ich glaube nicht, dass die Menschen, die ELF im Sommer eingeschaltet haben, weil ProSiebenMaxx der Heimsender der NFL war. Natürlich war es förderlich, aber vielleicht sagt der Sender in Zukunft auch: "Okay, jetzt pushen wir die ELF noch ein bisschen mehr." Vielleicht bekommen wir mal einen Sendeplatz auf ProSieben, weil Football inzwischen einfach interessant ist. Ich mache mir da wenig Sorgen. Es ist nach wie vor ein Riesen-Plus, dass ELF-Spiele im Fernsehen laufen.

hessenschau.de: Die Liga wird auch in der nächsten Saison wachsen. Vier Teams aus Italien, Ungarn, der Schweiz und Deutschland kommen neu dazu. Wie schätzen sie die neue Konkurrenz ein?

Kösling: Ich halte Mailand für sehr kompetitiv. Die werden eine ähnliche Rolle wie Barcelona spielen. Bei den Ungarn kann ich mir nicht vorstellen, dass sie auf dem höchsten Level einsteigen. Die Schweizer sind vielleicht ein bisschen drüber. Und München wird interessant. Man darf nicht mit den Erwartungen an ein neues Rhein Fire dahinschauen. München ist keine Football-Stadt. Die Cowboys haben in der GFL zwar den Titel gewonnen, aber deshalb sind nicht alle Menschen plötzlich zum Football geströmt. Es wird spannend zu sehen, ob die sich werden halten können.

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hessenschau.de: Wissen Sie schon, ob sich durch die Erweiterung auch die Conferences ändern?

Kösling: Ich gehe davon aus, ja.

hessenschau.de: Und darüber sind Sie froh, weil die Galaxy dann wohl nicht mehr eine so starke Gruppe haben wird, wie in dieser Saison mit den beiden österreichischen Teams?

Kösling: Naja, froh... Wir haben die Playoffs ja nicht in unserer Gruppe verspielt. Die Aussetzer gegen andere Teams haben uns das Bein gestellt, vor allem die beiden knappen Niederlagen gegen Rhein Fire. Wir haben kein Problem, in so einer Gruppe zu starten, aber man muss das gesamte Bild sehen. Bei Hamburg, die eine leichte Gruppe hatten, war es früh klar, dass sie in die Playoffs kommen. Und die können dann Spieler schonen. Die müssen einen Kasim Edebali nur beim dritten Versuch aufs Feld schicken. Das ist ein Vorteil am Ende der Saison. Die haben ja kaum verletzte Spieler. Wären wir in die Playoffs gekommen, wir wären eher reingehumpelt, so viele Verletzte hatten wir.

hessenschau.de: Wie könnte die Liga das System optimieren?

Kösling: Die Liga proklamiert, dass sie sich nach der NFL richtet. Ich hoffe, dass sie das künftig auch in punkto Schedule und Tie-Breaker-Szenario macht. Man sollte die Spielpläne so anlegen, dass die Conference-Gegner zu 90 Prozent dieselben Gegner haben. Das ist in der NFL so. Und die Tie-Breaker gehen auch nicht nach Punkten aus dem direkten Vergleich. Das, was wir hier haben, das ist ein Fußball-Szenario. Das gibt es eigentlich nicht im Football, dass ein Team, das hintenliegt, das Spiel abkniet, weil sie den direkten Vergleich gewinnen. Das darf es auch nicht geben. In der NFL ist es im direkten Vergleich egal, ob du mit einem Punkt oder mit 14 gewinnst. Es zählt nur Win und Loss.

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Kösling: "Das ist ein Fußball-Szenario"

Galaxy-Trainer Thomas Kösling
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hessenschau.de: Wird der Input von den Trainern bei der Liga ernst genommen? Sind Sie da im regelmäßigen Austausch?

Kösling: Ja, auch wenn es vergangenes Jahr nicht immer so lief, wie ich mir das erhofft hatte. Aber jetzt wurde Andreas Nommensen, der Ex-Coach von Hamburg, in diese Position (Head of Football Operations; Anm. d. Red.) gehoben und da war viel mehr Kommunikation. Auch deswegen fahre ich nach Klagenfurt, weil dort alle Head Coaches sein sollen zum Netzwerken. Das sind nur kleine Schrauben, an denen wir drehen müssen. Aber das wird auf lange Sicht sinnvoll sein.

hessenschau.de: Wäre eine Stellschraube, dass mit der neuerlichen Expansion auch mehr Teams in die Playoffs kommen?

Kösling: Ich hoffe es, weil die Liga gezeigt hat, wie ausgeglichen sie ist. Wir sind in einem klaren Missverhältnis, weil von zwölf Teams nur vier in die Playoffs kommen. Bei 16 Teams können wir meiner Meinung nach schon auf 8 Teams gehen. Man muss nur auf die Belastung aufpassen. Zwölf Spiele sind eigentlich zu viel. Mit noch einer Playoff-Runde ist es noch eins mehr. Wir sind eigentlich am Limit.

hessenschau.de: Die ELF will regionale Talente entwickeln. Jedes Team darf nur vier Profis aus einem Land mit College-Football und acht EU-Import-Spieler unter Vertrag nehmen…

Kösling: Zur neuen Saison werden die EU-Imports aber wieder um zwei Spieler gekürzt.

hessenschau.de: Und das befürworten Sie?

Kösling: Ich bin kein Freund davon. Die Homegrown-Situation wird überschätzt. Mein Paradebeispiel ist immer: Man braucht zehn bis zwölf Offensive-Line-Spieler und wir haben acht deutsche Teams. Also bräuchten wir alleine in Deutschland 96 O-Liner, die gut genug für die Liga sind. Und es gibt ja auch GFL-Teams wie Schwäbisch Hall oder Braunschweig, die auch Spieler brauchen. Wo sollen 100 Offensive-Line-Spieler herkommen, die auf diesem Level Football spielen können? Die gibt es nicht und die kann man sich nicht backen. Ich verstehe den Gedanken hinter der Idee, aber der Liga wäre gutgetan, wenn man es bei 14 oder 12 Importspielern belässt. Dann hat man bei einem 60-Mann-Kader immer noch 48 Homegrown-Spieler.

Das Gespräch führte Gerald Schäfer.

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Interview Teil eins

Den ersten Teil des Interviews, in dem Kösling über eigene Fehler, über Verbesserungsmöglichkeiten auf und abseits des Platzes sowie über die Zukunft der Galaxy geht, finden Sie hier.

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