Soll dieses Mal länger als 50 Jahre halten: die neue Schiersteiner Brücke

Nach zehn Jahren Bauzeit ist die neue Schiersteiner Brücke zwischen Wiesbaden und Mainz eröffnet worden - begleitet von Protest. Seit Montagmorgen rollt der Verkehr wieder.

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Schiersteiner Brücke für Verkehr freigegeben

hessenschau von 16:45 Uhr
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Politiker von Bund und Land haben am Sonntag die neue Schiersteiner Brücke zwischen Mainz und Wiesbaden feierlich eröffnet. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zufolge zeige die Brücke "viele neue technische Entwicklungen", die das Bauwerk "robust" machten, nicht zuletzt auch für den wachsenden Verkehr.

Al-Wazir fordert schnellere Verfahren bei Infrastrukturvorhaben

Hessens Minister Al-Wazir (Grüne) verwies bei dem Festakt auch auf den Zugewinn für Nicht-Autofahrer: "Auch der Rad- und Fußverkehr wird mit gleich drei Rad- und Gehwegverbindungen über den Rhein profitieren." Der jahrelange Bau der Schiersteiner Brücke habe aber auch deutlich gemacht, dass es bei der Umsetzung wichtiger Infrastrukturvorhaben ein schnelleres Verfahren brauche.

Nach einem Jahrzehnt der Staus und Sperrungen wurden die beiden Brücketeile am Montagmorgen um 5 Uhr dann auch für den Verkehr freigegeben. Seitdem rollen zum ersten Mal Autos sechsspurig auf der neuen Doppelbrücke. Laut bundeseigener Autobahn GmbH ist fortan nicht mehr mit Stau zu rechnen.

Am Samstag und Sonntag war die A643 zwischen Wiesbaden-Äppelallee und Mainz-Gonsenheim nochmals voll gesperrt worden. Neben der Eröffnungsfeier mussten laut Autobahn GmbH zum Beispiel noch die Fahrbahnmarkierung aufgepinselt und Schilder aufgestellt werden.

Sie durchschnitten am Sonntag gemeinsam das symbolische Band: Volker Hans, Dezernat Fördermittelmanagement Stadt Mainz, Nino Haase (parteilos), Oberbürgermeister von Mainz, Gert-Uwe Mende (SPD), Oberbürgermeister von Wiesbaden, Tarek Al-Wazir (Grüne), Verkehrsminister von Hessen, Volker Wissing (FDP), Bundesverkehrsminister, Andy Becht (FDP), Verkehrsstaatssekretär in Rheinland-Pfalz, und Ulrich Neuroth, Direktor der Niederlassung West der Autobahn GmbH.

Wermutstropfen: Zum Teil bleibt Tempo 40

Ein Wermutstropfen bleibt nach der Brückeneröffnung: An einer Stelle auf der Mainzer Seite bleibt in eine Richtung Tempo 40. Wer von Wiesbaden Richtung Bingen oder Alzey fährt, muss sich nämlich in Mainz-Mombach durch eine S-Kurve schlängeln.

Die Schiersteiner Brücke besteht jetzt aus zwei Brücken über den Rhein. Die neue Brücke (rechts) wird Sonntag eingeweiht.

In der Kurve geht es nicht schneller, und das wird auch die nächsten Jahre so bleiben. In Gegenrichtung soll durchgehend Tempo 100 möglich sein.

Allerdings nur bis zur nächsten Baustelle. Denn nicht nur die Brücke selbst wird sechsspurig, auch der weitere Verlauf bekommt pro Richtung drei Spuren, fast bis in die Stadt Wiesbaden hinein.

Kurz vor der Baustelle Äppelallee soll Tempo 80 gelten. Die Bauarbeiten sollen dort in einem Jahr, also Mitte 2024, fertig sein. Die Strecke bis zur A66 am Schiersteiner Kreuz wird nach den Planungen 2026 fertig. Das Schiersteiner Kreuz selbst soll laut Autobahn GmbH bis 2028 Baustelle bleiben.

