Spaziergang mit Gartenhistoriker Siegfried Hoß Das sind die verborgenen Schätze im Kasseler Bergpark

Welterbe, weitläufige Parkanlage, berühmte Wasserspiele - das wissen viele über den Bergpark in Kassel. Doch wer bekannte Wege verlässt, kann immer wieder eine Überraschung erleben.

Eine gemauerte Grotte aus alten Steinblöcken, darüber in der Ferne eine imposante Statue. Rechts und links Wald.
Der Bergpark in Kassel: Herkules, Wasserspiele und vieles mehr. Bild © Stefanie Küster (hr)

Terrassenförmig klettert der Kasseler Bergpark Wilhelmshöhe empor, bis die gigantische Herkules-Statue auf einer Höhe von mehr als 500 Metern über der Stadt thront. Seit 2013 gehört die vor allem für ihre Wasserspiele bekannte Parkanlage zum Unesco-Welterbe.

Der Bergpark sei kein Zufallsprodukt, sondern ein bewusst inszenierter Landschaftsraum, erklärt Siegfried Hoß, Leiter der Abteilung Gärten und Gartendenkmalpflege der landeseigenen Kultur-Verwaltung Hessen Kassel Heritage.

Die Fürsten, die den Park ab dem 18. Jahrhundert auf rund 240 Hektar anlegen ließen, wollten mehr als nur beeindrucken. Der Park sollte Macht darstellen und laut Hoß eine "idealisierte Natur" zeigen. Noch heute gilt er als der größte Bergpark Europas.

Audiobeitrag
Bild © Stefanie Küster (hr)| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Start am Schloss 

Wer das erste Mal den Bergpark besucht, solle am Schloss starten, so der Gartenhistoriker. Von der Vorderseite des Schlosses hat man einen weiten Blick über die Stadt und das Kasseler Becken. Einst fuhren hier die Kutschen vor, nun lädt die riesige Freitreppe zu einer kurzen Pause ein. 

Ein schnurgerader Weg durch unzähligen Bäume, dahinter eine Straße und Bebauung. Rechts ein Aussichtsfernrohr auf einem Ständer.
Vor dem Schloss hat man einen Blick über die schnurgerade Wilhelmshöher Allee und die ganze Stadt. Bild © Stefanie Küster (hr)

Besonders spannend ist laut Hoß die Gartenseite mit Blick in Richtung Herkules. Rechts und links der Mittelachse sind weitere Sichtachsen erkennbar. Während die eine zwischen Baumwipfeln die Löwenburg zeigt, wirkt die andere in Richtung Gewächshaus wesentlich unspektakulärer. Der Vorteil: Hier sind deutlich weniger Menschen unterwegs als auf den Hauptwegen.

Auf dieser Karte des Bergparks in Kassel sieht man die Strecke, die die Autorin gelaufen ist. Unter anderem gibt es die Stationen Schloß, neuer Wasserfall, Aquädukt, Teufelsbrücke  und die Eremitage des Sokrates.
Bild © OpenStreetMap-Mitwirkende, hessenschau.de

Vom Neuen Wasserfall bis zum Merkurtempel

Hoß empfiehlt, sich zunächst in diese Richtung auf den Weg zu machen. Links vom Gewächshaus entlang, quert man üppige Wiesen, geht auf schmalen Wegen vorbei an imposanten Bäumen. In einem Bogen geht es in Richtung Neuer Wasserfall oberhalb der Tulpenallee. Wasser sucht man hier vergeblich, denn der Wasserfall ist seit Jahrzehnten außer Betrieb - verwunschene Ecken gibt es trotzdem.

Alte Steinblöcke formen eine Bank und einen Tisch mitten im Wald. Am Horizont ein weiterer Wald.
Eine Bank und ein Tisch aus Stein laden zum kurzen Picknick ein. Bild © Stefanie Küster (hr)

Ein paar Minuten weiter, vorbei am zugewachsenen Bassin des Wasserfalls wo man mit etwas Glück eine Ricke mit Kitz treffen kann, erhebt sich der Merkurtempel über dem Park. Der offene, runde Bau ermöglicht einen Blick in den Park und auf das Aquädukt, zugleich über die Stadt.

Ein Tempel mit hohen, weißen Säulen im Wald. In der Mitte eine Staue auf einem Sockel.
Der Merkurtempel: Blick in den Park oder durch die Säulen über die Stadt. Bild © Stefanie Küster (hr)

Geheimnisvolle Orte abseits der Hauptwege

Nicht alles im Bergpark Wilhelmshöhe liegt offen vor den Augen der Besucherinnen und Besucher. Zwischen alten Bäumen und verborgenen Pfaden verstecken sich kleine Bauwerke, die nicht jeder kennt. Und auch bekannte Bauwerke haben das eine oder andere kleine Geheimnis.

