Wohnmobil-Camping an einem Seee

Wohnmobile von Privatleuten über Sharing-Plattformen buchen, bietet neue Optionen. Die Chancen steigen, überhaupt ein Fahrzeug zu bekommen. Und damit steuern Camping-Fans auch in Hessen zunehmend individuelle und ungewöhnliche Orte an.

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Naturnahes Campen zieht Besucher nach Poppenhausen

Camping Rhön Poppenhausen
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Susanne Döbbeler liebt ihren "Gnom 9016". Doch der ist alles andere als ein Winzling. Ihr Wohnmobil mit dem Kennzeichen GN-OM 9016 bietet Platz für die ganze Familie. Und damit ist sie samt Ehemann und den beiden Töchtern auch viel auf Achse. "Zuletzt ging's an den Lago Maggiore und nach Sardinien - es ist herrlich, mit dem Wohnmobil zu verreisen", sagt die 42-Jährige aus Maintal (Main-Kinzig).

Doch was tun, wenn der Urlaub vorbei und die nächste Tour weit entfernt ist? Damit das Wohnmobil währenddessen nicht ungenutzt nur herumsteht und Geld kostet, teilt es Döbbeler mit anderen Menschen und vermietet es. Dieser Idee folgt das Wohnmobil-Sharing, das immer beliebter wird und zunehmend Nutzer findet.

Camping

Einer der Anbieter im Internet ist die Plattform Goboony. Sie bringt Wohnmobil-Interessenten mit Fahrzeug-Besitzern zusammen. Auf der von Airbnb inspirierten Sharing-Plattform können Vermieter ihr Fahrzeug gratis einstellen und Urlauber das passende Modell aussuchen - vom Familien-Camper wie bei Susanne Döbbeler übers E-Wohnmobil bis hin zum Retro-Bulli ist alles vorhanden.

Sharing ist nachhaltiger und umweltbewusster

Gwendolyn Behnke, Deutschland-Managerin von Goboony, erklärt, dass beide Seiten von diesem Prinzip profitieren: Wohnmobil-Besitzer können, wenn sie es gerade nicht selbst nutzen, je nach Modell und Saison zwischen 500 und 1.500 Euro pro Woche verdienen. "So werden die Haltungskosten, der eigene Urlaub oder gar die Anschaffung finanziert", erklärt sie.

Reisenden soll dagegen ein Trip ermöglicht werden, der ihrem Budget und ihren Wünschen entspricht, wie Behnke sagt. "So können auch Einsteiger einfach ausprobieren, ob Reisen oder remote Arbeiten im Haus auf vier Rädern zu ihnen passt." Die gemeinsame Nutzung eines Wohnmobils sei auch nachhaltiger und umweltfreundlicher. Derzeit wird gerade einmal nur ein Prozent der rund 770.000 Wohnmobile in Deutschand geteilt, wie Behnke weiß.

Ein weiteres Plus fürs Sharing: Wird das Wohnmobil nahe dem eigenen Wohnort gemietet, kann man sich bei einem Besichtigungstermin kennenlernen und eine Testfahrt unternehmen. Zusätzlich kann man noch Reise-Tipps bekommen, wie Behnke aufzeigt.

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Wohnmobil-Sharing

Goboony ist eine 2015 in den Niederlanden gegründete Plattform. Der Name stammt vom neuseeländischen Ausdruck "in the boonies", was so viel heißt wie "mitten im Nirgendwo". Die beiden Gründer haben sich dazu bei einer Reise anregen lassen. Die Plattform bietet fast 10.000 Fahrzeuge in Deutschland, den Niederlanden und weiteren europäischen Ländern. Mitbewerber auf dem Markt sind zum Beispiel Paul Camper, Off, Campanda, Indie Campers oder AlpacaCamping. Man kann aber auch direkt bei Anbietern buchen wie bei Main Camper.

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Camping boomt seit geraumer Zeit. Gerade die Corona-Pandemie, seit der viele Menschen wieder individueller und unabhängiger reisen möchten, hat der Branche einen Schub verliehen. Die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge in Hessen stieg im Jahr 2022 im Vergleich zu 2020 um mehr als 30 Prozent, wie Behnke sagt.

Das Wachstum für ganz Deutschland fällt auch imposant aus: Im Jahr 2022 waren fast 1,6 Millionen Reisemobile und Wohnwagen zugelassen, 2021 waren es rund 1,5 Millionen und 2015 lediglich knapp eine Million.

