Tischtennis-Superstar verliert letztes Karrierespiel Standing Ovations, Dauer-Applaus, Dirk Nowitzki: Der emotionale Abschied von Timo Boll
Timo Boll verliert zwar das letzte Spiel seiner Karriere, abgefeiert wird der Odenwälder Tischtennis-Star dennoch nach allen Regeln der Kunst. Applaus, der den 44-Jährigen in die Sport-Rente schickt.
Am Sonntagnachmittag, exakt 16.33 Uhr, schlug Timo Boll ein letztes Mal auf - nach bald 30-jähriger Karriere, nach zig nationalen wie internationalen Erfolgen. Der Tischtennis-Superstar aus dem kleinen Höchst im Odenwald machte endgültig Schluss. Die Frankfurter Ballsporthalle war Schauplatz des Sportereignisses, das Finale um die deutsche Tischtennis-Meisterschaft der würdige Rahmen. Einzig: Das ganz große Happy End blieb aus. Boll verlor mit seinem Team von Borussia Düsseldorf, muss dem TTF Ochsenhausen den Titel überlassen. Letztlich nicht mehr als eine Randnotiz.
Das Hauptaugenmerk lag, keine Frage, den ganzen Tag über auf dem Abschied des Hessen. Entsprechend zollten die 5.000 Fans in der ausverkauften Halle dem 44-Jährigen nach Spielschluss minutenlang Respekt. "Timo, Timo, Timo"-Rufe schallten durch die Halle, dazu Standing Ovations, Dauerapplaus, auch Tränen.
Nowitzki drückt die Daumen
Der letzte Auftritt Bolls hatte viel Prominenz angelockt. So nahm etwa Dirk Nowitzki, ein guter Freund des Hessen, gleich in der ersten Reihe seinen Platz ein, zudem weitere Sport-Bekanntheiten wie Franziska van Almsick, Christian Schwarzer und Fredi Bobic oder auch der SPD-Politiker Karl Lauterbach, ein selbsterklärter Tischtennis- und Timo-Boll-Fan.
Sie alle sahen, wie der Lokalmatador schon vor dem ersten Ballwechsel abgefeiert wurde. Als ein Liga-Verantwortlicher ihm warme Worte entgegenrief, applaudierte das Publikum lautstark, wirkte Boll emotional angefasst, gleichzeitig aber befand er sich bereits im Tunnel - schließlich stand nur wenige Minuten später das erste Einzel des Tages an, jenes des Odenwälders gegen Hugo Calderano, die Nummer drei der Welt.
Boll verlor das teils hochklassige Duell nach hartem Kampf. 0:2-Satzrückstand, 2:2-Ausgleich, ein tosendes Publikum, letztlich eine knappe 2:3-Niederlage, die dem Held der Massen dennoch stehende Ovationen einbrachte. Boll lächelte, schüttelte den Kopf, lächelte wieder, wusste nicht so recht, wohin mit den Gefühlen - und verließ lieber den Innenraum. Erst einmal runterkommen nach diesem letzten Karriere-Einzel. Das große Finale sollte ja erst noch kommen.
Entscheidung fällt im Doppel - mit Boll
Die Spiele seiner Kollegen verfolgte der 44-Jährige dann hinter der Absperrung im Mannschaftsbereich, gab hier und da Tipps, vorübergehend lag der Fokus mal nicht auf ihm. Etwas, das er zeit seiner Karriere stets genoss. Er suchte nie die Aufmerksamkeit, die Aufmerksamkeit fand ihn. Vier Medaillen bei Olympia (2x Silber und 2x Bronze im Team), 15 EM-Siege im Einzel und Team, acht WM-Medaillen, Champions-League-Siege schmücken Bolls Vita. In drei Kalenderjahren war er die Nummer eins der Welt, das erste Mal bereits im Alter von 22, das letzte Mal vor sieben Jahren mit 37. Ein Ausnahmesportler, kein Zweifel.
Nachdem sich Ochsenhausen und Düsseldorf also in den Einzelduellen in nichts nachstanden, sollte zum Finale furioso auch Boll noch einmal an die Platte treten. An der Seite des Schweden Anton Källberg zeigte Boll zwar erneut seine Klasse, zum Meistertitel sollte es jedoch nicht reichen. Den spielentscheidenden Fehler beging Boll selbst. Freilich nur ein klitzekleiner Makel einer herausragenden Karriere.
"Es war sportlich vielleicht kein Highlight mehr. Aber ich werde es nicht vergessen. Vielen Dank!", sagte der Rekord-Europameister zum Abschied in das Hallenmikrofon.