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Jüdische Schule in Frankfurt nimmt 30 israelische Kinder auf

Foto eines männlichen Hinterkopfes, der eine Kippa trägt. Im Hintergrund unscharf ein historisches Schulgebäude mit großen Fenstern.

Die jüdische Lichtigfeld-Schule in Frankfurt hat rund 30 Schulkinder aus Israel aufgenommen. Bislang gab es laut der Schulleiterin keine Übergriffe auf die rund 700 Kinder und Jugendlichen. Doch sie fragen: "Warum hasst man uns?"

Einige Schülerinnen und Schüler waren während des Terrorangriffs der Hamas auf Israel zu Besuch in Deutschland. Andere sind verstört aus Israel zu Verwandten ausgereist: Die Isaak-Emil-Lichtigfeld-Schule in Frankfurt hat rund 30 Schulkinder - die meisten im Grundschulalter - aus Israel aufgenommen.

Die Schüler wollten bleiben, bis sich die Lage in Nahost beruhigt habe, sagt Schulleiterin Noga Hartmann. Zwei der Kinder seien mit ihren Angehörigen inzwischen wieder nach Israel zurückgekehrt.

"Das Zusammenleben funktioniert"

Der Nahost-Konflikt ist für die Schule eine besondere Herausforderung: Ein Großteil der rund 700 Schülerinnen und Schüler der staatlich anerkannten Privatschule mit Ganztagsangebot ist jüdisch. Die Lehrkräfte haben unterschiedliche Religionen.

"Unsere Stärke ist, zu zeigen, dass das Zusammenleben von Menschen aus aller Welt gut funktioniert und bereichernd ist", beschreibt Schulleiterin Noga Hartmann die Haltung des Gymnasiums und der dazugehörigen Grundschule. "Ein respektvolles Zusammenleben ist uns wichtig."

"Ereignisse waren ein Schlag ins Gesicht"

Den 7. Oktober, den Tag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel, beschreibt Hartmann so: "Die Ereignisse waren wie ein Schlag ins Gesicht, überraschend und besonders schmerzhaft."

Viele der Schüler hätten Verwandte und Freunde in Israel und seien von den Ereignissen besonders erschüttert gewesen. Schulleitung und Lehrkräfte hätten ebenfalls etwas Zeit gebraucht, um sich zu sammeln. "Auch für Erwachsene ist es nicht immer leicht, die richtigen Worte zu finden", sagt Hartmann.

"Viele Kinder haben gefragt: Warum hasst man uns?"

Bei Versammlungen in der Aula sei dann gemeinsam über die Ereignisse gesprochen und für Frieden auf der ganzen Welt gebetet worden, erinnert sich die Schulleiterin. Gleichzeitig solle die I.E. Lichtigfeld-Schule auch ein geschützter Raum für die Kinder sein. Die Schutzmaßnahmen wurden verstärkt.

Aber am sogenannten "Tag des Zorns" mit Aufrufen der Hamas zur Gewalt gegen Juden und jüdische Einrichtungen ließen bis zu 80 Prozent der verängstigten Eltern ihre Kinder zu Hause. "Viele Kinder haben gefragt: Warum hasst man uns?", sagt Hartmann.

"Wir fühlen uns umarmt"

Ein nicht-jüdisches Kind sei inzwischen von seiner Mutter aus Sorge an einer anderen Schule angemeldet worden. Für Hartmann ein Zwiespalt: "Ich verstehe die Angst." Aber Angst sei nicht die Antwort. In Frankfurt habe es bisher keine Übergriffe gegen Schüler oder Lehrkräfte gegeben.

Aufgefangen fühlt sich die Schule durch Unterstützung, die sie unter anderem bei der Aufnahme der gestrandeten Kinder erfahren hat. Viele Frankfurter Schulen hätten sofort ihre Hilfe angeboten. "Wir fühlten uns wie umarmt."

Kinder organisieren Spendenaktionen

Auch das Staatliche Schulamt und das Hessische Kultusministerium hätten bei der Aufnahme der Kinder und dem Zugang zum schulpsychologischen Dienst und Kompetenzzentrum Schulpsychologie geholfen. Selbst der Bundespräsident habe angerufen. Dennoch erlebe sie eine Diskrepanz zwischen der von der Politik ausgesprochenen Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft und dem Geschehen auf der Straße.

Um den Kindern das Gefühl zu geben, nicht ohnmächtig zu sein, sondern handlungsfähig, gebe es Aktionen, erzählt Hartmann. So wie die Spendenaktionen, die die Schule auch beim Erdbeben in der Türkei umgesetzt hat. Dann verkaufen Schülerinnen und Schüler in den Pausen Snacks auf dem Schulhof. Der Erlös geht an unterschiedliche Projekte, diesmal zum Beispiel an Waisenheime oder Krankenhäuser in Israel, 1.800 Euro sind zusammengekommen.

"Wollen den Terror nicht über unser Leben bestimmen lassen"

Eigentlich folgt auch die I.E. Lichtigfeld-Schule dem Curriculum, dem vorgegebenen, strikten Lehrplan. Es finde sich aber trotzdem Platz zum Besprechen der aktuellen Ereignisse, so Schulleiterin Hartmann. "Wenn das Thema von den Schülern angesprochen wird, aber auch in Geschichte oder Politik und Wirtschaft, dann greifen wir das auf, was aktuell ist. Wir lassen uns auch inspirieren von dem Material, das das Hessische Kultusministerium dazu bereitgestellt hat."

Ein Übergang zum normalen Alltag und Unterricht ist der Schule jedoch wichtig: "Wir sind besorgt und wachsam. Aber wir wollen den Terror nicht über unser Leben bestimmen lassen. Dann hätten sie ihr Ziel erreicht."

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