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Vorläufiges Insolvenzverfahren bei Hut-Hersteller Wegener

2er Kombo; Außenansicht der Hutfabrik Wegener in Lauterbach mit diversen Hüten

Sie haben Hüte für deutsche Olympioniken produziert und sich mit Kopfbedeckungen aller Art einen Ruf erworben. Nun läuft in der Lauterbacher Traditionsfirma Wegener ein vorläufiges Insolvenzverfahren. Doch der neue Geschäftsführer ist untergetaucht.

Der Niedergang des traditionsreichen Vogelsberger Hut-Herstellers Wegener geht weiter. Nach dem Verkauf im Februar an einen ausländischen Investor und einigen Turbulenzen in jüngster Vergangenheit wurde nun ein vorläufiges Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Antrag wurde beim Insolvenzgericht in Gießen gestellt. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Gießener Rechtsanwalt Tim Schneider bestellt. Wenn er über diese Aufgabe spricht, fallen Worte wie "Katastrophe" und "Albtraum". Denn es sei eines der ungewöhnlichsten Verfahren, das er seit 25 Jahren betreue.

Keine Infos: Geschäftsführer ist abgetaucht

Schneider hat nach eigenen Angaben seit Wochen keinen genauen Überblick zur Lage des Unternehmens. Ihm lägen so gut wie keine schriftlichen Informationen vor. Und Auskünfte von Investor und Geschäftsführer Daniel Stanislav Wlodarczak gebe es auch nicht. Der Mann sei untergetaucht und nicht zu erreichen, sagt Schneider. Auch auf Anfrage des Hessischen Rundfunks kam keine Antwort von Wlodarczak.

Auslöser für das vorläufige Insolvenzverfahren waren ausstehende Sozialversicherungs-Abgaben an eine Krankenkasse, wie Schneider sagt. Und es gebe noch weitere Gläubiger. Wie viele es genau sind und wie hoch sich die Forderungen summieren - dazu fehlen ihm schlichtweg die Details.

Der Insolvenzanwalt hat versucht, Kontakt zu Wlodarczak aufzunehmen - vergeblich. "Ich habe keine Ahnung, wo er sich aufhält. Auf Anrufe und Mails antwortet er nicht." Dabei habe Wlodarczak als Geschäftsführer der in Schieflage geratenen GmbH eine Mitwirkungspflicht, betont der Jurist.

Vermögenswerte verschoben?

Möglich sei, dass als nächstes die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnimmt und prüft, ob Straftaten im Raum stehen. Möglicherweise sind Vermögenswerte verschoben worden. Denn Wlodarczak hat laut Schneider vor einigen Monaten Unterlagen und Lagerbestände abtransportieren lassen. Sein Verhalten sei "sehr verdächtig".

Produziert wurde in Lauterbach zuletzt nicht mehr. "Die Ware wurde zum Beispiel in Polen und Italien hergestellt und dann verkauft", weiß Schneider. Der Betrieb am Vogelsberger Stammsitz sei "tot" und werde nun "abgewickelt". Zuvor müssen die noch auffindbaren Vermögenswerte eingezogen werden, um die Ansprüche der Gläubiger bestmöglich zu bedienen, wie Schneider erklärte.

Belegschaft gekündigt - Produktion im Ausland

Die eigentlich übliche Zielsetzung für den Insolvenzverwalter, den Betrieb zu sanieren und fortzuführen, sei nicht mehr möglich. Ohnehin sei der rund 50-köpfigen Belegschaft nach der Übernahme durch den Investor gekündigt worden, weil dieser im Ausland produzieren lassen wollte.

Verkauft wurde die R. & M. Wegener GmbH & Co. KG im Februar von Theresa Wegener, der Junior-Chefin des traditionsreichen Familien-Unternehmens. Sie hatte im Jahr 2019 die Leitung in siebter Generation von ihrem Vater übernommen.

Ex-Junior-Chefin macht mit neuer Gesellschaft weiter

Nach dem Verkauf der Gesellschaft gründete Theresa Wegener mit der Wegener 1817 GmbH & Co. KG eine neue Gesellschaft für den Vertrieb von Hüten und Bekleidung. In dieser Gesellschaft wurden Mitarbeitende der alten Wegener-Belegschaft weiterbeschäftigt. Die neue Gesellschaft ermöglicht es Theresa Wegener, weiter den bestens eingeführten Namen zu nutzen.

Die Firma Wegener wurde im Jahr 1817 in Hamburg gegründet und verlegte ihren Sitz 1884 nach Lauterbach, wo eine abgebrannte Spinnerei zum Verkauf stand. Der Betrieb wuchs im Laufe der Zeit. Neben einer kleinen Eigenproduktion für exklusive Modelle in Lauterbach ließ Wegener zuletzt hauptsächlich in Italien, Polen und China produzieren.

Wegener machte sich mit seinen Kollektionen in der Branche einen guten Ruf und stattete sogar die deutschen Sportler vor Olympischen Spielen mit Kopfbedeckungen aus. Zylinder aus dem Hause Wegener werden auch alljährlich beim traditionsreichen Pferderennen im englischen Ascot getragen.

Investor-Antwort: Markt wegen Ukraine-Krieg zusammengebrochen

Unter dem neuen Investor der nun in Schwierigkeiten geratenen Gesellschaft wurden nicht mehr solche Erfolgsgeschichten geschrieben. Der "Oberhessischen Zeitung" antwortete er im Mai auf eine Anfrage: Er beklagte, dass der osteuropäische Markt wegen des Ukraine-Kriegs kollabiert sei und die Firma deswegen in Schieflage geraten sei.

Theresa Wegener bezeichnete in der Zeitung das vorläufige Insolvenzverfahren als "unglückliche Entwicklung" und "traurigen Höhepunkt" der missglückten Übernahme durch den polnischen Investor.

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