Die schwierige Liefersituation für Wohnmobile hat sich nach Angaben des Deutschen Caravaning Handels-Verbands zwar zuletzt etwas entspannt. Doch die Wartezeit betrage immer noch bis zu sechs Monate. Auch Werkstatt-Termine sind Mangelware. Engpässe gibt es auch bei der Verfügbarkeit in gewöhnlichen Fahrzeug-Vermietungen.

ADAC mahnt zur Vorsicht

Der ADAC Hessen-Thüringen mahnt aber auch zur Vorsicht bei der Vermietung zwischen Privatleuten. Der Automobil-Club hat zu beachtende Informationen, Fragen und Tipps zusammengestellt. Vermieter sollten etwa bedenken, ab wann sie gewerblich tätig sind und ob sich das Finanzamt für die Nebeneinkünfte interessieren könne.

Mieter sollten beispielsweise prüfen, wie die Bedingungen sind für Versicherungen, im Schadensfall und wie hoch die Selbstbeteiligung ausfällt. "Die unterschiedlichen Portale und ihre Bestimmungen sollten mit kritischem Auge verglichen werden", rät Oliver Reidegeld vom ADAC in Frankfurt.

Camping-Boom bringt Rekord-Zahlen

Der anhaltende Camping-Boom in Deutschland beschert Platz-Betreibern auch florierende Buchungszahlen. Wenn das Wetter mitspiele, dürfte die Saison gut bis sehr gut werden und der Rekord von rund 40 Millionen Übernachtungen aus dem Vorjahr mindestens gehalten werden, sagt Christian Günther, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Campingwirtschaft in Deutschland (BVCD).

Für die kommenden Jahre rechnet der BVCD mit einer weiter steigenden Nachfrage. Aktuell gibt es rund 3.100 Campingplätze mit rund 230.000 touristischen Stellplätzen für Wohnmobile, Caravans und Wohnwagen, wie der Verband anführt.

Wegen der großen Nachfrage kommen immer neue Anbieter auf den Markt. Und die unterscheiden sich mitunter von normalen Campingplatz-Betreibern, wo nicht selten Wagen an Wagen steht. Sie schaffen alternative Angebote und bieten Stellplätze und Übernachtungen an ungewöhnlichen Orten, etwa auf einem Weingut, Bauernhof oder einer Obstwiese.

Camping

Besondere Plätze in der Natur reizen Urlauber

Solche individuellen Plätze gibt es zum Beispiel auf der Internet-Plattform Campspace - sie will besonderen Raum fürs Camping vermitteln. Die Übernachtungskosten erscheinen moderat, liegen pro Nacht im Schnitt bei 20 Euro pro Stellplatz. Die Webseiten-Betreiber kassieren vom Kunden eine Service-Gebühr für die Vermittlung.

In der Urlaubsregion Rhön bietet Bio-Landwirt Christof Gensler am Fuße der Wasserkuppe einige Plätze an, malerisch gelegen in einem Tal des Mittelgebirges zwischen Bächen. Wer dort eine besondere Übernachtung anpeilt, kann auch in Tipis des Rhön-Indianer-Hotels in Poppenhausen (Fulda) schlafen.

Camping Rhön Poppenhausen

Der ADAC bezeichnet solche Modelle als "charmante Idee". ADAC-Sprecher Reidegeld sagt: "Das ist eine Alternative zu in der Hauptsaison oft überfüllten Camping-Plätzen." Die zunehmende Lust auf individuelles Reisen werde damit befriedigt. "Viele wollen intimere Stellplätze und zurück zur Natur." Campspace hat diese Idee und Angebote aber nicht exklusiv. Es gibt auch Portale wie Hinterland und Alpaca Camping.

Solche Portale bieten dem "Rhön-Indianer" Gensler die Chance, gefunden zu werden. Auch ohne viel Werbung zu schalten. Er habe die Erfahrung gemacht, dass ein idyllischer Platz in der Natur, mit persönlicher Betreuung und viel Service sehr gut funktioniere.

Urlauberin Regine Morich aus Ingolstadt (Bayern) ist begeistert vom Campen im Grünen wie auf dem Platz in Poppenhausen. Sie hat ihren Camping-Bus auf einer Wiese direkt unter Bäumen abgestellt. "Um uns herum ist viel Platz. Das ist schöner, als dicht gequetscht neben anderen Wohnmobilen zu stehen und umzingelt zu sein." Das konservative, spießige Campingplatz-Leben ist nichts für sie. "Den Wunsch nach Freiheit und viel Platz haben viele Menschen."

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