Soldatin bei der Bundeswehr

Kampfhubschrauber-Regiment, Jägerbataillon, Landeskommando: In Hessen sind rund 5.000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr stationiert. Welche Aufgaben sie an den verschiedenen Standorten haben - und wie sie ausgerüstet sind.

Vor knapp einem Jahr begann der Angriff Russlands auf die Ukraine. Bundeskanzler Olaf Scholz wertete das als "Zeitenwende". Für die Bundeswehr beschloss die Ampel-Koalition ein Sonderprogramm von 100 Milliarden Euro, um die Truppe nach langen Einsparungen wieder für eventuelle Einsätze in Sachen Landes- oder Bündnisverteidigung fit zu machen. 

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hessen extra: Bundeswehr in Hessen - Streitkraft und Sanierungsfall. Zu sehen in der ARD-Mediathek.

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In Hessen sind etwa 5.000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr stationiert. Das klingt viel, ist aber im Vergleich zur Zeit des Mauerfalls wenig. Damals waren es etwa zehn Mal so viele Einsatzkräfte.

Aber die Zahl allein sagt nichts über die Bedeutung dieser Einheiten für die Verteidigung Deutschlands und der Partnerstaaten aus dem Nordatlantischen Verteidigungsbündnis NATO aus. Sie sind wichtig.  

Hessenkarte mit vier Ortspunkten und Beschreibung der Bundeswehr-Standorte

Kampfhubschrauber "Tiger" sorgt für Luftunterstützung 

Kampfhubschrauber vom Typ "Tiger" in Fritzlar (Schwalm-Eder) sollen Luftunterstützung für militärische Einheiten bieten, die am Boden kämpfen. Die Division Schnelle Kräfte in Stadtallendorf (Marburg-Biedenkopf) ist eine schnell bewegliche Infanterietruppe, zu der unter anderem Fallschirmjäger, Spezialkräfte, aber auch Transport- und Kampfhubschrauber gehören.

Und beim Bataillon für Elektronische Kampfführung in Frankenberg sind die Soldaten darauf spezialisiert, feindliche Kommunikation zu stören, zu erfassen und daraus wichtige Informationen für die eigenen Truppen zu gewinnen. 

Diese Bundeswehr-Einheiten in Fritzlar, Stadtallendorf und Frankenberg haben eines gemeinsam: Sie alle sind fest gebucht in der NATO-Verteidigungsplanung. Das bedeutet: Wenn es ernst werden sollte, dann müssen sie innerhalb weniger Tage einsatz- und reisebereit sein. Beispielsweise Richtung Ostflanke der NATO.  

Jägerbataillon in Schwarzenborn, Landeskommando in Wiesbaden

Zwei weitere hessische Standorte kommen hinzu. In Schwarzenborn (Schwalm-Eder) liegt das Jägerbataillon 1. Die Soldaten dort sind auf Gefechte in Häusern und Wäldern spezialisiert. In Wiesbaden sitzt das Landeskommando. Das ist der erste Ansprechpartner für die Zusammenarbeit von zivilen und militärischen Stellen - beispielsweise, wenn es um Naturkatastrophen geht.

Von Wiesbaden aus wird jetzt auch versucht, die eigentliche Landesverteidigung wieder zu stärken. Diese war seit der Wiedervereinigung und dem Ende des Kalten Krieges deutlich aus dem Blick geraten.

Derzeit werden so genannte Heimatschutz-Kompanien aufgebaut. Sie bestehen in erster Linie aus Reservisten und sollen die aktive Truppe zum Beispiel beim Schutz militärischer Einrichtungen unterstützen. Dabei setzt das Landeskommando auch auf Männer und Frauen, die bisher nicht bei der Bundeswehr waren, sich aber jetzt nebenberuflich zu Soldaten ausbilden lassen. 

 Soldat: "Ausrüstung hat sich schon verbessert"

Auf die Stichworte Zeitenwende oder 100-Milliarden-Euro-Programm reagierten die Soldaten wortkarg. "Da kann ich Ihnen leider nichts zu sagen", antwortete etwa Oberstleutnant Daniel Renkl, Kommandeur des Bataillons für Elektronische Kampfführung auf die Frage, ob seine Einheit in Frankenberg von den 100 Milliarden profitieren werde. Renkl verwies auf das Verteidigungsministerium in Berlin.

