Lama-Wanderung in der Rhön

Wanderungen in Begleitung von Lamas oder Alpakas sind beliebter denn je. Doch woher kommt diese Begeisterung? hessenschau.de hat den Selbstversuch gemacht - mit teils erstaunlichen Erkenntnissen.

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Lama-Trekking in der Rhön: "Anfangs wurden wir belächelt"

Lama-Wanderungen in der Rhön
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Um Wanderungen mit Lamas oder den wolligen und niedlichen Alpakas ist in den vergangenen Jahren ein wahrer Hype entstanden. Immer mehr Veranstalter bieten auch in Hessen Touren mit den exotischen Kleinkamelen aus Südamerika an. Gerade jetzt im Sommer sind Ausflüge mit den tierischen Begleitern sehr gefragt. Warum, wollte ich als hessenschau-Reporter selbst in Erfahrung bringen.

Pionier aus Poppenhausen

Einer, der sich als Pionier auf diesem Gebiet bestens auskennt, wohnt in Poppenhausen (Fulda) nahe Hessens höchstem Berg, der Wasserkuppe. Johannes Nüdling veranstaltet seit 20 Jahren Lama-Touren in der Rhön. Der mittlerweile 63-Jährige war nach eigenem Bekunden einer der ersten Anbieter in Deutschland und der erste in Hessen. Dafür hat er seinen sicheren Job als Vertriebsleiter aufgegeben und voll auf die Abenteuer-Touren mit Lamas gesetzt.

Anfangs sei er dafür belächelt und kritisch beäugt worden, erinnert sich Nüdling. "Aber inzwischen haben wir uns etabliert, genießen große Akzeptanz und sind weit über die Region hinaus bekannt." Die Nachfrage nach Touren sei bei ihm und Mitbewerbern enorm gestiegen.

Die Motivation der Teilnehmer ist unterschiedlich. Gestresste Arbeitnehmer mit Büro-Jobs suchen Entspannung und Entschleunigung. Familien mit Kindern wollen das Erlebnis mit Tieren in der Natur. Doch was soll so faszinierend sein an einer Wanderung mit einem Lama?

Leicht und entspannt zu führen

Ich darf bei sonnigem Bilderbuch-Wetter eine weibliche Gruppe von Verwaltungsangestellten aus Osthessen bei ihrem Lama-Trip begleiten. Sie machen einen Gruppen-Ausflug, um das Team noch besser zusammenzuschweißen.

Lama-Wanderungen in der Rhön

Jeder darf sich ein Lama aussuchen. Meine Wahl fällt auf einen 13 Jahre alten Wallach namens Pirro. Ihm eilt der Ruf voraus, ein tiefenentspannter Zeitgenosse ohne Hang zu eigenwilligen Eskapaden zu sein. Tatsächlich lässt er sich leicht führen, wenn man etwas Entschlossenheit an den Tag legt.

Und wenn man so unterwegs ist, Harmonie und Einvernehmen mit dem Tier hergestellt hat, kommt schnell Entspannung auf. Pirros rhythmische Kopfbewegungen während des Fußmarsches durch das malerische Mittelgebirge entfalten beinahe eine meditative Wirkung - wie ein Pendel, das neben mir mit jedem Schritt hin und herschwingt.

Lama-Wanderungen in der Rhön

Auf Kommando auf die Lama-"Toilette"

Beeindruckend ist auch, welche Reinlichkeit sich die Lama-Gemeinschaft angewöhnt hat. Nach einigen Kilometern sollen alle Lama-Führer die Zügel auf Nüdlings Kommando freigeben. Die Kleinkamele begeben sich rückwärts mit dem Hinterteil voran ins Gebüsch, um ihre Notdurft zu verrichten. "Das ist hier einer ihrer Kotplätze", erklärt Nüdling. Die Tiere würden nie auf eine Weidefläche machen, auf der sie ansonsten grasen, sich wälzen oder niederlassen.

Es ist eine der vielen kleinen Lehren und Geschichten aus der Welt der Lamas, die Teilnehmende bei den Wanderungen erfahren. Ebenso nehmen sie die Erkenntnis mit, dass man nicht befürchten muss, bewusst von den Tieren angespuckt zu werden. "Ist in all den Jahren nicht vorgekommen", versichert Nüdling. "Lamas spucken nicht gezielt Menschen an. Nur ihre Artgenossen, wenn es Futterneid oder Streitigkeiten gibt, zum Beispiel um die Rangfolge in der Herde."

Ebenso erklärt Nüdling, dass Alpakas wegen ihres Fells zwar den größeren Kuschelfaktor besitzen. "Aber bei denen liegt halt der Fokus auf der Wollgewinnung. Sie sind eigentlich nur für kurze Spaziergänge geeignet", so der 63-Jährige. Die vom Körperbau her größeren Lamas würden dagegen für lange Touren und als tatkräftige Gepäck-Träger taugen.

Kritik von Tierschützern an Alpaka-Touren

Die Tierschutz-Organisation Peta kritisiert die Ausbeutung von Alpakas im unterhaltungsorientierten Tourismus und hält den in unseren Breiten geübten Umgang mit den Tieren für Quälerei. Nüdlings Lamas zeigen bei der Wanderung zumindest auf den ersten Blick kein besorgniserregendes Verhalten. Er sagt: "Sie passen hervorragend in die Rhön."

Die Gegenwart der Lamas empfindet Sonja Giebelhain beim Ausflug mit ihren Kolleginnen wider Erwarten als sehr wohltuend: "Sind goldige und brave Tiere, mit denen es Spaß macht, durch die Natur zu laufen. Sie sind entspannt und gut zu führen und haben irgendwie eine beruhigende Wirkung auf mich." Dem Eindruck kann auch ich mich als Fazit anschließen.

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