Prozess gegen falsche Ärztin aus Fritzlar Gutachter halten Meike S. für "voll schuldfähig"

Im neu aufgerollten Prozess gegen eine wegen dreifachen Mordes verurteilte falsche Ärztin haben psychologische Gutachter ausgesagt: Meike S. weist demnach keine Persönlichkeitsstörung auf. Ihr immenses Geltungsbedürfnis habe sie voll ausleben können.

Gerichtssaal, eine Frau hält sich einen Aktenordner vor das Gesicht. Neben ihr sitzt ein Mann.
Meike S. mit einem ihrer Anwälte. Bild © Kathinka Mumme (hr)
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Revisionsprozess um falsche Ärztin – Gutachter sagen aus

Eine Angeklagte versteckt ihr Gesicht hinter einem Ordner.
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Zwei Gutachter haben am Mittwoch vor dem Landgericht Kassel ihre Aussage zum Zustand von Meike S. gemacht. Sie kamen zum Ergebnis: Die Frau, die sich jahrelang in Fritzlar (Schwalm-Eder) als Ärztin ausgab und drei Menschen ums Leben brachte, habe keine schwere, psychische Störung. Sie sei voll schuldfähig.

Meike S. hätte sich jederzeit anders entscheiden können, betonte der Psychiater Christian Knöchel immer wieder, als er deren Persönlichkeit beschrieb. Vor allem Aussagen von Zeuginnen und Zeugen überzeugten die beiden Gutachter nach ihrer Darstellung davon, dass sie keine Persönlichkeitsstörung, aber narzisstische Züge aufweise.

"Zu jeder Zeit gewusst, was sie tat"

Während der rund einstündigen Vorstellung des Gutachtens im Landgericht war bei der Angeklagten kaum eine Regung zu erkennen. Das war schon am ersten Verhandlungstag des neu aufgerollten Prozesses so, als eine enge Freundin und eine ehemalige Arbeitskollegin aussagten. Meike S. schaute starr vor sich, schüttelte nur immer wieder mal den Kopf.

Die Frau habe "zu jeder Zeit gewusst, was sie tat", sagten beide Gutachter vor dem Kasseler Landgericht. Für eine Störung sei Meike S. zu flexibel. Sie habe allerdings stark ausgeprägte narzisstische und histrionische Persönlichkeitszüge. Demnach ist sie sehr aufmerksamkeitssuchend und dramatisch und steht gerne im Mittelpunkt.

Gefälschte Approbationsurkunde

Die 54-Jährige arbeitete jahrelang ohne Abschluss als Ärztin in Fritzlar. Sie hatte sich mit einer gefälschten Approbationsurkunde die Anstellung als Narkoseärztin am Hospital zum Heiligen Geist erschlichen.

Dort war sie seit Ende 2015 als Ärztin tätig, ab 2016 als Narkoseärztin. Etwa 500 Patienten und Patienten versetzte sie in Narkose. Drei Patienten starben, andere erlitten schwere Schäden.

Meike S. habe weitergemacht, auch "weil sie nicht wirklich Kritik geerntet habe", so die Gutachter. Die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass die Angeklagte deshalb gedacht habe: "Ja, es funktioniert doch." Das, gepaart mit angelesener Theorie und dem Wissen aus der Heilpraktikerinnenausbildung, habe sie weitermachen lassen.

Neuverhandlung zu Tötungsvorsatz und Strafmaß

2022 wurde Meike S. unter anderem wegen dreifachen Mordes und versuchten Mordes in zehn Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen das Urteil legte sie Revision ein.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hob das Urteil im Februar 2024 teilweise auf. Die Neuverhandlung konzentriert sich auf die Frage des Tötungsvorsatzes und das Strafmaß. Das Urteil fällt frühestens Ende Mai.

Redaktion: Kathinka Mumme und Stefanie Küster

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de