Pegelstände und ein Bauunfall sorgten für Verzögerungen

Die alte Schiersteiner Brücke war so marode, dass sie 30 bis 40 Zentimeter absackte und daraufhin gesperrt wurde. Der komplette Neubau sollte eigentlich sechs Jahre dauern - drei Jahre pro Brücke. Es sind zehn Jahre daraus geworden.

Niedrige Pegelstände des Rheins und ein großer Bauunfall sorgten für Verzögerungen. Und dann wartete man einfach noch ein Jahr mit der Eröffnung: Die Schiersteiner Brücke war Umleitung für die ebenfalls kaputte Salzbachtalbrücke.

Nicht mehr anfällig für Streusalz

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Schiersteiner Brücke symbolisch eröffnet

Soll dieses Mal länger als 50 Jahre halten: die neue Schiersteiner Brücke
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Die neuen Brücken sind anders gebaut als die alte. Sie sollen nicht mehr anfällig für Streusalz sein. Es besteht also Hoffnung, dass sie diesmal länger als 50 Jahre halten. Alexander Pilz von der Autobahn GmbH geht davon aus, dass wir "an den modernen Bauwerken 100 Jahre Freude haben".

Das hat seinen Preis: Die Gesamtkosten belaufen sich der Autobahn GmbH zufolge auf 252 Millionen Euro, gezahlt vom Bund. Bei Baubeginn rechnete man mit 216 Millionen.

Streit um den Mainzer Sand

Auch auf Mainzer Seite wird es neue Baustellen geben. Die Frage ist nur, ab wann. Denn dort herrscht Streit. Soll die Autobahn 643 zwischen den Stadtteilen Mombach und Gonsenheim auch sechsspurig werden? Der Bund sagt ja.

Die Stadt Mainz und das Land Rheinland-Pfalz wehren sich dagegen, gemeinsam mit dem Bündnis "Nix in den Mainzer Sand setzen". Die dort engagierten Verbände wollen die Dünenlandschaft schützen. Wie die Schwanheimer Düne in Frankfurt gehört der Mainzer Sand zu den seltenen Binnendünen.

Zurzeit liegt der Fall bei der EU. Der Streit um den Mainzer Sand begleitete am Sonntag auch den Eröffnungsakt der neuen Brücke: Bis zu 200 Anhänger und Unterstützer des Bündnisses demonstrierten an der Schiersteiner Brücke in Wiesbaden, in Sichtweite der Minister aus Bund und Land.

Bei den Bauarbeiten: Ein Betonpfeiler wurde von Bauarbeitern in den Rhein gegossen.

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Ingenieurskunst am Rhein

Die Schiersteiner Rheinbrücke ist mit 1,2 Kilometern besonders lang; der Rhein ist breit an der Stelle. Die alte Brücke bestand nur aus einem Bauwerk. Heute gibt es zwei Brücken, für jede Fahrtrichtung eine. Sie verlaufen mit ein wenig Abstand parallel nebeneinander.

Beim Neubau wurden Zehntausende Kubikmeter Beton und Zehntausende Tonnen Stahl verbaut. Zum Teil mussten drei Werke gleichzeitig Beton anliefern. Große Pfeiler wurden neu im Rhein gegründet. Baufirmen mussten ihr Material mit Fähren auf die Rheininsel unter der Brücke schaffen.

Ein Ereignis zum Zuschauen war stets das "Einschwimmen": Fertig gebaute, große Brückenteile wurden mit einem Ponton, einem Floß, langsam an die richtige Stelle auf dem Rhein gebracht und mit Hilfe von Hydraulik Stück für Stück in die Höhe gehievt.

Bei den Bauarbeiten wurde die Natur im Rhein, Flora und Fauna, gestört. Dafür gab es schon früh einen Ausgleich: In Geisenheim im Rheingau wurde ein Altrheinarm als Rheinaue renaturiert.

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