Stabsunteroffizier David (die Soldaten wollten nur ihren Vornamen nennen) erklärte: "Unabhängig vom 100-Milliarden-Paket hat sich die Ausrüstung meines Erachtens schon deutlich verbessert - also im Vergleich zu vor acht Jahren, als ich nach Afghanistan gehen musste."

Durch die "Zeitenwende" hat sich im Auftrag wenig geändert

Und die sogenannte Zeitenwende – was bringt sie für die etwa 700 Soldaten in Renkls Einheit? Der Kommandeur sagte: "Für mich persönlich und für mein Bataillon hat sich im Auftrag nichts wesentlich geändert." Einfach deshalb, weil die NATO schon einige Jahre vor der Scholz’schen Zeitenwende neue Pläne gemacht hatte. Und das Frankenberger Bataillon dann entsprechend eingebunden hatte.  

Zur Ausrüstung und zur Vorbereitung der Soldatinnen und Soldaten sagte Oberstleutnant Renkl: "Die Ausrüstung, die wir zurzeit haben, ist hinreichend für den aktuellen Auftrag." Das klingt nicht gerade euphorisch. Aber Renkl und die Soldaten, mit denen die hr-Reporter in Frankenberg unter Aufsicht eines Presseoffiziers sprechen konnten, wirkten tatsächlich ganz zufrieden.   

Vielleicht ist es aber auch nicht Jedermanns Sache, den eigenen Verteidigungsminister in den Medien zu mehr Aktion, Tempo und Qualität in Sachen Ausstattung zu drängeln. Der Oberstleutnant meinte, er wolle für seine Soldaten nur das Beste und Luft nach oben sei immer.

Er ließ dann aber doch noch erkennen, wo der Schuh drückt: "Leistungsfähigere IT, bessere Funkgeräte – das sind die Standard-Sachen, die die Bundeswehr gerne hätte und ich natürlich auch in meinem Bataillon." 

Oberst fordert bessere Bewaffnung des Tigers

In Fritzlar, beim Kampfhubschrauber-Regiment 36, weiß Oberst Sönke Schmuck sehr genau, was er sich wünscht. Auch seine Einheit gehört zur NATO-Speerspitze. Diese Aufgabe könnten seine Soldaten mit Kampfhubschraubern vom Typ Tiger noch erfüllen, sagte der Oberst. Aber was wäre, wenn die NATO künftig mehr als die bisher vorgesehenen vier Tiger-Hubschrauber anfordern würde? Schmuck sagte, das ginge nicht. "Das ist unsere Grenze, die wir haben."

Und die Bewaffnung der Tiger müsse auch besser werden, meinte Oberst Schmuck: "Also, ich wünsche mir natürlich eine Entscheidung zum Tiger, mit einer deutlichen Verbesserung des Gefechtswertes, die möglichst schnell kommt. Und: Ja, ich wünsche mir natürlich kleinere Verbesserungen im Bereich der Bewaffnung."

Oberst kritisiert Wartungsprogramm für Hubschrauber

Das ist aber nicht alles. Die größten Herausforderungen beim Kampfhubschrauber-Regiment 36 in Fritzlar benennt Sönke Schmuck so: "Die Verfügbarkeit die Hubschrauber für das tägliche Training und die Flugstunden für die Besatzung – das ist unsere größte Einschränkung." Woran das liegt? An dem "irrsinnigen Instandsetzungs- und Wartungsprogramm, das dieser Hubschrauber durchlaufen muss", sagt Oberst Schmuck.

Sein Fazit: "Wir können wahrscheinlich ohne große Investitionen bis 2030 noch fliegen. Aber Deutschland braucht Kampfhubschrauber, das ist eindeutig, das haben wir in jeder Übung gesehen. Und dementsprechend muss es da jetzt neue Pläne geben." Das klingt dann schon dringend.  

 Es hapert an der Ausrüstung

Die Kommandeure haben die dickeren Brocken – Hubschrauber, IT, Funk - im Kopf. Aber in einem Punkt sind sie in Sachen Ausrüstung mit Oberfeldwebel Felix von der Division Schnelle Kräfte in Stadtallendorf einer Meinung: Es macht nichts, wenn’s schnell geht.

Felix rattert seine Wünsche geradezu herunter: "Eine schnellere Beschaffung von Ausrüstung, die zeitgemäß ist. Ein Wunsch wäre, dass Kameraden sich nicht Sachen privat beschaffen müssen oder es tun, weil diese Ausrüstung einfach nicht ausreichend vorhanden ist. Das wäre mit Sicherheit ein sehr großer Wunsch."

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