Gewalt gegen Frauen

Die in einer Befragung angegebene Gewaltbereitschaft junger Männer gegen Frauen schreckt auch Hessens Politikerinnen auf. Demnach gibt rund ein Drittel der Befragten an, handgreiflich zu werden, um sich Respekt zu verschaffen. Bundesinnenministerin Faeser fordert "null Toleranz".

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Umfrage zu Männlichkeit

hs
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, entschiedener gegen Gewalt gegen Frauen vorzugehen. "Hier darf es nur eine Devise geben: null Toleranz für Gewalt gegen Frauen", sagte die Hessen-SPD-Vorsitzende am Montag den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Anlass ist die Umfrage "Spannungsfeld Männlichkeit" der Organisation Plan International. Der Umfrage zufolge findet es etwa jeder dritte junge Mann in Deutschland "akzeptabel", wenn ihm im Streit mit der Partnerin "gelegentlich die Hand ausrutscht". 34 Prozent gaben an, Frauen gegenüber auch mal handgreiflich zu werden, "um ihnen Respekt einzuflößen".

Faeser: "völlig inakzeptabel"

Faeser betonte, es sei sehr wichtig, mehr Frauen zu ermutigen, Taten anzuzeigen. Die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden müssten zudem in der Aus- und Weiterbildung "stark für dieses große gesellschaftliche Problem und seine strukturellen Ursachen" sensibilisieren.

Gewalt gegen Frauen müsse auch in Bildung und Erziehung eine größere Rolle spielen. Gewalt fange nicht erst mit tätlichen Übergriffen an oder wenn jemand ernsthaft verletzt werde, erklärte Faeser. Auch Bedrohung, Nötigung oder Stalking gehörten dazu. "Es ist völlig inakzeptabel, dass manche Männer in einem Rückfall in längst vergangene Zeiten glauben, es sei irgendwie okay, Frauen zu schlagen."

Macho-Verhalten schockiert auch Ministerin Dorn

Laut der Umfrage der Nicht-Regierungs-Organisation sagten zudem rund 48 Prozent der Befragten, sie fühlten sich gestört, "wenn Männer ihr Schwulsein in der Öffentlichkeit zeigen". Insgesamt zeigt sich laut Plan International, dass viele junge Männer in Deutschland eine "ziemlich traditionelle" Vorstellung von Männlichkeit und Rollenbildern hätten.

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Diese patriarchalen Strukturen kritisiert auch Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne). Sie twitterte am Sonntag: "Ich bin es leid zu hören, dass der Kampf um Gleichberechtigung zuvorderst von Frauen geführt werden muss." Sie forderte, dass es nach Jahrzehnten Zeit werde für eine Emanzipationsbewegung der Männer.

Prominente Vorbilder?

Die Umfrage lässt vermuten, dass die rückständigen Ansichten der gewaltbereiten jungen Männer auch von prominenten, reichen Vorbildern beeinflusst werden.

Als Vorbilder nannten die Befragten neben dem eigenen Vater oder Familienangehörigen auch Fußballer Cristiano Ronaldo, Unternehmer Elon Musk oder Influencer Andrew Tate. Tate bezeichnet sich selbst als "Frauenhasser". Im Dezember 2022 wurde Andrew Tate gemeinsam mit seinem Bruder Tristan in Rumänien festgenommen und war anschließend mehrere Monate in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Menschenhandel und Vergewaltigung.

Plan Deutschland: Land von Gleichberechtigung weit entfernt

Die Organisation Plan International selbst ruft Schulen, Kindergärten und Familien auf, in der Erziehung umzusteuern. "Aufklärung muss früh ansetzen, denn Rollenverständnisse lassen sich nicht über Nacht ändern", sagte Kathrin Hartkopf, Geschäftsführerin von Plan Deutschland, am Montag.

Die Ergebnisse ihrer Befragung hätten sie selbst überrascht und schockiert. Von Gleichberechtigung sei das Land offenbar noch weit entfernt, fügte Hartkopf hinzu. Schockierend seien vor allem die Gewaltbereitschaft und die enormen Unterschiede im Rollenverständnis zwischen Männern und Frauen, die fast zwangsläufig zu Konflikten in Partnerschaften führen müssten.

Kritik an Online-Umfrage

Für die Umfrage von Plan International wurden vom 9. bis 21. März bundesweit 1.000 Männer sowie 1.000 Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren mit einer standardisierten schriftlichen Online-Befragung befragt.

In den sozialen Netzwerken wurde allerdings in Frage gestellt, ob die Umfrage repräsentativ sei. Die als konservativ geltende Schweizer Zeitung NZZ warf deutschen Medien vor, "unkritisch mit vermeintlich repräsentativen Umfragen" umzugehen. Bei den Ergebnissen der Online-Befragung sind laut NZZ Zweifel angebracht.

Wissenschaftler: Problem der Auswahl der Befragten

Die Zeitung zitiert dabei Ulrich Kohler, Professor für empirische Sozialforschung an der Universität Potsdam. Demnach stellten Marktforschungsunternehmen Online-Panels meist aus Personen zusammen, die sich freiwillig dazu bereit erklären, an vielen Umfragen des Instituts teilzunehmen.

Das Hauptproblem sei dieser erste Schritt, sagte Kohler. Denn Teilnehmer von Online-Access-Panels seien Menschen, die zunächst Medien läsen, in denen Aufrufe zu Umfragen veröffentlicht würden. Danach entscheiden sie dann, ob sie daran teilnehmen. Es besteht laut Kohler ein Problem bei der Auswahl der Befragten.

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