Feuersalamander

Der Feuersalamander stirbt aus. Ein Hautpilz hat in den Niederlanden fast alle Lurche getötet und breitet sich jetzt auch in Hessen aus. Auch deshalb will eine Schule aus Dillenburg die Tiere retten. Hier entsteht eine Arche für den Feuersalamander.

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Feuersalamander in Gefahr − Schulprojekt will Lurche retten

hessenschau vom 21.03.2024
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Ein Feuersalamander streift durch sein Revier. Ein Aqua-Terrarium in der Wilhelm-von-Oranien-Schule in Dillenburg. Der schwarz-gelbe Lurch trinkt aus dem Wasserbecken, kriecht ins Gehölz und kuschelt sich dann zu seinen Artgenossen. Etwa 20 Lurche leben hier. Die Schülerinnen und Schüler ziehen sie auf, füttern sie regelmäßig – und geben ihnen Namen. 

Dennis, Herbert oder Hugo ahnen aber nichts davon, was für eine Gefahr in der Natur lauert: Nicht weniger als das Aussterben der bedrohten Tierart. Der Hautpilz Batrachochytrium salamandrivorans, kurz Bsal, breitet sich jetzt auch in Hessen aus. 

In den Niederlanden und in Belgien gibt es den "Salamander-Fresser" seit 2002. Seitdem hat dieser fast den kompletten Bestand der Tiere ausgerottet. Auch in der Eifel, dem Ruhrgebiet oder Teilen von Bayern gibt es nur noch wenige Feuersalamander. Die Pilzsporen verteilen sich also auch in Deutschland.   

Dieser Feuersalamander ist von Hautpilz befallen.

Der erste Nachweis in Hessen war eigentlich nur Zufall: Anfang des Jahres haben Naturschützer in Biedenkopf geguckt, wie viele Fledermäuse in den Stollen dort überwintern. Gefunden haben sie mehr als 30 tote Feuersalamander, die ihre Winterstarre dieses Mal also nicht überlebt haben. 

"Amphibien überwintern liebend gerne Haut an Haut auf einem großen Haufen. Das ist für einen Hautpilz ideal", sagt Hans-Peter Ziemek. Er ist Professor für Biologie-Didaktik an der Universität Gießen und leitet das hessische Feuersalamander-Projekt.  
 
Der Fall in Biedenkopf ist für ihn eine "traurige Bestätigung unserer Arbeit". Noch ist der Bestand groß: In Hessen leben mit die meisten Feuersalamander in ganz Deutschland. Ziemek warnt aber: "Wenn die Sporen einmal da sind, dann bedeutet es den Tod letztlich aller Lurche in dem Gebiet." 

Schul-Projekt in Dillenburg nimmt Fahrt auf 

 
Immerhin: In Hessen konnte schnell auf den ersten Pilz-Nachweis reagiert werden. Seit 2018 gibt es ein Netzwerk zum Schutz der Feuersalamander. Dadurch sei zum Beispiel der Laborbefund besonders schnell da gewesen, sagt Ziemek. "So eine enge Zusammenarbeit der Behörden gibt es in keinem anderen Bundesland."

Ziemek war es auch, der die Idee für ein Zuchtprogramm an einer Schule hatte. Vor vier Jahren hat deshalb die Wilhelm von Oranien-Schule in Dillenburg den Feuersalamander großflächig auf den Lehrplan gesetzt: Es ist die einzige Schule in Hessen, welche die bedrohten Tiere aus der Natur fangen, züchten und auch wieder freilassen darf - zumindest theoretisch.  

Von Biedenkopf nach Dillenburg sind es gerade mal 30 Kilometer. Das mit dem Auswildern hat sich deshalb fürs Erste erledigt, bestätigt auch Biologie-Lehrer Timo Jung. "Dadurch droht leider der Kollaps der Population in Hessen. Wir wollen aber mit unserer Nachzucht wenigstens ein paar Tiere für die kommenden Generationen erhalten."

Lehrer Timo Jung

In Dillenburg entsteht die "Arche Noah" für den Feuersalamander 

Die Hoffnung stirbt zuletzt. So gibt es etwa ein paar "Gallier" in den Niederlanden, also Tiere, die bis heute dort überlebt haben. Aber auch in Dillenburg soll die Hoffnung am Leben gehalten werden. Hier werden die Feuersalamander auch draußen gehalten. Im Hinterhof der Schule gibt es ein Quartier für die schwarz-gelben Lurche, die teilweise schon vor drei Jahren eingezogen sind.  

"Wir haben versucht, so naturnah wie möglich den Lebensraum der Feuersalamander nachzustellen", sagt Jung. Die Tiere können sich im Boden eingraben, unter Wurzeln und Stöcken verstecken und in einem Wasserbecken ihre Larven ablegen. 

Die Schülerinnen und Schüler bauen auch schon das nächste Hotelzimmer für die Dauer-Gäste. Die "Arche Noah" für die Feuersalamander wird in den kommenden Jahren immer weiter ausgebaut. "Jetzt im Frühjahr werden die Tiere aktiver, da hoffen wir natürlich auf den nächsten Nachwuchs", sagt Jung. 

