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Chaos in Frankfurter Amt für Bau und Immobilien

Reinigungsfirma, Mitarbeiterin

Mehr als 20 Schulhausmeister und ein Mitarbeiter des Amts für Bau und Immobilien in Frankfurt sollen für Reinigungsaufträge die Hand aufgehalten haben. Ein Korruptionsprozess endete nun mit einer Haft- und einer Bewährungsstrafe. Er offenbarte aber vor allem eines: eine überforderte Behörde.

"Alles aus einer Hand", lautete das Versprechen des damaligen Baudezernenten Jan Schneider (CDU) als er das Amt für Bau und Immobilien (ABI) der Stadt Frankfurt 2017 zur neuen Superbehörde verschmolz.

Besonders für die rund 168 Schulen sollte der Service vom Schulhausverwalter (ehemals Hausmeister) über die Reinigung bis hin zum Ausbau der Schulen einfacher werden.

Behörde offenbar überfordert

Doch die Klagen von Eltern und Lehrkräften über schlechten Service, fehlende Ansprechpartner und Baumängel an Frankfurter Schulen häuften sich in den vergangenen Jahren.

Dass das ABI mit seinen Aufgaben überlastet scheint, wird in der Frankfurter Stadtpolitik kaum noch von jemandem bestritten. Selbst der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) brachte im OB-Wahlkampf die Gründung einer neuen städtischen Entwicklungsgesellschaft ins Spiel, die anstelle der Behörde den Neubau von Schulen übertragen bekommen soll.

Haftstrafe in Prozess um Korruption bei Schulreinigung

Wer wissen will, wie die Arbeitsabläufe im ABI organisiert sind, dem bot der Korruptionsprozess vor dem Landgericht Frankfurt tiefe Einblicke. Prozessbeteiligte sprachen von "Chaos", "mangelnder Zuständigkeit", "Organisationsversagen" oder "Tohuwabohu", die in der Behörde herrschen sollen.

Vor Gericht mussten sich ein ehemaliger ABI-Mitarbeiter und der Geschäftsführer eines inzwischen insolventen Reinigungsunternehmens verantworten. Der Mitarbeiter soll von dem Unternehmer für die Vergabe von Sondereinigungsaufträgen Schmiergeld und teure Gegenstände im Wert von rund 120.000 Euro angenommen haben.

Der ehemalige Mitarbeiter der Stadt wurde am Dienstag wegen Bestechlichkeit in 35 Fällen zu drei Jahren Haft verurteilt. Der mitangeklagte Geschäftsführer einer Reinigungsfirma erhielt wegen Bestechung in 27 Fällen eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung. Im Fall des ehemaligen Mitarbeiters der Stadt Frankfurt verhängte das Gericht zudem die Einziehung der Taterträge.

Kein Personal - keine Kontrollen!

Anfang Februar war ein für den Bereich der Schulreinigungen mitverantwortlicher Abteilungsleiter des ABI als Zeuge in dem Prozess geladen.

Er sagte aus, dass Abrechnungen für Sonderreinigungen auch nach dem Auffliegen der Korruptionsfälle "aus Personalmangel" nicht kontrolliert worden seien, nicht einmal "stichprobenartig". Er bestätigte, dass Rechnungen von Reinigungsunternehmen über lange Zeit nicht bezahlt wurden und mitunter im ABI verschwunden seien.

Anwalt: Abläufe nicht geregelt

Rechtsanwalt Felix Dörr verteidigt den vor dem Landgericht wegen Bestechung angeklagten Reinigungsunternehmer. Er hat sich in dem ein knappes halbes Jahr dauernden Prozess intensiv mit den Abläufen in der Behörde beschäftigt.

"Bei den Schulhofreinigungen bestand über Jahre kein System, wie man diese bestellt, bezahlt und abrechnet", beschreibt er eines der Probleme, das in dem Prozess offensichtlich wurde.

Mitarbeiter erhielten keine Anleitung

Auch die mangelhafte Ausbildung und die fehlende Anleitung der Mitarbeiter waren Gegenstand vor Gericht: Der Hausmeister und angeklagte ehemalige ABI-Mitarbeiter wurde nach eigenen Angaben von einem ABI-Verwaltungsfachangestellten gefragt, ob er nicht die Organisation der Sonderreinigungen übernehmen wolle.

"Ich wurde nicht geschult, musste mich bei den Vorgesetzten immer wieder durchfragen, wie ich was machen soll und bekam immer wieder unterschiedliche Antworten", so der Angeklagte.

Wenn Mitarbeiter keine Anleitung hätten und keine Kontrolle stattfände, steige die Gefahr von Korruption, so Anwalt Dörr. Das könne, wie bei den Schulhausverwaltern, mit kleinen Schmiergeldbezahlungen beginnen "und sich dann in einen größeren Maßstab hineinentwickeln", so Dörr.

Behörde will keine Rechnungen bekommen haben

Der juristische Beauftragte des Insolvenzverwalters der zahlungsunfähigen Reinigungsfirma, Harald Schmeyer, untermauert den Eindruck von der chaotischen Behörde: Das ABI habe regelmäßig offene Rechnungen der Reinigungsfirma von zweieinhalb bis dreieinhalb Millionen Euro vor sich hergeschoben, so Schmeyer zum hr. "Die Fakten sehen so aus, dass die Stadt Frankfurt längst fällige Rechnungen einfach nicht bezahlt."

Als die Behörde Ende 2021 wieder einmal behauptete, sie habe keine Rechnungen bekommen, sei der Geschäftsführer mit 18 Leitzordnern voller Duplikate ins ABI gefahren und habe sich den Empfang quittieren lassen. "Das Ergebnis war, dass aus dem ABI drei Monate später wieder hieß: 'Wir haben keine Rechnungen'".

Bildungsdezernentin hat keine "kurzfristigen" Antworten

Auch jenseits des Gerichtssaals ist das ABI zum Thema geworden. Die CDU-Fraktion richtete nach Bekanntwerden der Korruptionsfälle im Herbst 2022 eine parlamentarische Anfrage an die nun zuständige Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD). Darin wollten die Oppositionsabgeordneten wissen, wie die Abläufe im ABI organisiert, kontrolliert und verbessert werden sollen. Bis noch vor zwei Jahren war die CDU mit ihrem Baudezernenten Jan Schneider allerdings genau für diese Fragen selbst zuständig.

Zehn Monate später liegen noch keine Antworten der Dezernentin vor. Vorgesehen ist, dass der Magistrat nicht länger als drei Monate für Antworten braucht.

Auch der hr hatte Fragen dazu an die Bildungsdezernentin gestellt, die im Wesentlichen auf die parlamentarische Anfrage der CDU-Fraktion aufbauen. Diese seien "kurzfristig" nicht zu beantworten. "Wir werden die Antworten aber gemäß des Beschlusses in der letzten Sitzung des zuständigen Ausschusses nun vor der Sommerpause vorlegen," so Webers Büro. Bereits im vergangenen Jahr habe man eine Optimierung der Prozesse eingeleitet und arbeite kontinuierlich weiter daran.

Rechtsanwalt Schmeyer bezweifelt, dass es Fortschritte in der Behörde gibt. Er habe in dem Verfahren nicht einmal einen Vertreter der Stadt im Gerichtssaal gesehen "selbst dann nicht als die städtischen Mitarbeiter vernommen wurden und genau diese Praxis bestätigt haben, die wir hier festgestellt haben".

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