So geht es weiter in Richtung der bekannten Teufelsbrücke. Sie ist eine Station der Wasserspiele. Gebaut wurde die etwa zehn Meter hohe Formation nach dem Vorbild einer Brücke in den Schweizer Alpen. Zunächst aus Holz, später ersetzte ein Bauwerk aus Eisen die alte Brücke.

Zu ihren Füßen liegt eine Steinformation wie das zerstörte Mauerwerk einer alten Brücke. Sie stellen die Zerstörung der Brücke durch die Urgewalt der Natur dar. Für die Restaurierung hat Hoß mit seinem Team alte Bilder analysiert.

Eine historische Brücke aus Stahl in einem Park. Darunter türmen sich Steine, über die Wasser läuft.
Wie ein zerstörter Brückenbogen liegt eine Steinformation unter der Teufelsbrücke. Bild © Stefanie Küster (hr)

Weiter geht es zur Eremitage des Sokrates, einer kleinen Steinhütte. Ihre vordere Front ist mit Baumrinde verkleidet. Eine hundert Meter lange Schneise durch die Bäume lenkt den Blick des Betrachters in Wellen nach oben über die Stadt bis in den Kaufunger Wald. 

Leider ist die kunstvoll verzierte Hütte immer wieder von Vandalismus-Schäden wie Schmierereien und illegal platzierten Aufklebern betroffen. Tipp von Gartenhistoriker Hoß: “Auf den Bänken Platz nehmen und den Ausblick genießen”. Von hier aus kann man über den sogenannten Entenfang weiter zur Löwenburg laufen.

Eine kleine Hütte aus Stein im Wald. Die Säulen des Vordaches sind mit Baumrinde verkleidet.
Baumrinde ziert den vorderen Teil der Hütte. Bild © Stefanie Küster (hr)

Etwas weiter unten Richtung Schloss führt der Weg zur Cestius-Pyramide. Eine schwere Tür aus Eisenstangen sichert den Eingang der Pyramide, die um 1775 nach Plänen von Simon Louis du Ry gebaut wurde. Der mehrere Meter hohe Bau aus Steinblöcken ist die Kopie eines antiken Grabmals in Rom.

Bei Führungen kann man die Pyramide betreten. Innen ist es dunkel und kühl, durch die Spitze der Pyramide sieht man durch ein Loch hoch oben den Himmel. Hier könne der Geist des Pharaos wandern gehen, erklärt Hoß. Die Pyramide findet man unweit der Eremitage des Sokrates, achsensymmetrisch zum Grabmal des Vergil.

Eine Pyramide aus grobem Stein im Wald.
Die Cestius-Pyramide kann man nur bei einer Führung betreten Bild © Stefanie Küster (hr)

Ausrüstung: Was man für den Besuch braucht

Ein Spaziergang abseits der Hauptrouten kann anspruchsvoll sein. Einige Wege sind schmal, steil oder nicht befestigt. Bequemes Schuhwerk ist deshalb ein Muss - vor allem nach Regen. Oben am Herkules ist es sogar im Sommer etwas kühler. Damit man hier nicht friert, sollte man eine leichte Windjacke einpacken.  

Wer länger unterwegs ist, sollte etwas zu trinken und einen kleinen Snack dabei haben. Eine klassische Karte oder eine Offline-Wander-App hilft dabei, nicht vom Weg abzukommen.

Alle Infos rund um den Bergpark gibt es dazu in der kostenlosen Bergpark-App der Stadt Kassel. Hier findet man die wichtigsten Sehenswürdigkeiten, dazu eine Karte für die bessere Orientierung.

Ein Mann mit Trenchcoat und Schiebermütze sitz auf einer Bank vor einem Aquädukt aus Stein.
Gartenhistoriker Siegfried Hoß ist der Leiter der Abteilung Gärten und Gartendenkmalpflege. Bild © Stefanie Küster (hr)

Wann sich ein Besuch besonders lohnt 

Für einen Besuch des Bergparks sollte man laut Hoß mindestens zwei Stunden einplanen. Zwar habe man dann längst nicht alles gesehen, "aber man hat eine Idee von dem Park".

Wer den Park in Ruhe erleben möchte, sollte möglichst früh oder spät am Tag kommen - und nicht unbedingt am Wochenende. Unter der Woche ist es vormittags am ruhigsten, vor allem außerhalb der Ferienzeiten. Das Licht ist dabei in den frühen Morgenstunden besonders stimmungsvoll.

Quelle: hessenschau.de