Schülerin in Dillenburg

Große Begeisterung bei Schülerinnen und Schülern 

Die Schülerinnen und Schüler sind den Tieren so nah wie sonst nirgendwo. Deshalb ist auch das Fach Biologie sehr beliebt. Es gibt zwei Leistungskurse, die dieses Jahr ihr Abitur schreiben. Aber auch eine Feuersalamander-AG und Naturschutz-Projekte, zum Beispiel in der neunten Klasse.  

Eines der Aqua-Terrarien steht auf Rollen. So kann es in jeden Klassenraum geschoben werden. Die Highlights im Unterricht sind aber die Exkursionen. Die Schülerinnen und Schüler sammeln Feuersalamander-Larven in den umliegenden Bächen ein, wie dem Nanzenbach oder dem Höllbach. Sie ziehen die Tiere zu Hause auf, bis sie ausgewachsen sind – zu gesunden Feuersalamandern. 

Dabei fällt auf, dass die Population und geeignete Lebensräume auch wegen des Klimawandels zurückgehen. Ein Schüler aus dem Biologie-Leistungskurs erzählt zum Beispiel, dass er im ersten Jahr mehr Larven gefunden hat als im Jahr danach. Deshalb sei er froh, dass die Schule sich um den Feuersalamander kümmert – und auch er selbst dem Ökosystem helfen könne. 

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"Arche Noah" für den Feuersalamander in Dillenburg

Feuersalamander
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Aussterbe-Welle kaum aufzuhalten  

Die Schülerinnen und Schüler lernen auch, wieso das Aussterben des Feuersalamanders kaum aufzuhalten ist. Und, dass das Problem menschengemacht ist. Denn der Hautpilz Bsal ist erst durch den Menschen nach Europa gekommen. 

In Südostasien kommt Bsal ganz natürlich vor, auch bei dem Feuerbauchmolch zum Beispiel. Für die Lurche dort ist der Pilz nicht tödlich. Einige Menschen halten Lurche aus dieser Region als Haustiere und haben damit auch den Pilz eingeschleppt. Ein Teil wurde dabei wohl auch illegal ausgewildert. Zunächst war Holland in Not – und dann der Rest von Europa.

"Durch das plötzliche Auftreten von Bsal haben die europäischen Lurche keine Möglichkeit, irgendwelche Abwehrmechanismen zu entwickeln", stellt Ziemek klar. Er meint damit auch andere Arten, wie den Kammmolch. Der Hautpilz sei besonders aggressiv und fresse sich bei den Tieren unter die Haut.  

Abhilfe: Waschen, Desinfizieren und Trocknen lassen 

 Vor allem aber sind die Sporen langlebig. Am Waldboden und damit auch an Autoreifen, an Schuhsohlen oder an der Kleidung kann der Pilz mehrere Jahre überleben. Deshalb sagt Ziemek: "Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der Mensch bei der Verbreitung von Bsal, auch jetzt in Hessen, eine entscheidende Rolle spielt."

Das hessische Feuersalamander-Projekt appelliert daher an alle, die regelmäßig im Wald arbeiten oder wandern gehen: Nur, wenn Geräte, Schuhe und Kleidung regelmäßig desinfiziert, gewaschen und getrocknet werden, könne die Verbreitung von Bsal eingedämmt werden. 
 
Gestoppt werden kann der Pilz aber nicht. "Umso mehr ist es wichtig, da jetzt auch an einem Leuchtturm-Projekt wie in Dillenburg dranzubleiben", sagt Ziemek. Er hofft, dass andere Schulen und Institutionen dem Beispiel folgen und ebenfalls eine Arche für die bedrohte Tierart schaffen. 

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Weitere Feuersalamander-Projekte

Auch der Opelzoo in Kronberg (Hochtaunus) setzt sich für den Schutz der bedrohten Tiere ein. Aktuell leben dort 27 Feuersalamander. Ein Teil von ihnen hat Verwandte in Dillenburg und kommt aus einer Privathaltung im Kreis Gießen. Aber auch Lurche, die im Zoo Schwerin zur Welt gekommen sind, leben im Taunus. 

Der Opelzoo beteiligt sich seit einigen Jahren schon am Citizen Conservation-Projekt für den Feuersalamander. Laut einem Sprecher wird hier eine Erhaltungszucht aufgebaut, um "möglichst viel von der ursprünglichen Vielfalt der mitteleuropäischen Feuersalamander zu erhalten". 

So ein Projekt will der Frankfurter Zoo in diesem Jahr auch noch starten und führt deshalb aktuell Gespräche mit den Behörden und der Organisation "Frogs and Friends". Der Nationalpark Kellerwald-Edersee setzt auf Information: Er bittet die Besucherinnen und Besucher auf den Wegen zu bleiben. Denn auch so könne die Ausbreitung des "Salamander-Fressers" eingedämmt werden. 
 

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Redaktion: Susanne Mayer

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